Kiew wird keine Kampfjets vom Westen bekommen, bis die Gegenoffensive beendet ist. Dies hat am Montag der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses Admiral Rob Bauer gegenüber dem britischen Sender LBC erklärt. Ihm zufolge seien mögliche Lieferungen von Kriegsgerät zwar von äußerster Wichtigkeit, könnten aber kurzfristig nicht umgesetzt werden. Somit müsse sich die Ukraine ohne westliche Flugzeuge mit ihren aktuellen Angriffen durchsetzen.
Als Grund für eine solche Verzögerung nannte Bauer längere Zeitspannen für die Ausbildung des Personals und die Einrichtung der Logistik, die für den Betrieb moderner westlicher Flugzeuge erforderlich seien. Der Admiral rief in diesem Zusammenhang dazu auf, die beiden Diskussionen, jene über Kampfjets und jene über die Gegenoffensive, beim kommenden NATO-Gipfel in Vilnius nicht zu vermischen.
Darüber hinaus betonte Bauer, dass das ukrainische Militär westliche Maschinen nicht dringend benötige, weil es ohnehin wesentliche Vorteile gegenüber russischen Truppen habe. Die Ukraine verfüge bereits über eine Menge westlicher Ausrüstung und ukrainische Soldaten seien im Westen ausgebildet worden. Am wichtigsten sei jedoch, dass ukrainische Truppen mehr Kampfgeist und Motivation hätten als die Soldaten der russischen Armee, meinte Bauer.
"Es ist ein existenzieller Kampf. Die Ukrainer verstehen, wofür sie kämpfen, die Russen haben keine Ahnung, wofür sie kämpfen."
Dennoch werde die Gegenoffensive keine leichte Aufgabe sein. Bauer erinnerte daran, dass russische Truppen in der Zone der Kampfhandlungen ein System von mindestens drei Verteidigungslinien errichtet hätten, die an manchen Stellen etwa 30 Kilometer tief seien. Bei der Offensive stoße das ukrainische Militär auf zahlreiche Minenfelder und befestigte Stellungen. Obwohl die Offensive offenbar viel Zeit in Anspruch nehmen werde, glaube Bauer aber trotzdem an den Erfolg der Ukraine.
Kiew fordert westliche Länder wiederholt auf, den ukrainischen Streitkräften Kampfjets zur Verfügung zu stellen. Bisher stimmten nur Polen und Slowakei der Lieferung von MiG-Flugzeugen zu, die noch in der Sowjetunion hergestellt wurden. Um Lieferungen moderner Maschinen wie etwa F-16 zu beschleunigen, kündigten einige europäische Länder die Einrichtung einer Kampfjet-Koalition an. Die USA verweigern die Übergabe von F-16 unter anderem aus Sorge vor einer direkten Konfrontation mit Russland. Ende Juni warf Michail Podoljak, ein Berater in Selenskijs Präsidialamt, den westlichen Partnern der Ukraine langsame Waffenlieferungen vor, wodurch Russland die Möglichkeit bekommen habe, eine beeindruckende Verteidigung aufzubauen.
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