Die New York Times (NYT) war gezwungen, sich sehr, sehr spät mit etwas zu befassen, das vielen unabhängigen Analysten und Medienvertretern seit langem bekannt war, das aber aus offensichtlichen Gründen sorgfältig vor den Massen im Westen verborgen gehalten wurde.
Die überraschende Schlagzeile der NYT am Montag dieser Woche lautete:
"Nazi-Symbole an der ukrainischen Frontlinie werfen ein Schlaglicht auf heikle Fragen der Geschichte."
Das um Jahre verspätete (Ein-)Geständnis wurde von Tyler Durden in einem genauso sarkastischen wie sorgfältig recherchierten Kommentar auf ZeroHedge aufgegriffen. Durden erinnert daran, dass unabhängige Journalisten und zahlreiche Leser in den Kommentaren der Mainstream-Medien jahrelang darauf hingewiesen haben, dass die militärischen und paramilitärischen Gruppen der Ukraine, insbesondere die, die seit mindestens 2014 im Osten operieren, ein ernsthaftes Problem mit der Nazi-Ideologie haben. Die Verwunderung, mit der die NYT nun offen zutage Liegendes "entdeckt", sollte ihr daher nicht abgekauft werden.
Der Kolumnist hinterfragt aber auch die Motive der plötzlichen Offenbarung. Kommt es nun zu Einsichten in die nazistische Verwurzelung des Kiewer Regimes und zu einer Distanzierung von ihm, oder geht es nur darum, die Nazi-Insignien der "ukrainischen Helden" besser zu verstecken?
Tyler Durden meint, dass der Bericht lediglich versuche, es als Randnotiz der sonst "einzigartigen" und glorreichen "Geschichte" der Ukraine herunterzuspielen. Das eigentliche Problem für die westliche PR bestehe darin, dass die nazistische Ideologie in der Ukraine so offen zur Schau gestellt wird, weniger ihr erfolgreicher Griff an die Macht im Land und in seinen Streitkräften. Die NYT fordere die ukrainischen Truppen mit der "Enthüllung" lediglich auf, die Nazi-Symbole während der Film- und Fotosessions zu verdecken ‒ wie Matt Taibbi in einem Kommentar zum Bericht sarkastisch bemerkte.
Die Autoren des NYT-Berichts bringen ihre Frustration über die Optik der Nazi-Symbole zum Ausdruck, die auf den Uniformen vieler ukrainischer Soldaten zu sehen sind. Sie suggerieren, dass viele journalistische Fotos, die in einigen Fällen in Zeitungen und Medien weltweit veröffentlicht wurden (in der Regel in Verbindung mit allgemein positiven Artikeln über das ukrainische Militär), lediglich "unglücklich" oder gar irreführend seien.
Kaum auf eine selbstkritische Überprüfung des westlichen Standpunkts im Ukraine-Konflikt deuten auch die Konsequenzen hin, die Nachrichtenredaktionen aus den Wellen der Kritik in den Leserkommentaren zogen und ziehen: Sie löschen schlicht die fragwürdigen Fotos ‒ an der grundsätzlich positiven Berichterstattung über die Träger der Nazi-Insignien ändert sich hingegen trotz aller Erfahrungen nichts.
"Die Fotos und ihre Löschung verdeutlichen die komplizierte Beziehung des ukrainischen Militärs zur Nazi-Symbolik, die sowohl unter der sowjetischen als auch unter der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs entstanden ist", heißt es in dem NYT-Bericht dazu.
Es sei also lediglich "dornig" und "kompliziert", fasst der ZeroHedge-Kolumnist den Standpunkt der Mainstream-Kollegen zusammen.
Besonders befremdlich wird es, wenn sich die NYT den nur für den Westen bestimmten Rechtfertigungsversuchen der ukrainischen Träger der Nazi-Insignien anschließt. Die Ikonografie dieser Gruppen, einschließlich des Hakenkreuzes, eines Totenkopfabzeichens, das von KZ-Wachen getragen wurde, und eines Symbols, das als "Schwarze Sonne" bekannt ist, würden für ihre immer zahlreicheren Träger in den ukrainischen Streitkräften ja "lediglich die ukrainische Souveränität und den Nationalstolz symbolisieren, nicht den Nazismus".
Ein Leser der NYT dagegen bringt die wahre Bedeutung des Ganzen so auf den Punkt:
"Der Westen hat die nazistischen Anteile der Ukraine im Kampf gegen Russland unverhohlen weißgewaschen."
Mehr zum Thema - "Debatte" Gleichgesinnter: Wie der Deutschlandfunk Hörerkritik abwehrt