Von Pepe Escobar
Am Ende wurde Geschichte geschrieben. Die BRICS-Staaten haben selbst die größten Erwartungen übertroffen und mit der Erweiterung der Gruppe auf BRICS 11 einen großen Schritt in Richtung Multipolarität getan. Ab dem 1. Januar 2024 werden sich den fünf ursprünglichen BRICS-Mitgliedern Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) anschließen.
Nein, das Staatenbündnis wird sich nicht in ein unaussprechliches "BRIICSSEEUA" verwandeln. Der russische Außenminister Sergei Lawrow bestätigte: das Lied bleibt dasselbe – mit dem vertrauten BRICS-Akronym für die multilaterale Organisation des Globalen Südens, der Globalen Mehrheit oder der neuen "Globalen Welt", welche die Konturen des künftigen Systems der internationalen Beziehungen gestalten wird.
Hier kommt die Johannesburg-II-Erklärung des 15. BRICS-Gipfeltreffens. BRICS 11 ist erst der Anfang. Die Warteschlange derer, die sich anschließen wollen, ist lang. Ohne auf die Dutzenden von Ländern einzugehen, die nach Angaben der Südafrikaner bereits "ihr Interesse bekundet" haben, umfasst die offizielle Liste der Kandidaten Algerien, Bangladesch, Bahrain, Bolivien, Venezuela, Vietnam, Guinea, Griechenland, Honduras, Indonesien, Kuba, Kuwait, Marokko, Mexiko, Nigeria, Tadschikistan, Thailand, Tunesien, Syrien, Türkei und Weißrussland.
Bis zum nächsten Jahr werden die meisten von ihnen entweder Partner von BRICS 11 oder als Teil der zweiten und dritten Beitrittswelle vollwertige Mitglieder sein. Die Südafrikaner haben betont, dass BRICS "nicht auf eine einzige Expansionsphase beschränkt sein wird".
Die russisch-chinesische Führung in der Praxis
Der Weg zu BRICS 11 während der zweitägigen Diskussionen in Johannesburg war hart und holprig, wie der russische Präsident Wladimir Putin eingestand. Das Endergebnis entpuppte sich dennoch als ein Wunderwerk der transkontinentalen Integration. Der Nahe und Mittlere Osten wurden kraftvoll integriert. Die arabische Welt hat bald drei Vollmitglieder, ebenso Afrika. Und Brasilien hat strategisch darauf hingewirkt, das in Schwierigkeiten geratene Nachbarland Argentinien einzubeziehen.
Die Anteil der BRICS 11 am globalen BIP beträgt, nach Kaufkraftparität (KKP) gerechnet, 36 Prozent und ist damit bereits jetzt größer als der Anteil der G7. Das neue Staatenbündnis vereint 47 Prozent der Weltbevölkerung.
Mehr noch als ein Durchbruch in geopolitischer und geoökonomischer Hinsicht ist der Zusammenschluss der BRICS 11 ein echter Paukenschlag an der Energiefront. Durch den Beitritt von Teheran, Riad und Abu Dhabi werden die BRICS 11 sofort zu einer Öl- und Gas-Großmacht, die laut InfoTEK 39 Prozent der weltweiten Ölexporte, 45,9 Prozent der nachgewiesenen Reserven und 47,6 Prozent des gesamten weltweit geförderten Öls kontrolliert. Eine Symbiose zwischen BRICS 11 und OPEC+ ist da unvermeidlich (unter der Führung Russlands und Saudi-Arabiens), ganz zu schweigen von der OPEC selbst.
Übersetzt heißt das: Der kollektive Westen könnte bald seine Kontrolle über die Ölpreise verlieren – und damit auch die Mittel, seine einseitigen Sanktionen durchzusetzen.
Saudi-Arabien, das sich mit Russland, China, Indien und Iran verbündet, bietet einen verblüffenden Kontrapunkt zu der von den USA herbeigeführten Ölkrise in den frühen 1970er Jahren, als Riad begann, in Petrodollars förmlich zu schwimmen. Dies ist die nächste Stufe der von Russland initiierten und von China vollzogenen Annäherung zwischen Riad und Teheran, die kürzlich in Peking besiegelt wurde.
Und das ist genau das, was die strategischen Führungen Russlands und Chinas immer im Sinn hatten. Die diplomatische Meisterleistung ist voll von bedeutsamen Details: BRICS 11 wird genau an dem Tag ins Leben gerufen, an dem Russland die turnusmäßige Präsidentschaft der BRICS übernehmen wird - am 1. Januar 2024.
Im kommenden Jahr wird das Gipfeltreffen der BRICS 11 in Kasan, der Hauptstadt von Russlands Teilrepublik Tatarstan, stattfinden. Ein weiterer Schlag gegen die irrationale Isolations- und Sanktionspolitik des Westens. Erwarten Sie also im kommenden Januar mehr Integration des Globalen Südens, der Globalen Mehrheit und der Globalen Welt, einschließlich noch radikalerer Entscheidungen, die von der mit Sanktionen belegten russischen Wirtschaft getroffen werden – die übrigens mit einem KKP-Wert von über 5 Billionen US-Dollar inzwischen die fünftgrößte der Welt ist.
G7 im Koma
Die G7 liegt jetzt praktisch auf der Intensivstation. Die G20 könnte ihr bald dorthin folgen. Die neue "Globale Welt" könnten die BRICS 11 sein – und später die BRICS 20 oder sogar BRICS 40. Bis dahin wird auch der Petrodollar nur noch auf der Intensivstation am Leben erhalten.
Der Höhepunkt des BRICS-11-Gipfeltreffens wäre ohne die herausragende Leistung der "Spielmacher" nicht zustande gekommen: Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping, unterstützt von ihren jeweiligen Teams. Die strategische Partnerschaft zwischen Russland und China stand in Johannesburg im Vordergrund und gab die wichtigsten Leitlinien vor. Wir müssen mutig sein und expandieren; wir müssen auf eine Reform des derzeitigen institutionellen Rahmens drängen – vom UN-Sicherheitsrat über den IWF bis hin zur WHO; und wir müssen uns von jenen Institutionen befreien, die der künstlichen "regelbasierten internationalen Ordnung" unterworfen sind.
Kein Wunder, dass Xi diesen Moment als "historisch" bezeichnete. Putin ging sogar so weit, alle BRICS 11 öffentlich aufzufordern, den US-Dollar aufzugeben und die Handelsverrechnungen in nationalen Währungen auszuweiten – und er betonte, dass die BRICS "Hegemonien jeglicher Art" und "den Ausnahmestatus, den einige Länder anstreben", ablehnen – ganz zu schweigen von "einer Politik des fortgesetzten Neokolonialismus".
Auch wenn die chinesische Neue Seidenstraßen-Initiative im nächsten Monat ihr zehnjähriges Bestehen feiert, betonte Putin die Notwendigkeit, diese Initiative weiterzuführen:
"... eine ständige BRICS-Verkehrskommission einrichten, die sich nicht nur mit dem Nord-Süd-Projekt [gemeint ist der Internationale Nord-Süd-Transportkorridor INSTC], dessen wichtigste BRICS-Mitglieder Russland, Iran und Indien sind] befassen würde, sondern auch in einem breiteren Rahmen mit der Entwicklung von Logistik- und Transportkorridoren, sowohl interregional als auch global."
Passen Sie auf: Russland und China sind bei den Verbindungskorridoren auf einer Wellenlänge, und sie bereiten sich darauf vor, ihre kontinentalen Verkehrsprojekte weiter zu verknüpfen.
An der Finanzfront wurden die Zentralbanken der derzeitigen BRICS-Staaten angewiesen, den Handel in Landeswährungen ernsthaft zu prüfen und auszubauen.
Putin äußerte sich sehr realistisch zur Abkehr vom US-Dollar:
"Die Frage der einheitlichen Abrechnungswährung ist ein komplexes Thema, aber wir werden diese Probleme auf die eine oder andere Weise lösen."
Damit ergänzte er die Ausführungen des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, wonach die BRICS-Staaten eine Arbeitsgruppe eingesetzt haben, um die Durchführbarkeit einer Referenzwährung zu prüfen.
Parallel dazu hat die Neue Entwicklungsbank (NDB) der BRICS drei neue Mitglieder aufgenommen: Bangladesch, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Doch ihr Weg zur Prominenz wird von nun an noch steiler sein.
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa lobte öffentlich den Bericht von NDB-Präsidentin Dilma Rousseff über die neun Jahre alte Institution, doch Dilma selbst betonte erneut, dass die Bank nur 30 Prozent der gesamten Kredite in Währungen vergeben will, die den US-Dollar umgehen.
Das ist kaum genug. Und warum? Die Antwort auf diese Frage muss Sergei Glasjew geben, der Minister für Makroökonomie bei der Eurasischen Wirtschaftskommission, die im Rahmen der von Russland geführten EAWU arbeitet:
"Es ist notwendig, die Statuten dieser Bank zu ändern. Als sie gegründet wurde, habe ich versucht, unseren Finanzbehörden zu erklären, dass das Kapital der Bank auf die nationalen Währungen der Gründungsländer verteilt werden sollte. Aber die amerikanischen Vertreter glaubten wie verrückt an den US-Dollar. Das Ergebnis ist, dass diese Bank heute Angst vor Sanktionen hat und halb gelähmt ist."
Keine Berge können einen mächtigen Fluss aufhalten
Ja, die vor uns liegenden Herausforderungen sind immens. Aber der Wille zum Erfolg ist ansteckend, was vielleicht am besten durch die bemerkenswerte Rede von Xi bei der Abschlusszeremonie des BRICS-Wirtschaftsforums verkörpert wird, die vom chinesischen Handelsminister Wang Wentao verlesen wurde.
Es ist, als ob Xi eine Mandarin-Version des amerikanischen Pop-Klassikers "Ain't No Mountain High Enough" von 1967 zitiert hätte. Er zitierte ein chinesisches Sprichwort: "Keine Berge können den reißenden Strom eines mächtigen Flusses aufhalten." Und er erinnerte sein Publikum daran, dass der Kampf sowohl edel als auch notwendig sei:
"Ungeachtet der Widerstände, die es geben mag, werden die BRICS, eine positive und stabile Kraft für das Gute, weiter wachsen. Wir werden eine stärkere strategische Partnerschaft der BRICS schmieden, das 'BRICS-Plus'-Modell ausbauen, die Erweiterung der Mitgliedschaft aktiv vorantreiben, die Solidarität und Zusammenarbeit mit anderen Schwellenländern vertiefen, die globale Multipolarität und mehr Demokratie in den internationalen Beziehungen fördern und dazu beitragen, die internationale Ordnung gerechter und fairer zu gestalten."
Fügen Sie dieses Bekenntnis zur Menschlichkeit zu dem Bild hinzu, das die "Globale Welt" von Russland hat. Obwohl die Kaufkraftparität der russischen Wirtschaft inzwischen höher ist als die der imperialen europäischen Vasallen, wird Russland vom Globalen Süden als "die Unsrigen" wahrgenommen. Die Ereignisse in Südafrika haben dies deutlich gemacht, und Russlands Übernahme des BRICS-Vorsitzes in vier Monaten wird dies noch einmal verdeutlichen.
Es ist kein Wunder, dass der kollektive Westen nun benommen und verwirrt zittert, da er spürt, dass sich die Erde – zumindest 85 Prozent davon – unter seinen Füßen wegdreht.
Übersetzt aus dem Englischen
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