Eine Gegenoffensive könnte für die ukrainische Armee in einem Blutbad enden und müsse daher verhindert werden, teilte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán dem Radiosender Kossuth mit. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitiert den ungarischen Staatschef mit den Worten:
"Ich denke, dass alles getan werden muss, um die Parteien bereits vor Beginn der ukrainischen Gegenoffensive von der Notwendigkeit eines Waffenstillstands und Friedensverhandlungen zu überzeugen, sonst werden wir viele Menschenleben verlieren."
Er habe zwar keine Militärakademie absolviert, aber anderthalb Jahre in der Armee gedient und wisse, dass die Angreifer dreimal mehr Verluste erleiden als die Verteidiger, argumentiert der Politiker weiter. Die Bevölkerung Russlands betrage rund 140 Millionen Menschen, während es in der Ukraine wahrscheinlich rund 40 Millionen seien, das müsse in Betracht gezogen werden. Eine groß angelegte Strategie unter solchen Umständen könne zu einem Blutbad bei der ukrainischen Armee führen, hieß es.
Außerdem versicherte der Ministerpräsident, dass sich Ungarn nicht im Krieg mit Russland befinde und es auch nicht sein werde, solange die derzeitige Regierung an der Macht sei. Die drohende Gefahr sei nahe, aber es sei nicht Ungarns Krieg. Er schlussfolgerte:
"Ich glaube, deshalb sind wir nüchterner, wir sehen die Dinge realistischer."
Bevor die Ukrainer einen Gegenangriff starten würden, müsse man alles "in unserer Macht Stehende" tun, um einen Waffenstillstand zu erreichen und Friedensgespräche aufzunehmen, betonte Orbán. Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen wiederum kritisierte vor Kurzem die Forderungen einiger Länder nach einem Waffenstillstand in der Ukraine. Sie behauptete, dies würde "die Region entlang der Kontaktlinie destabilisieren".
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern liefert Ungarn keine Waffen an die Ukraine. Budapest begründet dies mit seinem Wunsch, eine Eskalation zu vermeiden. Außerdem haben die ungarischen Behörden mehrfach die Bereitstellung von Mitteln aus dem Europäischen Friedensfonds für militärische Hilfe an Kiew blockiert. Budapest kritisiert auch die von Brüssel verhängten Sanktionen gegen Moskau, die nach Ansicht des Chefs des ungarischen Außenministeriums, Péter Szijjártó, Europa mehr schaden als Russland.
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