Im Vorfeld des Staatsbesuchs des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping in Moskau hat sich der russische Präsident Wladimir Putin in einem Artikel für die chinesische Tageszeitung People's Daily an das chinesische Publikum gewandt. Der Artikel ist auf Russisch am späten Sonntagabend in der Online-Ausgabe der Rossijskaja Gaseta erschienen.
Das russische Staatsoberhaupt blickt in dem Artikel auf die Entwicklung seiner Zusammenarbeit mit dem aktuellen chinesischen Staatschef zurück. Mehr als 40-mal habe man sich in den zurückliegenden zehn Jahren in verschiedenen Formaten getroffen. Die Qualität der Beziehungen bewertete Putin sehr hoch:
"Ich weiß, dass China der Freundschaft und den menschlichen Beziehungen große Bedeutung beimisst. Es ist kein Zufall, dass der weise Konfuzius sagte: 'Ist es nicht eine Freude, wenn ein Freund aus der Ferne kommt!' Auch wir in Russland schätzen diese Eigenschaften sehr, für uns ist ein wahrer Freund wie ein Blutsbruder. Darin sind sich unsere Völker sehr ähnlich."
Vertieft werden soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder: Die eigentlich für das Jahr 2024 gesetzte Zielmarke von 200 Milliarden US-Dollar jährlichen russisch-chinesischen Handelsvolumens werde bereits in diesem Jahr erreicht und überschritten werden, prognostiziert der russische Präsident. Dabei werde der Anteil des Handels, der in nationalen Währungen abgerechnet wird, ebenfalls wachsen.
Wladimir Putin dankt in seinem Artikel der chinesischen Partei- und Staatsführung für ihre, wie er schreibt, "ausgewogene Linie" hinsichtlich der Ereignisse in der Ukraine. Man sei dankbar, dass China die Vorgeschichte und die wahren Ursachen der Ereignisse nicht außer Acht lasse. Die chinesische Bereitschaft, sich konstruktiv an der Lösung des Konflikts zu beteiligen, werde in Moskau begrüßt. Ausdrücklich betont das russische Staatsoberhaupt die Gemeinsamkeiten in den Auffassungen Pekings und Moskaus:
"Wie unsere chinesischen Freunde stehen wir für die strikte Einhaltung der UN-Charta und die Achtung des Völkerrechts, einschließlich des humanitären Rechts. Wir sind dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Sicherheit verpflichtet, der vom NATO-Block eklatant verletzt wird. Wir sind zutiefst besorgt über unverantwortliche und schlichtweg gefährliche Aktionen, die die weltweite nukleare Sicherheit untergraben können. Wir akzeptieren die unrechtmäßigen einseitigen Sanktionen, die aufgehoben werden müssen, nicht."
Russland stehe bereit, die Ukraine-Krise auf diplomatischem Wege beizulegen, schreibt Wladimir Putin und erinnert daran, dass es nicht Moskau war, das die Friedensverhandlungen im April 2022 abgebrochen habe. Die Aussichten von Verhandlungen hängen ausschließlich von der Bereitschaft zu einem "ernsten Gespräch" ab, das die neuen geopolitischen Realitäten berücksichtige. Leider ließen die an Russland gerichteten "ultimativen Forderungen" keinen Grund zum Optimismus. Sie zeugten davon, dass die andere Seite nicht an Auswegen aus der Situation interessiert sei.
Putin erinnert die chinesischen Leser daran, dass die "vom Westen provozierte und sorgfältig angeheizte Krise in der Ukraine" bei weitem nicht der einzige Ausdruck seines Bestrebens, die unipolare Weltordnung und die eigene Dominanz aufrechtzuerhalten, sei. Der nächste Krisenherd, schreibt der russische Präsident, drohe im asiatisch-pazifischen Raum. Dank fester russisch-chinesischer Beziehungen werde die Absicht, auch hier eine Spaltung in Blöcke herbeizuführen, misslingen.
Der Besuch von Xi Jinping werde die russisch-chinesische Freundschaft und Partnerschaft stärken und einen Beitrag zum Wohlstand und Blühen beider Länder leisten, schließt der Artikel von Wladimir Putin für die größte chinesische Tageszeitung.
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