"Angesichts der öffentlichen Diskussionen und Äußerungen über die Beteiligung Südafrikas am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) möchte die Präsidentschaft klarstellen, dass Südafrika nach wie vor zu den Unterzeichnern des Römischen Statuts gehört und sich weiterhin für eine gleiche und konsequente Anwendung des Völkerrechts einsetzen wird."
Damit beginnt eine Presseerklärung auf der Internetseite des südafrikanischen Präsidialamtes vom 25. April 2023, die eine vorausgegangene Erklärung – ebenso wie deren spätere Bekräftigung durch das Staatsoberhaupt und zugleich Regierungschef Cyril Ramaphosa – richtigstellen soll. Ramaphosa habe seine Erklärung in Anwesenheit von Medienvertretern "irrtümlicherweise" abgegeben und sie ebenso "irrtümlicherweise" später noch bekräftigt, heißt es:
"Diese Klarstellung folgt auf einen Fehler in einer Bemerkung, die während eines Medienbriefings der Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) über den Status Südafrikas in Bezug auf den IStGH gemacht wurde. Bedauerlicherweise bekräftigte der Präsident heute während einer Mediensitzung irrtümlich einen ähnlichen Standpunkt."
Immerhin sei doch die früher gefällte Entscheidung eines Austritts aus dem Römischen Statut erst Ende 2022 bei der 55. Nationalen Konferenz des ANC rückgängig gemacht worden, besagt die Presseerklärung weiter. Auch sei dieser Beschluss auf einer Sitzung des Nationalen Exekutivausschusses (NEC) des ANC am Wochenende vom 21. bis 24. April 2023 bekräftigt worden.
Der NEC habe auch über einen möglichen Austritt aus dem IStGH als eine Art "letzte Option" nachgedacht, die als letztes Mittel in Ermangelung rechtlicher Optionen, die zu Fairness und Kohärenz bei der Anwendung des Völkerrechts führen würden, in Betracht käme. Bei der Erklärung, deren Aussage richtigzustellen das Präsidialamt für notwendig hielt, hatte Ramaphosa allerdings ebenfalls auf die Regierungspartei ANC verwiesen.
Jedenfalls, so die Presseerklärung des Präsidialamtes weiter, habe Südafrikas Regierung vielmehr nicht nur nicht vor, die Teilnahme des Landes am Römischen Statut auszusetzen oder gar aufzuheben – sondern wolle es vielleicht sogar als Ganzes in die Landesgesetze übernehmen und werde auch die Einrichtung eines Hilfsgerichtshofs speziell für den afrikanischen Kontinent mittragen:
"Südafrika bleibt Unterzeichner des Römischen Statuts und lässt sich dabei von der Bedeutung der Stärkung der Institutionen der Weltordnungspolitik leiten. Dementsprechend wird sich Südafrika für die Stärkung des Malabo-Protokolls einsetzen, mit dem ein kontinentaler Strafgerichtshof eingerichtet werden soll, der den IStGH als Gericht der letzten Instanz ergänzen würde.
Darüber hinaus erwägt Südafrika eine Gesetzesänderung, mit der das Römische Statut domestiziert werden soll, damit es alle Artikel des Römischen Statuts widerspiegelt. Dazu gehört auch eine Bestimmung in Artikel 98 des Statuts, die eine Aufhebung der Immunität für vom IStGH angeklagte Personen aus Drittländern vorsieht, sofern keine Verweisung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorliegt.
Die Art und Weise, in der das Vereinigte Königreich das Römische Statut unter Einbeziehung der Bestimmungen von Artikel 98 in nationales Recht umgesetzt hat, wird als Fallstudie zur Orientierung bei einem solchen Vorhaben empfohlen."
Somit ist die diesbezügliche Lageentwicklung in Südafrika zu jener beispielsweise beim BRICS-Partner Russland gegensätzlich: In Russland wurde bei der jüngsten Verfassungsänderung der Vorrang des Völkerrechts vor der nationalen Gesetzgebung stark relativiert beziehungsweise aufgehoben.
Im März 2023 wurde vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin ausgestellt. Signatarstaaten und erst recht Mitgliedsstaaten des Römischen Statuts sind verpflichtet, alle Bestimmungen des IStGH umzusetzen. So wäre zum Beispiel Südafrika dann verpflichtet, Wladimir Putin zu verhaften, sobald dieser das Staatsgebiet betritt – etwa zwecks Teilnahme am bevorstehenden Gipfel der BRICS-Mitgliedsstaaten.
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