Erneut ungewählt zum nächsten Spitzen-Job? Ursula von der Leyen im Gespräch als kommende NATO-Chefin

Wie die britische Sun ausgehend von Informationen aus britischen Diplomatenkreisen berichtet, soll Ursula von der Leyen im Oktober den Posten des NATO-Chefs übernehmen. Ein Veto dagegen könnte dabei jedoch aus Großbritannien kommen.

Die britische Boulevard-Zeitung The Sun scheint mit ihrem Artikel im ersten Moment einen Aprilscherz zu machen, jedoch wurde der Beitrag bereits am 31. März veröffentlicht. Laut dem Inhalt sollen einer "diplomatischen Quelle" zufolge mehrere NATO-Mitgliedsstaaten vorgeschlagen haben, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, "im Oktober die Leitung des Bündnisses übernimmt". 

Im März 2022 hatte die NATO-Webseite aufgrund der Geschehnisse in der Ukraine mitgeteilt, dass der aktuell amtierende Generalsekretär Jens Stoltenberg im Rahmen einer damaligen Einigung der NATO-Mitgliedsstaaten sein Mandat "um ein weiteres Jahr, bis zum 30. September 2023" verlängern werde. Die Frankfurter Rundschau verwies vor wenigen Tagen darauf, dass in Brüssel "als mögliche Nachfolgerinnen auch eine Reihe von Frauen gehandelt werden" würden. Der Name von der Leyen wurde dabei nicht genannt. Diesbezüglich heißt es:

"Ein Brüssel-Korrespondent der Deutschen Welle (DW) listete Frauen auf, um die spekuliert wird: Kaja Kallas, Ministerpräsidentin von Estland, Ingrida Simonyte, Regierungschefin von Litauen, Zuzana Caputova, Präsidentin der Slowakei und Theresa May, Ex-Premierministerin von Großbritannien."

Im Sun-Artikel wird nun darauf hingewiesen, dass von der Leyen, als genannte "ehemalige deutsche Verteidigungsministerin", es jedoch "schwer haben wird, das undurchsichtige Auswahlverfahren für sich zu entscheiden – ein Schritt, der Euroskeptiker wahrscheinlich empören wird", so The Sun. Der Posten des NATO-Generalsekretärs wird zunächst für eine Amtszeit von vier Jahren vergeben, nachdem die Mitgliedsstaaten informelle Konsultationen zu diesem Thema durchgeführt haben. Weiter heißt es im Artikel wörtlich:

"Britische Quellen haben angedeutet, dass Großbritannien wahrscheinlich ein Veto gegen Frau von der Leyen einlegen würde – unter Hinweis auf ihre schlechte Erfolgsbilanz als Leiterin der deutschen Streitkräfte."

Das Boulevard-Blatt berichtet weiter, dass der britische Premierminister Rishi Sunak Ben Wallace, den aktuellen Verteidigungsminister des Landes, für das Spitzenamt der NATO bevorzugt unterstützen würde. Wallace hatte in einem Radiointerview im Februar mitgeteilt, dass er mit seiner derzeitigen Position zwar zufrieden sei, jedoch die Leitung der NATO "ebenfalls eine großartige Aufgabe" wäre. Die Sun nennt zudem die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland – "die zur Hälfte Ukrainerin ist" – als weitere potentielle Kandidatin auf den Chef-Posten bei der NATO.

Von der Leyen wurde 2019 an die Spitze der EU berufen, nachdem sie sechs Jahre lang als deutsche Verteidigungsministerin bedingt erfolgreich tätig war. Ihre Arbeit in der Bundesregierung war geprägt von Engpässen und Verzögerungen bei der Auslieferung von Bundeswehrmaterial. "Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert", so der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, im Jahr 2018. 2019 musste von der Leyen dann noch erhebliche Fehler und nachweisliches Missmanagement bei der millionenschweren Sanierung des Bundeswehrschiffes und Prestige-Objekts Gorch Fock eingestehen. Diesbezüglich schrieb der Spiegel:

"In einem vertraulichen Bericht für den Haushaltsausschuss des Bundestags räumt Ursula von der Leyens Ressort sowohl Verstöße gegen die Haushaltsordnung des Bundes als auch gegen die Geschäftsordnung des Ministeriums ein."

Am Ende waren die Sanierungskosten des Segelschiffes auf insgesamt 130 Millionen Euro angestiegen. Eingeplant und angekündigt durch von der Leyen waren lediglich 10 Millionen Euro. Weiterhin im Fokus eines gesellschaftlichen Interesses bleibt die maßgebliche und weiterhin ungeklärte Rolle von der Leyens bezüglich der unbekannten Vertragsdetails zum milliardenschweren COVID-Deal der EU mit dem US-Unternehmen Pfizer.

Von der Leyen hat nachweislich die Anti-Russland-Sanktionen und die gemeinsamen Anstrengungen zur Ausbildung und Ausrüstung des ukrainischen Militärs vorangetrieben. Zuletzt hatte sie die EU-Mitglieder zu einer härteren Gangart gegenüber China aufgerufen. Twitter-Nutzer erinnerten hinsichtlich der Meldung und einem aktuellen Tweet von der Leyens an die "darstellerischen Qualitäten" der Präsidentin der Europäischen Kommission.

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