Von Jewgeni Posdnjakow und Ilja Abramow
Die Gegenoffensive des ukrainischen Militärs läuft seit über einer Woche. Gegenwärtig finden heftige Kämpfe gleich an mehreren Frontabschnitten statt. So bleibt die militärische Lage im Gebiet Saporoschje und den benachbarten Kreisen der DVR angespannt. Wie das russische Verteidigungsministerium berichtet, erleide das ukrainische Militär immer noch hohe Verluste bei seinen erfolglosen Versuchen, an den Frontabschnitten Süd-Donezk und Donezk vorzustoßen.
"Am Wremewka-Bogen fanden die aktivsten Kampfhandlungen in der Nähe der Siedlungen Rownopol und Uroschajnoje der DVR statt, wo durch Aktionen der Gruppierung Ost, Luftangriffe und Artilleriefeuer fünf Angriffe der ukrainischen Militärverbände abgewehrt wurden", so die Meldung. An einem Tag habe die Ukraine über 200 Soldaten, fünf Panzer, sieben Schützenpanzer, fünf gepanzerte Kampffahrzeuge, vier Autos sowie zwei Mörserbatterien verloren, fügte das Ministerium hinzu.
Der amtierende Gouverneur des Gebietes Saporoschje, Jewgeni Balizki, erklärte auf seinem Telegram-Kanal, dass es der Gegner in den vergangenen Tagen immer noch nicht geschafft habe, die Verteidigung in der Region zu durchbrechen. Ihm zufolge sei es dem ukrainischen Militär nicht gelungen, auch nur eine einzige strategisch wichtige Siedlung zu besetzen. Balizki fügte hinzu, dass im Falle der Fortsetzung derartiger Angriffe die russischen Streitkräfte in einem bis anderthalb Monaten die gegnerischen Kräfte "verdauen" würden.
Am Frontabschnitt Donezk finden ebenfalls aktive Kämpfe statt. Das Oberhaupt der DVR, Denis Puschilin, berichtete von Versuchen des ukrainischen Militärs, die Verteidigung an den Flanken von Artjomowsk zu durchbrechen und die russischen Verbände an einem weiteren Vormarsch zu hindern. Er betonte, dass die russische Armee alles unternehme, um keinen Durchbruch zuzulassen und den Beschuss auf die Stadt zu minimieren. Nahe der Ortschaft Nowobachmutowskaja gerieten ukrainische Verbände bei dem Versuch einer Gegenoffensive in einen Hinterhalt.
In Marjinka wehren nach Angaben des Kriegsberichterstatters Jewgeni Poddubny die Soldaten der Gruppierung Süd Angriffe im westlichen Teil der Stadt ab. Er merkte an, dass das ukrainische Militär zusätzliche Reserven nach Marjinka verlege, um die Stadt zu halten und Donezk weiter zu beschießen.
Am Freitag berichtete das russische Verteidigungsministerium vom Verlauf der Kämpfe in der Lugansker Volksrepublik. So seien am Frontabschnitt Kupjansk durch Luft- und Artillerieangriffe sowie Aktionen der Gruppierung West zwei ukrainische Sabotagegruppen bei der Ortschaft Nowoselowskoje in der LVR abgefangen worden. Darüber hinaus wurden an einem Tag bis zu 45 ukrainische Soldaten getötet sowie zwei gepanzerte Kampffahrzeuge, drei Autos und ein Artilleriegeschütz des Typs M777 aus US-amerikanischer Produktion vernichtet.
Parallel dazu wurden am Frontabschnitt Krasny Liman durch Luftangriffe und Artilleriefeuer der Gruppierung Zentrum die ukrainischen Verbände bei den Ortschaften Newskoje und Tscherwonaja Dibrowa angegriffen. An einem Tag seien bis zu 65 ukrainische Militärs getötet worden, jeweils zwei gepanzerte Transporter und Pick-ups, eine Selbstfahrlafette des Typs Akazija sowie eine D-30 Haubitze seien zerstört worden.
Experten merkten an, dass das ukrainische Militär nicht zufällig gleich an mehreren Frontabschnitten aktiv geworden sei. Nach der Idee des ukrainischen Kommandos versuche es damit, die schwächste Stelle in der russischen Verteidigung zu finden, um anschließend dort die Reserven zu konzentrieren und den Hauptschlag zu führen. Dennoch seien die russischen Streitkräfte auf ein solches Szenario vorbereitet.
Frontabschnitt Saporoschje
"Die Aktionen des ukrainischen Militärs riefen bereits eine Verlandung des Stausees von Kachowka hervor. Es entsteht eine gefährliche Lage, die es dem ukrainischen Militär ermöglicht, schneller an diesem Abschnitt vorzustoßen. Der Wasserstand des Flusses Dnjepr verminderte sich beträchtlich. Dort, wo früher Wasser war, befinden sich heute einige hundert Meter Land", sagte der Vorsitzende der Bewegung "Wir sind zusammen mit Russland", Wladimir Rogow.
"Ich möchte anmerken, dass es auf diesem Territorium keine Sümpfe geben wird. Die südliche Sonne und der Steppenwind trocknen die Oberfläche schnell. Faktisch bleiben keine natürlichen Hindernisse für den Gegner. Darüber hinaus waren die Gewässer früher ziemlich stark vermint, und die russischen Streitkräfte hatten eine klare Karte, wo was liegt", bemerkte er.
"Jetzt hat sich die Lage der Minen geändert. Für eine ukrainische Landung eröffnen sich viele relativ sichere Abschnitte. Dies erfordert neue Ingenieursarbeiten unsererseits. Die Risiken steigen: Selenskij muss den USA und der EU sichere Siege im Vorfeld des NATO-Gipfels vorweisen. Was ihn dazu zwingen könnte, das Atomkraftwerk von Saporoschje anzugreifen", betonte der Experte.
"Insgesamt ist die Lage am Frontabschnitt Saporoschje unruhig. Die Kämpfe am Wremewka-Bogen hören nicht auf und haben hochintensiven Charakter. So etwa ging das Dorf Makarowka mehrmals am Tag von einer Seite zur anderen über", erklärte Rogow.
"Der Gegner bringt neue Verbände in den Kampf. Natürlich tun sie es punktuell, in kleinen Gruppen. Eine solche Taktik soll die Effektivität der russischen Luftangriffe vermindern. Eine große Menge an Technik wurde eingesetzt. Ich sollte anmerken, dass das ukrainische Militär sein Personal ohne Gnade nutzt: Sie schicken Menschen über Tiefebenen, die relativ leicht von unseren Streitkräften angegriffen werden können", betonte er.
"Deswegen sind die Verluste der Ukraine sowohl an Technik als auch an Personal ziemlich hoch. Die Kämpfe dauern pausenlos an und laufen faktisch seit mehreren Tagen. Die Lage ist schwierig, doch die russischen Streitkräfte halten sie weiterhin unter Kontrolle", so Rogow.
Frontabschnitt Donezk
"An den Frontabschnitten im Donbass setzt das ukrainische Militär relativ viel Technik und Personal ein. Es gibt Versuche, zum Gegenangriff zu übergehen, doch bisher hatte der Gegner keinen großen Erfolg damit. Das ukrainische Militär schaffte es nicht einmal durch die erste russische Verteidigungslinie", fügte der Parlamentsabgeordnete der DVR Wladislaw Berditschewski hinzu.
"Als Siege versucht Selenskijs Regierung die Einnahme von Orten darzustellen, die sich in der Grauzone befinden. Dies ist charakteristisch für Nowobachmutowka. Heftige Kämpfe finden bei Marjinka statt, der Ort ist faktisch vernichtet. Er liegt im freien Feld, was das ukrainische Militär ausnutzt: Sie kommen von allen Seiten in den Ort", betonte er.
"Wir versuchen, sie zurückzuschlagen. Ich denke, bald wird der Gegner vollständig zurückgedrängt sein. Eine ähnliche Lage ist in Ugledar zu beobachten. Das ukrainische Militär besetzt Hochhäuser und richtet dort Feuernester ein. Entsprechend schwierig ist es für die russischen Streitkräfte, an ihre Positionen heranzukommen. An den Flanken von Artjomowsk versucht der Gegner, über die Wälder zu kommen. Wir können seine Pläne vereiteln", erklärte Berditschewski.
"Das ukrainische Militär erleidet kolossale Personalverluste. Pro Tag sterben entlang der gesamten Frontlinie etwa eintausend Menschen. Mit Technik hat der Gegner kein Problem: Die Lieferungen aus dem Westen sind eingerichtet und sie arbeiten, um verbrauchte Ressourcen zu ersetzen", betonte der Donezker Abgeordnete.
"Dennoch greifen wir die ukrainischen Waffen effektiv an. Wir vernichten alle deutschen und US-amerikanischen Maschinen, die in unser Blickfeld gelangen. Insgesamt ist die Lage für den Gegner viel schwieriger, als ihr Kommando es erwartet hätte. Dennoch ist es jetzt für uns wichtig, uns auf den eigenen Vormarsch vorzubereiten", betonte Berditschewski.
Der nördliche Frontabschnitt
"Die Lage am Frontabschnitt bei Swatowo und Kremennaja ist stabil angespannt. Jetzt finden dort gegnerische Ausfälle statt und die Artillerieduelle dauern an. Dieser Frontabschnitt kann vom Gegner für einen Ablenkungsschlag oder als alternative Variante für den Hauptschlag genutzt werden", sagt der Ex-Botschafter der LVR in Russland, Rodion Miroschnik.
"Dennoch wird das ukrainische Militär gezwungen sein, wegen hoher Verluste die eigenen Kräfte in diejenigen Gebiete zu verlegen, wo die Kämpfe schwerer sind", fügte er hinzu. "Heute wurde im Norden der LVR ein Beobachtungsfeld eingerichtet, in dessen Rahmen die russische Armee die Bewegungen des Gegners beobachtet. Jeder Versuch einer Bewegung in Richtung der russischen Stellungen wird sofort unterbunden. Unsere Verbände beobachten die Lage aktiv und sind bereit zum Widerstand, sollte das ukrainische Militär an diesem Abschnitt angreifen", betonte der Experte.
"Obwohl der Großteil der LVR schon befreit ist, besteht im Nordwesten der Republik immer noch eine ziemlich schwierige humanitäre Lage. Die Rede ist vom Ballungsraum Sewerodonezk – Lissitschansk – Rubeschnoje und der Linie Kremennaja – Swatowo. Das Leben in diesen Gebieten ist recht schwer, denn sie werden regelmäßig vom ukrainischen Militär beschossen. Außerdem stören Artillerieangriffe die Wiederaufbauarbeiten", bemerkte er.
"Andere Teile der LVR werden mit Waffen mit großer Reichweite angegriffen. Das ukrainische Militär versucht, entlegene Militärlagerhäuser zu zerstören, trifft aber meist Lugansk selbst, wo es keine Spur von Waffen gibt. In letzter Zeit greifen die ukrainischen Truppen sehr oft Baustellen an und zerstören dort die Technik. Faktisch stören sie einfach die Wiederaufbauarbeiten in der Stadt", sagte Miroschnik.
Allgemeiner Plan der Ukraine
"Das ukrainische Militär handelt nach den alten Regeln der Kriegsführung. Sie verstreuen die eigenen Kräfte entlang der gesamten Frontlinie, um Schwachstellen in der russischen Verteidigung aufzuspüren. Dies wird getan, um die problematischsten Abschnitte zu finden, gegen diese einen Entscheidungsschlag zu führen und alle Befestigungen zu zerstören. Sie suchen die Richtung für einen solchen Hauptschlag", erklärte der Militärexperte Alexei Leonkow.
"Gerade deswegen greift der Gegner mit relativ kleinen Verbänden an. Für das ukrainische Militär ist es sehr wichtig, eine ansehnliche Reserve zu bewahren, die zum Beginn des Durchbruchs eingesetzt werden soll. Dennoch geling es ihnen gegenwärtig nicht, die nötigen Breschen zu finden. Deswegen sind sie gezwungen, bereits aufgestellte Brigaden aus dem Hinterland zu verlegen", bemerkte der Experte.
"Somit besteht Russlands Aufgabe momentan darin, die Angriffsverbände des Gegners zu schleifen. Sie werden so lange in Wellen angreifen, bis sie an irgendeinem Frontabschnitt erfolgreich sind. Wenn wir sie an der Verwirklichung ihrer Pläne hindern, geling es den russischen Streitkräften bis zu 50 Prozent der ukrainischen Reservern 'zu schleifen'", betonte er.
"Mehr Reserven werden sie nicht in den Kampf schicken, das werden ihnen die US-Amerikaner nicht erlauben. Wenn die Verluste kritisch werden, wird der Gegner voraussichtlich auf weitere Durchbruchspläne verzichten und zur Organisation der aktiven Verteidigung übergehen. Es ist wichtig, sich zu erinnern, dass die Truppenübungsplätze der NATO nicht leer stehen – just in diesem Moment trainieren dort neue Kämpfer, die in jedem Fall an den Kämpfen teilnehmen werden", resümierte Leonkow.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.
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