Vieles spricht dafür, dass die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nächste Generalsekretärin des nordatlantischen Militärbündnisses NATO wird, berichtet Politico. Dabei stellt das Magazin einen Zusammenhang zwischen dem Auftritt der Spitzenpolitikerin auf dem jüngsten Bilderberg-Treffen in Lissabon und einer kürzlichen Einladung ins Weiße Haus nach Washington her.
Auf den seit knapp 70 Jahren stattfindenden Bilderberg-Treffen begegnen sich nordamerikanische und europäische Größen aus mächtigen Konzernen, Politik, Militär und Geheimdiensten sozusagen "privat", um sich hinter verschlossenen Türen über geopolitische und geoökonomische Strategien auszutauschen. Ausgesuchte Vertreter großer Medien nehmen ebenfalls teil, aber berichten nicht. Für sie gilt die sogenannte Chatham-House-Regel, wonach man zwar verwenden darf, was man erfährt, aber nicht offenlegen, woher man es hat.
Kritiker sehen in dem jährlichen Treffen eines der wichtigeren Gremien zur informellen Steuerung des (westlichen) Weltgeschehens und beklagen in diesem Zusammenhang insbesondere die mangelnde Transparenz und die fehlende demokratische Legitimation des Formats.
Aus Deutschland waren in diesem Jahr drei Politiker und vier Spitzenmanager von Konzernen dabei, Deutsche Bank, Axel Springer, BASF und Merck. Bei den Politikern handelte es sich um Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD), den Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Vorsitzenden der Atlantik-Brücke Norbert Röttgen (CDU) sowie den Vorsitzenden des Ausschusses für Europäische Angelegenheiten des Bundestags Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen).
Aus den Reihen westlicher Regierungschefs waren der Niederländer Mark Rutte, die Finnin Sanna Marin und eben Frederiksen als Teilnehmer am diesjährigen Treffen dabei. Nur Frederiksen habe jedoch unmittelbar im Anschluss eine Einladung zur "Audienz" bei US-Präsident Joe Biden erhalten, was wiederum als starkes Zeichen gewertet werde, dass sie dem derzeitigen Amtsinhaber auf dem Posten des NATO-Generalsekretärs demnächst nachfolgen könnte, so Politico. Stoltenbergs Amtszeit läuft Ende September aus, wenn sie nicht noch einmal verlängert wird. Laut dem Nachrichtenmagazin
"ist für die letztendliche Entscheidung zwar Einstimmigkeit der 31 Allianzmitglieder nötig, aber die US-Regierung überprüft und genehmigt traditionell die Kandidaten, bevor die Wahl stattfindet".
Insofern könnte die Einladung nach Washington also durchaus als "finales Bewerbungsgespräch" interpretiert werden. Der US-Präsident will mit der dänischen Ministerpräsidentin laut Pressemitteilung über die gemeinsamen "Anstrengungen als NATO-Verbündete und enge Partner zur Stärkung der transatlantischen Sicherheit und des ökonomischen Gedeihens (...) sowie unsere unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine im Angesicht des brutalen russischen Angriffskrieges diskutieren".
Es könnte zudem von Frederiksen erwartet werden, bei den bislang nur unvollständig erfüllten finanziellen NATO-Verpflichtungen Dänemarks bis zum Treffen im Juni nachzubessern oder zu dem Zeitpunkt dann wenigstens feste Zusagen zu machen, spekuliert Politico weiter.
Frederiksen soll bei den Bilderbergern den ebenfalls hoch gehandelten niederländischen Regierungschef Rutte ausgestochen haben. Marin wird von Politico dagegen nicht als Kandidatin genannt, allerdings seien der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und der britische Verteidigungsminister Ben Wallace zuvor ebenfalls als Kandidaten gehandelt worden. Beide waren laut Teilnehmerliste jedoch nicht beim jüngsten Bilderberg-Treffen dabei und auch nicht bei den vorangegangenen.
Mehr zum Thema - Lafontaine: "Europäische Vasallen" haben Gründe für den Ukraine-Krieg immer noch nicht kapiert