Die eurasischen Staatschefs haben eine Stärkung der Beziehungen innerhalb der SOZ gefordert

Während die globalen Turbulenzen anhalten, verabschiedeten die Staaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) die Erklärung von Neu-Delhi mit Schwerpunkt auf Multilateralismus und Terrorismusbekämpfung.

Von Joydeep Sen Gupta

Die Staats- und Regierungschefs der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), deren Gastgeber am vergangenen Dienstag Indien war, haben eine gemeinsame Erklärung zur Annahme der Erklärung von Neu-Delhi abgegeben. Die Erklärung spiegelt die konzertierten Bemühungen der Mitglieder wider, der Radikalisierung entgegenzuwirken und bei der digitalen Transformation zusammenzuarbeiten, während ein Konsens bei zehn Resolutionen zur Verstärkung der Zusammenarbeit in der eurasischen Region erzielt werden konnte.

Das Dokument betont, wie wichtig es ist, koordinierte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft aufzubauen, "um den Aktivitäten terroristischer, separatistischer und extremistischer Gruppen entgegenzuwirken", wobei besonderes Augenmerk darauf gelegt wird, "die Ausbreitung religiöser Intoleranz, aggressivem Nationalismus, ethnischer und rassischer Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit sowie Ideen des Faschismus und Chauvinismus zu verhindern."

Bei der Eröffnung des Gipfels äußerte der indische Premierminister Narendra Modi einen diskreten Seitenhieb in Richtung seines Nachbarn und Rivalen Pakistan, indem er den grenzüberschreitenden Terrorismus als "die größte Bedrohung für den regionalen und globalen Frieden" bezeichnete. Womit er indirekt andeutete, dass Pakistan ein sicherer Zufluchtsort für Terroristen sein könnte und forderte entschiedene Maßnahmen gegen den Terrorismus.

"Einige Länder nutzen den grenzüberschreitenden Terrorismus als Instrument ihrer Politik und bieten Terroristen Unterschlupf. Die SOZ sollte daher nicht zögern, solche Länder zu kritisieren. Es darf keine Doppelmoral in Bezug auf den Terrorismus geben", sagte Modi.

Der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif, der die Eröffnungsrede von Modi aufmerksam beobachtet hatte, stimmte den Aussagen seines indischen Amtskollegen weitgehend zu und bestätigte, dass Terrorismus in all seinen Formen und Erscheinungsformen "in klaren und eindeutigen Worten" verurteilt werden sollte. Er verzichtete auf eine Diskussion über staatlich geförderten Terrorismus und lenkte stattdessen die Aufmerksamkeit von Modis offensichtlicher Kritik ab.

"Das Monster der mehrköpfigen Hydra des Terrorismus und Extremismus – ob von Einzelpersonen, Gesellschaften oder Staaten begangen – muss mit voller Kraft und Überzeugung bekämpft werden. Jede Versuchung, Terrorismus als Knüppel für diplomatische Punktgewinne zu nutzen, muss unter allen Umständen vermieden werden", bekräftigte Sharif.

Der indische Ministerpräsident forderte die Staats- und Regierungschefs der SOZ außerdem auf, sich für das Wohlergehen des konfliktgeschüttelten Afghanistans einzusetzen und Kabul, nach der Machtübernahme der Taliban vor zwei Jahren, humanitäre Hilfe zu gewähren. "Afghanischer Boden darf nicht zur Destabilisierung seiner Nachbarschaft genutzt werden", fügte Modi hinzu und spielte möglicherweise wieder auf Pakistan an, das bekanntermaßen das Taliban-Regime unterstützt.

Der russische Präsident Wladimir Putin, der davon sprach, dass sein Land den Sanktionen und dem Druck von außen widerstehen kann, nannte die russisch-chinesische Handels- und Wirtschaftskooperation als Beispiel für den Kampf gegen die westliche Hegemonie. Laut Putin würden über 80 Prozent der Handelsabschlüsse zwischen beiden Nationen derzeit in Rubel und Yuan abgewickelt – ein weiterer Schritt in der Entdollarisierung im internationalen Handel. Er forderte die anderen SOZ-Mitglieder auf, diesem Beispiel zu folgen und fügte hinzu, dass der Handel Russlands mit den Mitgliedsstaaten der SOZ im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 263 Milliarden US-Dollar erreicht habe.

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi erneuerte seine Forderung nach einer Forcierung der Entdollarisierung, um die "intraregionalen Beziehungen“ zu fördern, und begrüßte die SOZ als Symbol einer "großen Familie von Zivilisationen". Am Dienstag wurde Iran als neuntes Mitglied in die Gruppe aufgenommen, während gleichzeitig ein Verfahren für den vollständigen Beitritt von Weißrussland zur SOZ eingeleitet wurde.

Der chinesische Präsident Xi Jinping betonte die Bedeutung von Einheit und der Kooperation auf Basis von gegenseitigem Vorteil, in einer Welt, die "voll von Chaos ist, während Veränderungen stattfinden, wie man sie seit einem Jahrhundert nicht gesehen hat".

"Wir müssen die strategische Kommunikation und Koordination stärken, die Außenpolitik unabhängig und auf der Grundlage der allgemeinen und langfristigen Interessen der Region formulieren sowie die Zukunft und das Schicksal der Entwicklung und des Fortschritts unserer Länder fest in den eigenen Händen halten", sagte er laut der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. 

Die Bedenken von Xi fanden großen Anklang beim Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), António Guterres, der von Neu-Delhi eingeladen worden war, auf dem Gipfel eine Rede zu halten. Er wies darauf hin, dass "in einer Zeit, in der die Welt zusammenarbeiten sollte, die Spaltungen breiter werden und die geopolitischen Spannungen zunehmen."

Indiens Außenminister Vinay Mohan Kwatra ging auf das Thema Konnektivität ein, das sich mit Chinas ehrgeiziger Belt and Road Initiative (BRI, deutsch: "Neue Seidenstraße") überschneidet, und zitierte dazu Bemerkungen von Premierminister Modi, wie das Projekt mit Souveränität und territorialer Integrität interagiert. Indien beteiligt sich jedoch bisher nicht an Pekings BRI-Projekt.

Schließlich versuchte Kwatra, die Tatsache zu relativieren, dass der Gipfel lediglich virtuell stattfinden konnte, was seiner Meinung nach die Bedeutung der Veranstaltung nicht schmälert, nachdem Themen in den Bereichen Handel, Tourismus und Technologie ganz oben auf der Tagesordnung standen. Er erwähnte, dass zwar keine Diskussion über den Ukraine-Konflikt stattgefunden habe, die Gespräche sich jedoch auf seine Auswirkungen auf den Globalen Süden konzentrierten, insbesondere auf die Sicherheit bei Lebensmittel, Düngemittel und Energie. Zudem seien auch Gespräche im Gange, um neben Russisch und Mandarin auch Englisch als dritte Sprache in die SOZ-Charta aufzunehmen, fügte Kwatra hinzu.

Der rotierende Vorsitz bei der SOZ geht im kommenden September an Kasachstan.

Übersetzt aus dem Englischen.

Joydeep Sen Gupta ist Asien-Redakteur bei RT.

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