Trotz monatelanger, beharrlicher Bitten aus Kiew und Drucks von US-Abgeordneten bleibt US-Präsident Joe Biden "fest [...] bei seiner Weigerung", die Ukraine mit dem taktischen Raketensystem der Armee (ATACMS) auszurüsten, berichtete die Washington Post am Samstag unter Berufung auf anonyme Mitarbeiter in Verteidigung und Verwaltung.
Mehrere Beamte, die "mit dem Thema vertraut sind", schreibt das Blatt, hätten die sich verstärkende Wahrnehmung zurückgewiesen, es gebe eine "langsame, der Schwerkraft ähnliche Anziehung" in Richtung auf eine Zustimmung zu weiterreichender Munition, und sagten, es erfolge weder ein Wechsel in der Politik der USA, noch habe in den vergangenen Monaten eine ernsthafte Diskussion darüber stattgefunden.
Die ukrainischen Behörden haben seit Monaten eine größere Gegenoffensive geplant und sagten zuvor, sie würde zur Wiedereinnahme aller Gebiete führen, die an Russland verloren gingen, einschließlich der Krim. Anfang Juni begann die Operation endlich, sie ist aber bisher daran gescheitert, bedeutend Boden gutzumachen, obwohl die ukrainische Seite schwere Verluste an Mannschaften und Material erlitt.
Selenskij erklärte Anfang dieses Monats, Kiew habe gehofft, seine Gegenoffensive weit früher zu beginnen, sei daran aber durch das Fehlen aus dem Westen gelieferter Waffen gehindert worden. Er beschwerte sich außerdem, dass die russische Überlegenheit bei Mittelstreckenwaffen die Gegenoffensive deutlich erschwere.
"Zu diesem Zeitpunkt ist das sehr klar und verständlich. Wir brauchen Entscheidungen zu ATACMS und warten darauf", sagte Andrei Jermak, der Leiter des Stabs von Selenskij, am Donnerstag auf dem Sicherheitsforum in Aspen.
ATACMS-Raketen können Ziele bis zu einer Entfernung von 300 Kilometern treffen. Angehörige der Biden-Regierung haben wiederholt gesagt, die USA würden keine Mittelstreckenraketen in die Ukraine schicken, denn es könne einen umfassenderen Konflikt provozieren, würden diese Raketen zu einem Angriff auf Ziele in Russland gebraucht. Großbritannien hat Kiew jedoch mit einer unbekannten Anzahl seiner Storm Shadow-Mittelstreckenraketen ausgestattet ‒ eine Entscheidung, die anscheinend von Washington gebilligt wurde.
Die Vorräte an ATACMS, die das Pentagon besitzt, seien zudem, so die Zeitung, sehr begrenzt. Lockheed Martin habe demnach nur etwa 4.000 ATACMS hergestellt, seit die Produktion in den 1980ern begann, wovon mindestens 900 an Verbündete verkauft und weit mehr im Zweiten Golfkrieg von 1991 und der Invasion im Irak 2003 von der US-Armee eingesetzt wurden.
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