Die Mönche der kanonischen Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) sind verpflichtet worden, das Kiewer Höhlenkloster innerhalb von drei Tagen zu verlassen, teilte der ukrainische Kulturminister Aleksandr Tkatschenko auf seinem Telegramkanal mit.
Demzufolge hat das "Staatliche Reservat", das die Sonderrechte des Klosterkomplexes verwaltet und dem Kulturministerium untersteht, im Ergebnis der Arbeit einer ministeriellen Kommission eine entsprechende Aufforderung an die Kirche gesandt.
"Nun, nachdem das Reservat eine Räumungsaufforderung an die UOK MP betreffend die sofortige Räumung, Beendigung der Nutzung und Rückgabe seines Eigentums zugestellt hat, muss diese innerhalb von drei Werktagen ab dem Datum der Zustellung der Aufforderung nachkommen. Im Falle einer Weigerung, wird ein Gericht eine geeignete Entscheidung treffen", sagte der Minister.
Er fügte hinzu, dass am 5. Juni eine ministerielle Kommission einen Akt der Annahme und Übertragung des Eigentums unterzeichnet hat. Insgesamt hat die Kommission 79 Immobilien geprüft. Der Verwaltungsakt wurde auch den Vertretern des Klosters zugesandt, die sich jedoch weigerten, ihn über das Sekretariat anzunehmen, woraufhin das Reservat alle Dokumente per Post sowie elektronisch übermittelte.
Die neue Runde des Konflikts um das Kiewer Höhlenkloster begann, als das Kulturministerium den Pachtvertrag kündigte und die Mönche aufforderte, das Kloster bis zum 29. März zu verlassen. Tkatschenko sagte jedoch, dass sie bleiben könnten, wenn sie sich der schismatischen Orthodoxen Kirche der Ukraine (deren Neugründung 2018 stattfand) anschließen würden.
Die UOK erklärte, der Pachtvertrag könne nicht einseitig gekündigt werden und es gebe kein Gerichtsurteil zu dieser Frage. Der Abt des Klosters, Metropolit Pawel (Paul), kündigte an, dass die Brüder bis zum Ende standhaft bleiben würden. Der Abt wurde später unter dem Vorwurf der Anstiftung zu interreligiösem Zwist und der Unterstützung des russischen Vorgehens unter Hausarrest gestellt. Seinen Angaben zufolge wurde ihm angeboten, alle Anklagen fallen zu lassen, wenn die Mönche in die nicht kanonische Neugründung übertreten würden.
Zwei Monate lang behinderten die Gläubigen die Arbeit der Kommission, die ihrerseits oftmals versuchte, die Klostergebäude zu versiegeln und notfalls die Mönche und Gläubigen darin einzusperren. Infolgedessen wurden mindestens vier Gemeindemitglieder sowie die Menschenrechtsaktivistin Viktoria Kochanowskaja festgenommen. Sie alle wurden unter Hausarrest gestellt.
Das Kiewer Höhlenkloster (russisch Kiewo-Petscherskaja Lawra, ukrainisch Kiewo-Petscherska Lawra) wurde im 11. Jahrhundert gegründet und ist eines der wichtigsten Zentren der russischen und ostslawischen Orthodoxie und Aufklärung. Auf dem Gelände des Klosters sind die sterblichen Überreste verehrter Heiliger und berühmter historischer Persönlichkeiten bestattet.
Während der Sowjetzeit war das Kloster geschlossen, es wurde aber noch in der späten Sowjetzeit für Gottesdienste wieder zugänglich gemacht. Seit 1988 befindet es sich im faktischen Besitz der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, der größten Konfession des Landes. Der ukrainische Staat hat sich jedoch stets geweigert, das Eigentum am Komplex an die Orthodoxe Kirche, also den von den Sowjets enteigneten Alteigentümer, rückzuübertragen, sodass die Nutzung des Komplexes durch Kirche und Mönche stets in einem Pachtverhältnis geregelt war.
Im Jahr 1990 nahm die UNESCO das Kloster als ein bedeutendes Weltkulturerbe in die entsprechende Liste auf. Der Klosterkomplex wurde seitdem vorrangig mit Mitteln der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche und deren Gläubigen rekonstruiert, wiederaufgebaut und instand gehalten. Auch die im Zweiten Weltkrieg zerstörte größte Kirche des Komplexes wurde auf diese Weise mit kirchlichen Mitteln wiederaufgebaut. Seit 1994 ist Metropolit Pawel der Vikar des Höhlenklosters.
Seit dem Sieg des nationalistischen Maidan im Februar 2014 steht die kanonische Ukrainisch-Orthodoxe Kirche wegen ihrer traditionellen, wenn auch in letzter Zeit eher symbolischen Zugehörigkeit zum Moskauer Patriarchat (die UOK ist seit 1990 mit weitgehender Selbstverwaltung ausgestattet) unter massivem Druck. Zwei Abspaltungen wurden von den neuen Machthabern seitdem unverhohlen bevorzugt und mit staatlichen Mitteln bedacht, etwa im Rahmen der Einführung der Militärkapläne. Ungehindert, zum Teil sogar mit staatlicher Unterstützung, ergreifen Anhänger der Abspaltungen unter Einsatz von Gewalt Besitz von Kirchen und verdrängen die traditionellen Gemeinden.
Ende 2018 wurden die Abspaltungen unter der Schirmherrschaft des damaligen Präsidenten Poroschenko zur offiziellen "Orthodoxen Kirche der Ukraine" vereinigt, die 2019 von dem Patriarchen von Konstantinopel als "unabhängig" anerkannt wurde. In der orthodoxen Weltkirche ist dieser Akt umstritten und wird teilweise als ein nicht kanonischer Eingriff in den Hoheitsbereich des Moskauer Patriarchen verurteilt. Unter ukrainischen Gläubigen hat die Neugründung bislang nur beschränkte Anerkennung.
Seit 2018 gibt es wiederholt Bestrebungen und politische Initiativen, die Klöster der Ukraine an die neu gegründete Nationalkirche zu übertragen. Wladimir Selenskij, der sich in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit sichtbar aus dem konfessionellen Konflikt heraushielt, hat sich nach Beginn der russischen militärischen Intervention im Februar 2022 offen dazu bekannt, die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vernichten zu wollen.
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