Das ukrainische Außenministerium hat am Donnerstag die Entscheidung der Berliner Staatsoper verurteilt, die international bekannte russische Sopranistin Anna Netrebko wieder einzuladen.
Das Außenministerium erklärte in einem Facebook-Post:
"Die Stimme der Ukraine sollte in Deutschland lauter zu hören sein als die Sopranistin Anna Netrebko."
Das Ministerium gab in dem Post auch zu, dass Kiew Anstrengungen unternommen habe, um die russische Sängerin von einem Auftritt in Berlin abzuhalten, aber ihre Bemühungen seien "nicht auf die richtige Reaktion gestoßen".
Netrebko soll am Freitag an der Premiere von "Macbeth" teilnehmen. Die Ukraine beabsichtigt, gegen ihren Auftritt zu protestieren, indem sie ihren Botschafter Aleksey Makeev in Begleitung des Berliner Kultursenators Joe Chialo zu einer Ausstellung an der Humboldt-Universität schickt, die "russische Kriegsverbrechen dokumentieren soll". Makeev hat außerdem in mehreren deutschen Zeitungen einen Gastbeitrag veröffentlicht, in dem er Netrebko kritisiert.
Die Staatsoper Unter den Linden, wie die Berliner Oper offiziell heißt, kündigte Ende August an, dass sie die Zusammenarbeit mit Netrebko wieder aufnehmen wolle, wobei sie darauf hinwies, dass sie in letzter Zeit nicht in Russland aufgetreten sei.
Netrebko gehörte zu den russischen Künstlern, die nach der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 im Westen "gecancelt" wurden. Die Metropolitan Opera in New York City ließ sie fallen, nachdem sie sich geweigert hatte, ihre öffentliche Unterstützung für den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu verleugnen.
Im März 2023 gewann sie jedoch eine Klage in Höhe von 200.000 US-Dollar (rund 187.517 Euro) gegen die Metropolitan Opera, hat diese aber seitdem auf weitere 360.000 US-Dollar (rund 337.532 Euro) Schadensersatz verklagt.
Die Ukraine hat Netrebko schon früher ins Visier genommen. Im Jahr 2014 hatte die Sängerin eine Million Rubel (damals etwa 16.876 Euro) für den Wiederaufbau des Opernhauses in Donezk gespendet.
Die in Krasnodar geborene Netrebko begann ihre Karriere 1994 und gab ihr internationales Debüt im darauffolgenden Jahr. Seitdem ist sie für ihre Rollen als Natascha Rostowa in "Krieg und Frieden", Pamina in "Die Zauberflöte", Rosina in "Der Barbier von Sevilla" und Lucia di Lammermoor in Donzinettis gleichnamiger Oper bekannt geworden. Russland ehrte sie 2008 mit dem Titel "Künstlerin des Volkes".
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