Von Timur Fomenko
Obwohl die Vereinigten Staaten und China nun wieder miteinander in den Dialog getreten sind, hat sich in der Praxis nur wenig am strategischen Bild der Beziehungen zwischen den beiden Ländern geändert. Im Vorfeld des Besuchs von Finanzministerin Janet Yellen in Peking kündigte die chinesische Regierung eine Reihe von Exportkontrollen für strategisch bedeutsame Rohstoffe an, die in der Halbleiterproduktion Verwendung finden. Dies wird als Vergeltung gegen die zunehmenden Exportkontrollen der USA interpretiert, die auf die Eindämmung einer eigenständigen chinesischen Halbleiterindustrie abzielen.
Die zur Produktion von Halbleitern benötigten Rohstoffe Gallium und Germanium werden hauptsächlich von China exportiert, das den Großteil der weltweiten Nachfrage bedienen kann. Neben Halbleitern werden die beiden Metalle auch in Produkten wie Solarzellen verwendet. Die USA selbst verfügen über keine inländische Produktion von Gallium und Germanium und sind somit auf Importe angewiesen. Dies bedeutet, dass Peking inmitten der Versuche Washingtons, die globalen Lieferketten in der Halbleiterproduktion gewaltsam neu zu schmieden und zu verlegen, einen entscheidenden strategischen Schwachpunkt der USA treffen konnte.
Im aufkommenden neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China geht es um Lieferketten, also um die Kontrolle über Schlüsselmaterialien und die Fähigkeit, daraus Güter zu produzieren. Seit dem Amtsantritt der Regierung von Donald Trump im Jahr 2017 haben die USA damit begonnen, die Globalisierung "einzudämmen", indem sie einer Außenpolitik des Wettbewerbs unter Großmächten den Vorzug gaben, in der Überzeugung, dass offene Märkte und globale Lieferketten jene Staaten stärken, die den USA und ihren Interessen feindselig gegenüberstehen. Daher sollten laut der herrschenden Meinung in Washington Lieferketten politisiert werden, um eine ausreichende US-amerikanische Kontrolle über sie zu rechtfertigen und die globale Dominanz der USA aufrechtzuerhalten.
Aus diesem Grund sprechen US-Regierungsvertreter offen von "resilienten Lieferketten". Was aber damit tatsächlich gemeint ist, ist der Versuch, China durch die Diversifizierung und Neuausrichtung der Produktion strategischer Güter aus diesen Lieferketten zu verdrängen, Chinas Produktionsmonopol zu brechen und gleichzeitig seinen Aufstieg in der Fähigkeit zur Produktion strategisch bedeutsamer Technologien zu verhindern. Zu diesem Zweck haben die USA eine Reihe chinesischer Technologieunternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt, den Export bestimmter Technologien nach China untersagt und außerdem – unter Einbeziehung verbündeter Staaten – versucht, den Export von Ausrüstung zur Herstellung von Halbleitern nach China einzudämmen.
Dazu übt Washington weltweit Druck auf Halbleiterhersteller aus, Produktionskapazitäten in den USA aufzubauen, begleitet vom Versprechen, diese staatlich zu subventionieren. Damit beabsichtigen die USA, die globalen Lieferketten für strategische Technologien um sich selbst herum "neu zu konzentrieren" und gleichzeitig China in die Schranken zu weisen. Wenn überhaupt, reagierte Peking bisher größtenteils sehr zurückhaltend auf diese Feindseligkeiten. Allerdings hat China in den vergangenen Monaten damit begonnen, den Druck auf die USA im Bereich der Halbleiterproduktion allmählich zu erhöhen. Trotz Washingtons Ambitionen, die Branche zu dominieren, besteht ein offensichtlicher Denkfehler bei dieser Strategie darin, dass die USA selbst keinen direkten Zugang zu den Rohstoffen haben, die zur Herstellung von Halbleitern benötigt werden. China hat diese Achillesferse erkannt und Exportkontrollen für den Handel mit diesen essenziellen Rohstoffen angekündigt – eine Maßnahme, die speziell auf die USA abzielt. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass diese Maßnahme auch gegen asiatische Länder angewendet wird, die ebenfalls auf diese Rohstoffe aus China angewiesen sind, damit ihre eigene Industrie weiterhin produzieren kann, wie beispielsweise Südkorea.
Welche tiefere Logik steckt hinter all dem? Nicht nur sollen die Ambitionen der USA in der Halbleiterproduktion unterdrückt werden, indem die Beschaffungskosten höhergeschraubt werden und die Produktion weniger effizient wird – man bedenke dabei, dass Russland der zweitgrößte Produzent von Gallium ist. Auch sollen die asiatischen Halbleiterindustrien gezwungen werden, weiterhin in die entsprechende chinesische Industrie zu investieren, indem man ihre Alternativen einschränkt. Dadurch behält China seinen Einfluss, kann die Lieferketten um sich selbst herum konzentrieren und die USA daran hindern, ihre Vision einer Halbleiterindustrie zu verwirklichen, aus der China vollständig verdrängt wurde, indem neue Lieferketten an China vorbei aufgezogen werden. Die Maßnahme der Exportkontrolle dient auch dazu, die USA daran zu hindern, mithilfe von Staaten wie Indien alternative Lieferketten für strategische Güter zu etablieren.
Wenn ein Land über strategische Güter oder Materialien verfügt, ist es nahezu unmöglich, es von den globalen Märkten zu isolieren, solange die Verfügbarkeit dieser Güter und Materialien von fundamentaler Bedeutung ist. Aus demselben Grund gelang es dem Westen nie, Russland auf ähnliche Weise von den globalen Energie- und Rohstoffmärkten auszuschließen. Sicher, die USA könnten gezwungen sein, das benötigte Gallium über Drittländer zu beziehen, aber das wird nur die Produktionskosten in die Höhe treiben und ist somit kontraproduktiv. Der Schaden, den die Strategie der "Anti-Globalisierung" anrichtet, und den die USA im Namen der Eindämmung sogenannter Rivalen sich selbst und der Weltwirtschaft zufügen, wird dadurch in seinem ganzen Ausmaß sichtbar.
Aus dem Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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