Fall Kara-Mursa: Neue Sanktionen und erneute Einmischung in innere Angelegenheiten Russlands

Wegen des Urteils gegen den Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa mischt sich die EU erneut in die inneren Angelegenheiten Russlands ein. Sie sanktioniert ranghohe Beamte und den stellvertretenden Justizminister. Die EU-Sanktionspraxis ist nicht durch das Völkerrecht legitimiert.

Die EU mischt sich erneut in die inneren Angelegenheiten Russlands ein und sanktioniert neun Personen. Beschuldigt werden sie, an dem nach Auffassung der EU politisch motivierten Gerichtsprozess gegen den russischen Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa beteiligt gewesen zu sein.

Kara-Mursa wurde Hochverrat, Unterstützung und Mitgliedschaft in in Russland verbotenen Organisationen wie beispielsweise der Free Russia Foundation mit Sitz in den USA vorgeworfen, die sich offen für einen Regime-Change in Russland einsetzt. Darüber hinaus wurde er der Verbreitung diffamierender Falschinformationen über die russische Armee beschuldigt. Kara-Mursa wurde zu insgesamt 25 Jahren Haft verurteilt.

Für die EU ist das hohe Strafmaß Anzeichen für einen politischen Prozess. So glaubt der Außenbeauftragte der EU Josep Borrell:

"Die unverschämt harte Haftstrafe für Wladimir Kara-Mursa zeigt deutlich den politischen Charakter des Prozesses, die zum Ziel hat die Zivilgesellschaft und unabhängige Stimmen zu unterdrücken, die sich gegen den illegitimen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine aussprechen. Die heutige Sanktionsentscheidung zeigt einmal mehr die Entschlossenheit der Europäischen Union, sich solidarisch mit allen zu zeigen, die wegen ihres Kampfes für die Menschenrechte verfolgt, inhaftiert oder eingeschüchtert werden, und die Wahrheit zu sagen."

Sanktioniert werden unter anderem der stellvertretende russische Justizminister Oleg Swiridenko, die am Prozesse beteiligten Richter sowie ein leitender Beamter des russischen Strafvollzugs. Ihre Auslandsvermögen werden eingefroren, die Einreise in die EU wird ihnen verweigert, und Unternehmen mit Sitz in der EU ist die Zusammenarbeit verboten.

Dem stellvertretenden Justizminister wird vorgeworfen, für die Umsetzung des Gesetzes über "ausländische Agenten" verantwortlich zu sein. Vom Ausland finanzierte Organisationen und Medien müssen sich in Russland kennzeichnen. Ähnliche Gesetze gibt es in zahlreichen Ländern, unter anderem in den USA. Auch die EU plant eine Kennzeichnungspflicht für vom Ausland außerhalb der EU finanzierte Akteure. Gleichzeitig plant Brüssel, die schon vorhandenen Zensurmaßnahmen auszuweiten.

Die EU zeigt sich darüber hinaus über die "sich verschlechternde Menschenrechtslage" in Russland besorgt. Die Sanktionen der EU sind nicht nur den UN-Sicherheitsrat legitimiert. Sie stellen zudem eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands dar.

Die EU beansprucht für sich das Recht, sich aktiv in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen und Strafmaßnahmen zu verhängen. Dazu hat sich Brüssel lediglich selbst ermächtigt. Das Sanktionsregime der EU ist nicht durch das Völkerrecht legitimiert. Der UN-Menschenrechtsrat hat in einer Resolution im April einseitige Sanktionen als Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilt und ihre Aufhebung gefordert.

Mehr zum Thema – UN-Menschenrechtsrat: Große Mehrheit fordert Ende der Sanktionspolitik