Spionagestützpunkt auf Kuba: China im Systemwettbewerb mit den USA auf deren "Hinterhof"

Während die USA den zunehmenden Einfluss Chinas vor ihrem Hinterhof beklagen, unterhalten US-Amerikaner zahlreiche Militärbasen in Chinas Nachbarschaft – und es werden sogar immer mehr. Peking erweitert nun seinerseits seinen Einfluss bis an ihre Grenzen in der Karibik in dem geostrategischen Konflikt mit den USA im Indopazifik.

Von Seyed Alireza Mousavi

China soll angeblich Milliarden US-Dollar an Kuba gezahlt haben, um dort eine große Abhörstation in der Karibik errichten zu dürfen. Das berichtete kürzlich das Wall Street Journal (WSJ) unter Berufung auf nicht namentlich genannte Beamte, die Einblick in streng geheime US-Spionageerkenntnisse zu haben behaupten.

So soll die Volksrepublik China seit spätestens 2019 eine Spionagebasis auf Kuba betreiben, die Teil der weltweiten Bemühungen Pekings sei, die nachrichtendienstlichen Fähigkeiten des Landes zu verbessern. Die anonyme Quelle gab an, die Erkenntnisse stützten sich auf neu "freigegebene" Geheimdienstinformationen. Obwohl der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats John Kirby den WSJ-Artikel als "falsch" zurückwies, erklärte er zugleich, dass es sich dabei um ein "Dauerthema" handele, das die Biden-Regierung "geerbt" hätte. Unter dem vormaligen US-Präsidenten Donald Trump seien nicht genug Fortschritte gemacht worden, um "Chinas Einfluss auf Kuba" aufzuhalten.

Derzeit ist eigentlich der Indopazifik das Epizentrum eines globalen Wettstreits zwischen den USA und der Volksrepublik China. Eine militärische Konfrontation der USA mit der aufstrebenden Weltmacht China scheint in dieser strategischen Region immer unausweichlicher zu werden. Insbesondere herrscht längst eine angespannte Lage in der Kommunikation zwischen China und den USA im Indopazifik. So kam es über dem Südchinesischen Meer vor etwa zwei Wochen zu einer weiteren gefährlichen Begegnung zwischen einem chinesischen Kampfflugzeug und einem US-amerikanischen Aufklärungsflugzeug.

Nach diesem Vorfall lehnten die Chinesen ein von den USA angestrebtes Treffen der beiden Verteidigungsminister am Rande des Sicherheitskonferenz "Shangri-La-Dialog" ab. Auf dieser Konferenz in Singapur machte der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu in Anwesenheit seines US-Amtskollegen, des Pentagon-Chef Lloyd Austin, deutlich, dass Chinas Militär nicht "eine Sekunde zögern" werde im Falle einer Abspaltung Taiwans.

Die direkte Konfrontation zwischen den USA und China um die Taiwan-Frage im Südchinesischen Meer findet unmittelbar angrenzend zu China statt. China strebt nun möglicherweise an, seinerseits den geostrategischen Konflikt mit den USA im Indopazifik um eigene Aktionen in der Nähe der US-Grenzen in der Karibik zu erweitern. Während die USA den zunehmenden Einfluss Chinas in US-Nachbarländern lauthals beklagen, unterhalten die USA ihrerseits seit Jahrzehnten zahlreiche Militärbasen in Chinas Nachbarschaft – und es werden sogar immer mehr. 

Dass eine mit den USA rivalisierende Großmacht versucht, auf Kuba Fuß zu fassen, weckt vor allem Erinnerungen an die Kubakrise von 1962. Damals begann die Sowjetunion, auf der Insel Kuba atomar bestückte Mittelstreckenraketen zu stationieren. Den USA gelang es damals, die Sowjetunion zum Abzug der Raketen zu bewegen, nachdem Washington insgeheim eingewilligt hatte, seine eigenen, bereits vor der Kubakrise gegen die Sowjetunion stationierten US-Raketen aus der Türkei und Italien wieder abzuziehen.

Kuba liegt so nahe an den USA, dass von der Karibikinsel aus elektronische Kommunikation in den südöstlichen USA empfangen werden kann. Allein in Florida gibt es über 20 US-Militärbasen, unter anderem das Zentralkommando der Kriegsmarine-Infanterie. China will mit seiner vermuteten Abhörbasis auf Kuba wahrscheinlich signalisieren, dass die USA bei einem möglichen Ausbruch des Krieges um die chinesische Insel Taiwan nicht wie im Fall des Ukraine-Kriegs verschont bleiben werden.

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