Der ehemals leitende US-Sportarzt Larry Nassar, langjähriger Arzt des Turnverbandes USA Gymnastics, war im Jahr 2018 für schuldig befunden worden, über Jahre mehr als 300 Mädchen und Frauen missbraucht zu haben – darunter auch spätere Olympiateilnehmerinnen. Nassar war zu 175 Jahren Gefängnis, also lebenslanger Haft in einem Bundesgefängnis verurteilt worden. Veröffentlichte Informationen aus einem größeren Konvolut von Papieren zum Tode von Jeffrey Epstein – im Rahmen des Gesetzes über die Informationsfreiheit – belegten Anfang Juni den Versuch einer schriftlichen Kontaktaufnahme Epsteins mit Nassar. Nassar wurde nun durch mehrere Messerstiche im Gefängnis in Florida verletzt.
Der Angriff ereignete sich demnach am Sonntag im Hochsicherheitsgefängnis "United States Penitentiary Coleman". Nassar sei bei der Messerattacke mehrmals "in den Rücken und in die Brust gestochen worden", so US-Medien. Der Sender ABC berichtete von einem nächtlichen Angriff auf Nassar. Der Attackierte überlebte und soll sich in stabilem Gesundheitszustand befinden. Wie auch im weiterhin ungeklärten Fall des Todes des Sexualstraftäters Epstein kämpft das Gefängnis, in dem Nassar einsitzt, mit akutem Personalmangel und daraus resultierenden Missständen bei der Betreuung der Insassen.
Am 2. Juni titelte das US-Magazin Rolling Stone:
"Jeffrey Epstein schrieb seinem pädophilen Kollegen Larry Nassar vor dessen Tod einen Brief."
Der US-Sender CNN informierte in seinem diesbezüglichen Artikel, dass freigegebene "Gefängnisdokumente enthüllen, dass Jeffrey Epstein versucht hat, den wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Turntrainer Larry Nassar zu kontaktieren". Der Hinweis auf den Versuch fand sich in dem mehr als 4.000 Seiten umfassenden Konvolut, der seitens der Nachrichten- und Presseagentur Associated Press (AP) erstritten wurde. Die Dokumente liefern "einen der umfassendsten Einblicke in Epsteins 36 Tage im Gefängnis nach seiner Verhaftung wegen Sexhandels und vor seinem Tod durch Selbstmord am 10. August 2019", so der Rolling-Stone-Artikel zusammenfassend.
Die genaue Ursache von Epsteins Tod beschäftigt dabei in kontroversen Diskussionen seit Jahren die weltweite Gesellschaft, auch aufgrund der nachweislich engen Verbindungen Epsteins und seiner Lebensgefährtin und Mittäterin Ghislaine Maxwell bis in die höchsten "Celebrity-Kreise" der internationalen Politik und Kultur. Maxwell wurde im Jahr 2022 zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
Laut Mediendarstellungen entdeckte den Unterlagen zufolge ein US-Ermittler den Brief von Epstein an Nassar "in der Poststelle des Gefängnisses, Wochen nachdem Epstein tot aufgefunden worden war". Weiter heißt es zu der jüngsten Entdeckung:
"Die Kopie des E-Mail-Austauschs, die CNN vorliegt, ist geschwärzt und nennt Nassar nicht beim Namen. Aber in seiner Antwort beschrieb ein MCC-Anwalt den ursprünglichen Adressaten von Epsteins Brief als 'den ehemaligen Arzt des US-Frauen-Turnteams, der verurteilt wurde, weil er eine Reihe von Mädchen belästigt hat ... unter dem Vorwand medizinischer Verfahren/Untersuchungen'. Der Anwalt fügte hinzu, 'einige der Opferberichte sind ziemlich schrecklich'."
Es ist daher weiterhin ungeklärt, warum Epstein die Mail aufsetzte und ob die beiden Männer eine private Beziehung zueinander hatten. Details des Schreibens sind nicht bekannt. Hinsichtlich der Epstein-Unterlagen heißt es bei AP:
"Sie enthalten eine detaillierte psychologische Rekonstruktion der Ereignisse, die zu Epsteins Selbstmord führten, sowie seine Krankengeschichte, interne Behördenberichte, E-Mails, Memos und andere Aufzeichnungen."
Bezüglich der Messerattacke gegen Nassar meldeten sich ehemalige Opfer des Arztes zu Wort. In einer per E-Mail versandten Erklärung heißt es:
"Ich möchte, dass er die harte Gefängnisstrafe antreten muss, die er aufgrund der Stimmen der Überlebenden erhalten hat. Ich unterstütze absolut keine Gewalt, denn sie ist moralisch falsch und der Tod wäre ein leichter Ausweg für Nassar."
Jedoch zwinge die Tat sie "und andere dazu, ihren Missbrauch und ihr Trauma 'durch Nassar und die Institutionen, einschließlich der Strafverfolgungsbehörden, die ihn schützten und ihm erlaubten, sich an Kindern zu vergreifen', erneut zu erleben". In dem Prozess in den Jahren 2017 und 2018 waren mehr als 150 Mädchen und Frauen angehört worden, darunter auch mehrere Olympiasiegerinnen wie die US-amerikanische Starturnerin Simone Biles Owens.
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