Der Westen muss sich auf einen "langen Krieg" in der Ukraine vorbereiten, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Sonntag. Obwohl er behauptete, einen "schnellen Frieden" in der Ukraine anzustreben, betonte Stoltenberg, er unterstütze nach wie vor das Ziel des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, einen militärischen Sieg über Russland zu erringen.
"Die meisten Kriege dauern länger als am Anfang erwartet", sagte Stoltenberg in einem Interview mit der Funke Mediengruppe. Er sagte weiter:
"Deshalb müssen wir uns auf einen langen Krieg in der Ukraine vorbereiten."
Laut Medienberichten der letzten zwei Monate haben westliche Beamte und Militärplaner eingeräumt, dass die laufende Gegenoffensive der Ukraine gegen die russischen Streitkräfte wahrscheinlich keinen Erfolg haben wird, sodass die Frontlinien bei Wintereinbruch weitgehend unverändert bleiben.
Nach Angaben des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat die Ukraine seit Beginn der Gegenoffensive im Juni über 71.000 Mann verloren. Trotz dieser hohen Zermürbungsrate – einige Einheiten haben nach ukrainischen Angaben 90 Prozent ihrer Truppenstärke verloren – betonte Stoltenberg, dass die NATO weiterhin auf eine militärische und nicht auf eine diplomatische Lösung drängen werde. Laut Stoltenberg:
"Wir alle wünschen uns einen schnellen Frieden. Aber gleichzeitig müssen wir erkennen: Wenn Präsident Selenskij und die Ukrainer aufhören zu kämpfen, wird ihr Land nicht mehr existieren. Wenn Präsident Putin und Russland ihre Waffen niederlegen, werden wir Frieden haben."
Nachdem er im April letzten Jahres ein von der Türkei vermitteltes Friedensabkommen aufgekündigt hatte, erließ Selenskij ein Dekret, das jegliche Verhandlungen mit Russland verbot. Darüber hinaus hat er wiederholt geschworen, die ehemaligen ukrainischen Regionen Donezk, Lugansk, Cherson und Saporoschje sowie die Krim zurückzuerobern, die sich 2014 mit überwältigender Mehrheit für den Anschluss an die Russische Föderation entschieden hat.
Selenskij Haltung wird von Washington unterstützt, wo Beamte wiederholt darauf bestanden haben, dass nur der ukrainische Präsident entscheiden kann, wann er den Frieden sucht. Gleichzeitig hat US-Außenminister Antony Blinken Putin für seine angebliche Ablehnung einer "sinnvollen Diplomatie" verurteilt.
Russland behauptet, es sei offen für eine diplomatische Lösung des Konflikts, aber jedes Friedensabkommen müsse die "neue territoriale Realität" berücksichtigen – dass Donezk, Lugansk, Cherson, Saporoschje und die Krim niemals an die Ukraine zurückgegeben werden. Darüber hinaus hat der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärt, dass die Verhandlungen "nicht mit Selenskij, der eine Marionette in den Händen des Westens ist, sondern direkt mit seinen Herren" geführt würden.
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