Die Philippinen sind die jüngsten Nachbarn Chinas, die Einwände gegen die neue nationale Landkarte erhoben haben. Sie schlossen sich Malaysia und Indien an, die Peking in scharfen Erklärungen vorwarfen, Anspruch auf ihr Gebiet zu erheben. China hat am Montag eine neue Version seiner nationalen Landkarte veröffentlicht, wie es das seit mindestens 2006 regelmäßig tut, um zu korrigieren, was Peking in der Vergangenheit als "problematische Karten" bezeichnet hat, die seiner Ansicht nach seine territorialen Grenzen falsch darstellen.
Chinas Karte schreibt die auch von Indien beanspruchten Gebiete Arunachal Pradesh und Aksai Chin ebenso dem chinesischen Territorium zu wie die abtrünnige Provinz Taiwan und fast das gesamte Südchinesische Meer, in dem sich die chinesischen Ansprüche mit denen mehrerer südostasiatischer Staaten überschneiden. Aber auch den russischen Teil der Halbinsel Bolschoi Ussurijski beansprucht China für sich.
Indien war das erste Land, das sich am Dienstag darüber beschwerte, dass der indische Bundesstaat Arunachal Pradesh und das umstrittene Aksai-Chin-Plateau in das chinesische Hoheitsgebiet aufgenommen wurden. Zugleich zirkuliert in den Medien die Meldung, dass Chinas Staats- und Parteichef wohl nicht am G-20-Gipfel, der Ende kommender Woche in Neu-Delhi beginnt, teilnehmen werde. Stattdessen soll Ministerpräsident Li Qiang anreisen. Es wäre im Grunde ein Affront gegen Gastgeber Modi, den Ministerpräsidenten Indiens. Eine Begründung für Xis mögliche Absage wurde zunächst nicht genannt, auch aus Peking gab es diesbezüglich keine Äußerungen. Laut Beobachter spielt sich alles vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen ab.
Seit seiner Machtübernahme im Jahr 2012 ist Staatsoberhaupt Xi Jinping bestrebt, China in eine globale Supermacht zu verwandeln, indem er eine aktive Außenpolitik vorantreibt und in mehreren wichtigen Krisenherden in Asien riskante Schritte unternimmt. Der Streit um die Landkarte ereignete sich wenige Tage nach einem seltenen persönlichen Treffen zwischen dem indischen Premierminister Modi und Xi in Südafrika im Rahmen des BRICS-Gipfels. Dort verständigten sie sich darauf, die "Bemühungen" um eine Deeskalation der Spannungen an der umstrittenen Grenze zu verstärken – eine Einigung, die als ein Schritt zur Verbesserung der angespannten Beziehungen angesehen wurde.
Während sich die Spannungen zwischen Peking und Neu-Delhi zuspitzen, haben Politiker der größten indischen Oppositionspartei Nationalkongress Modi dafür kritisiert, die Grenzfrage herunterzuspielen. Modi hat es weitgehend vermieden, sich öffentlich zur Grenzfrage zu äußern. Der Zeitpunkt der Kartenveröffentlichung so kurz vor dem G-20-Treffen ebenso wie die im Vergleich zu früheren Jahren deutlich heftigeren Proteste darauf sorgten für Spekulationen, inwiefern das neue Zerwürfnis zwischen China und Indien Einfluss auf den Gipfel der G-20 haben werden.
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