Ukraine ordnet Evakuierung einer strategisch wichtigen Stadt im Gebiet Charkow an

Die ukrainischen Behörden haben die Bewohner eines Bezirks an der Grenze zu den russischen Volksrepubliken Donezk und Lugansk zur Evakuierung verpflichtet. Die Anordnung erfolgte, nachdem das Verteidigungsministerium in Moskau mitgeteilt hatte, dass seine Truppen in dem Gebiet vorankommen.

Der Leiter der Bezirksmilitärverwaltung Andrei Konaschewitsch hat eine obligatorische Evakuierung in 37 Orten des Bezirks Kupjansk im Gebiet Charkow angekündigt, meldet die russische Nachrichtenagentur TASS. Wie das Informationsportal erläutert, war bereits zuvor eine Evakuierung in diesen Siedlungen durchgeführt worden, diese war aber nicht obligatorisch gewesen. Auch die derzeitige Evakuierung können die Bewohner ablehnen. Das Medium zitiert den Leiter der Militärverwaltung der Stadt Kupjansk Andrei Besedin mit den Worten:

"Es handelt sich nicht um eine Zwangsevakuierung, sondern um eine obligatorische Evakuierung. Die Menschen können sie offiziell ablehnen. Wenn es sich bereits um eine Zwangsevakuierung handeln würde, gäbe es keinen Verweigerungsmechanismus." Er bezeichnete die Situation nahe der Front als "sehr gefährlich". Nach vorläufigen Schätzungen könnte die Maßnahme mehr als 11.000 Menschen betreffen, darunter 600 Kinder.

Seit Anfang August meldet das russische Verteidigungsministerium militärische Erfolge in Richtung Kupjansk im Gebiet Charkow. So hatten am 3. August Angriffskommandos der russischen Truppengruppe Sapad günstigere Stellungen in der Nähe der Siedlungen Olschana und Perschotrawnewoje im Gebiet Charkow eingenommen. Einige Tage später wurden sieben befestigte Positionen der ukrainischen Armee und neun Beobachtungsposten in der Region erobert.

Die Situation in dieser Richtung wird für die ukrainischen Streitkräfte immer komplizierter. So haben sich die Einheiten der russischen Armee während der Offensive dem Dorf Sinkowka genähert, einer der letzten Siedlungen vor Kupjansk. Damit ist die Stadt nur sieben Kilometer von Positionen der russischen Streitkräfte entfernt und befindet sich in Reichweite der russischen Artillerie. Sinkowka und Kupjansk werden aufgrund ihrer geografischen Lage oft mit Artjomowsk verglichen.

Beide Orte liegen in einer Senke und sind von Hügeln umgeben, was ihre Verteidigung erschwert und einen Artillerieangriff vereinfacht. Höchstwahrscheinlich wird die ukrainische Militärführung auf strategische Reserven zurückgreifen müssen, um eine wirksame Verteidigung entlang der Grenzen des Bezirks Kupjansk aufzubauen.

Kupjansk kam in den ersten Tagen der russischen Militäroperation in Februar 2022 unter russische Kontrolle. Ende September hat die Ukraine Kupjansk und mehrere weitere Städte im Gebiet Charkow zurückerobert. Wie sich später herausstellte, war der Grund dafür Personalmangel in der russischen Armee, die große Gebiete mit der anfänglichen Mannstärke nicht halten konnte. Infolgedessen wurde Kupjansk fast kampflos an die Ukraine zurückgelassen. Zivilisten, die mit Russland kooperiert hatten, wurden von der ukrainischen Seite harte Strafen wegen "Kollaboration mit dem Feind" angedroht. Russische Seite vermutet, dass viele zum Opfer der Willkür und Rache-Justiz geworden sind.

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