Russische Soldaten, die Fahnenflucht begehen, sollen angeblich Asyl in Deutschland bekommen. So lautet das Versprechen des ukrainischen Projekts "Ich will leben", welches von der "Koordinierungsstelle zur Behandlung von Kriegsgefangenen" in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium und der "Hauptdirektion der ukrainischen Nachrichtendienste" organisiert wird.
Darüber sollten russische und belarussische Soldaten motiviert werden, zu desertieren. Wie die NachDenkSeiten berichten, verbreiteten auch US-amerikanische Medien und Nachrichtenportale, wie Radio Free Europe/Radio Liberty gleichlautende Informationen über das ukrainische Projekt.
Ebenso wird auf der offiziellen Webseite von "Ich will leben" deutsches Asyl für russische Deserteure in Aussicht gestellt: "Im Rahmen des Projekts garantieren wir die Möglichkeit, in der Ukraine oder anderen europäischen Ländern Asyl zu beantragen." Und der Sprecher des Projekts, Vitaly Matvienko, habe diesbezüglich gegenüber dem vom US-Kongress finanzierten russischsprachigen TV-Sender Current Time erklärt:
"Eine Person, die sich (freiwillig) ergeben hat, kann in Deutschland und den Niederlanden Asyl beantragen. Vertreter dieser Länder haben zuvor gesagt, dass sie bereit sind, solche Kriegsgefangenen aufzunehmen."
Am 15. März befragte deshalb der Bundestagsabgeordnete und europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Andrej Hunko, die Bundesregierung zu dem Versprechen auf deutsches Asyl für russische Deserteure:
"Trifft es zu, dass russische Deserteure über das ukrainische staatliche Projekt 'Choču žit' – 'Ich will leben' die Möglichkeit haben, aus der Gefangenschaft in der Ukraine Asyl in Deutschland zu beantragen, und welche anderen ähnlichen oder vergleichbaren Programme sind der Bundesregierung bekannt, über die russische Deserteure aus der Gefangenschaft in der Ukraine Asyl in den Staaten der Europäischen Union, unter anderem Deutschland, beantragen können?" In der Antwort der Bundesregierung wurde ganz klar verneint, dass es in Deutschland solche Asylzusagen für desertierende Soldaten aus Russland gäbe:
"Nein. Der Bundesregierung sind auch keine anderen ähnlichen oder vergleichbaren Programme im Sinne der Fragestellung bekannt."
Allerdings hatten die Regierungsvertreter Maximilian Kall und Steffen Hebestreit am 23. September vergangenen Jahres auch schon Gegenteiliges erklärt. Ihren Aussagen zufolge könnten von Repression bedrohte russische Deserteure in Deutschland Asyl beantragen:
"Wer sich Putins Regime mutig entgegenstellt und sich deshalb in größte Gefahr begibt, der kann in Deutschland wegen politischer Verfolgung Asyl beantragen",
zitierte der Sprecher des Bundesinnenministeriums Kall die Bundesinnenministerin Nancy Faeser im letzten Herbst. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte diesbezüglich am 23. September in Berlin, dass Deutschland gemeinsam mit den anderen EU-Staaten "eine tragfähige Lösung" für den Umgang mit russischen Deserteuren finden wolle, wie auch die Tageszeitung taz berichtete.
Der Zeitung zufolge wollten zu der Zeit auch Politiker unterschiedlicher Parteien russischen Deserteuren Asyl gewähren. So habe Justizminister Marco Buschmann (FDP) auf Twitter gepostet, dass "wer Putins Weg hasst und die liberale Demokratie liebt" herzlich willkommen sei. Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese habe gegenüber der Rheinischen Post geäußert, er hielte die verschärften Strafen für Menschen, die sich der Einberufung entzögen, "bereits nach jetziger Rechtslage für ausreichend als Asylgrund".
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