Der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff hat als Botschafter in Russland die Nachfolge von Géza Andreas von Geyr angetreten. Am Mittwoch übergab er im russischen Außenministerium in Moskau eine Kopie seines Beglaubigungsschreibens. Während des Treffens legte die diplomatische Behörde dem neuen Botschafter ihre Sicht auf das russisch-deutsche Verhältnis dar. Die entsprechende Mitteilung wurde auf der Webseite des Ministeriums veröffentlicht.
Russlands Außenministerium machte nach eigenen Angaben Lambsdorff auf den "konfrontativen und unfreundlichen Charakter" von Deutschlands Handlungen in verschiedenen Bereichen der bilateralen Beziehungen aufmerksam und sprach von einer "antirussischen Politik" der Regierung in Berlin. Diese richte sich auf den "totalen Abbruch" der gegenseitig vorteilhaften Kooperation, die sich Jahrzehnte lang herausgebildet habe, hieß es.
Die Behörde warf Deutschland zudem vor, Handels- und wirtschaftliche Verbindungen zu zerreißen sowie direkte Kontakte zwischen den Bürgern aus beiden Ländern und die normale Arbeit der russischen Vertretungen in Deutschland zu behindern. Als Beispiel des antirussischen Kurses der deutschen Behörden wurden einzelne Fälle angeführt, unter anderem, dass Pkws mit russischen Kennzeichen wegen Verletzung der westlichen Sanktionen beschlagnahmt worden waren.
Die russischen Diplomaten kritisierten die Regierung in Berlin auch für die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Diese "rücksichtslose" Unterstützung wurde als "gefährlich" bezeichnet.
"Künftig wird die russische Seite ihre Beziehungen zur BRD ausschließlich auf der Grundlage ihrer nationalen Interessen und je nach Deutschlands Bereitschaft, diese zu berücksichtigen, aufbauen."
Die Regierung in Berlin wurde aufgerufen, auf die "unbesonnene Russophobie" zu verzichten, die "auf Staatsebene" eingepflanzt werde.
Nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 hatte Deutschland seine Beziehungen zu Russland stark eingeschränkt, den Import von Gas gestoppt und neben anderen westlichen Ländern Sanktionen eingeführt. Moskau und Berlin wiesen gegenseitig viele Diplomaten aus.
In einem am 16. August ausgestrahlten ZDF-Interview bezeichnete Lambsdorff die politische Lage als enorm schwierig. Die Ansichten über die Ukraine "könnten gar nicht unterschiedlicher sein", sagte der 56-Jährige. Er hoffe, dass trotzdem ein professioneller Kontakt zur russischen Regierung möglich sei. Als Hauptaufgabe sehe er, "der Bundesregierung eine profunde Analyse der russischen Politik zur Verfügung zu stellen". Eigentlich hatte Lambsdorff auf den Botschafterposten in den USA gehofft.
Sein Vorgänger von Geyr hatte Moskau Ende Juli verlassen. Er bekleidete sein Amt vier Jahre lang. In einem Kommentar sagte er, dass die Jahre seine Arbeit in Russland "ganz außergewöhnlich" und "ganz gewiss nie langweilig" gewesen seien. Er habe in Moskau eine wahrlich historische Zeit miterlebt.
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