Russischer UN-Diplomat: Die neue Weltordnung nimmt Gestalt an

In einem Interview mit dem arabischen Sender Al Mayadeen nimmt der stellvertretende Botschafter Russlands bei der UNO Stellung zum Ukraine-Konflikt, zu den Auswirkungen der Sanktionen und zum russisch-arabischen Verhältnis. Es wird dabei klar, der westliche Einfluss schwindet.

Der panarabische Nachrichtensender Al Mayadeen interviewte den stellvertretenden Botschafter Russlands bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanski, zum Verlauf der militärischen Spezialoperation, der Auswirkungen der Sanktionen, dem Verhältnis Russlands zur Ukraine, zum kollektiven Westen und zur arabischen Welt.

In seinen Antworten legt Poljanski die russische Sicht auf den Ukraine-Konflikt dar und skizziert eine Welt, die sich in einem grundlegenden politischen Wandel befindet. Den Ukraine-Konflikt bewertet er als klassischen Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland, bei dem die Ukraine und die Ukrainer den höchsten Preis zu zahlen und die meisten Opfer zu bringen hätten.

Der Westen sei an Frieden nicht interessiert. Der Diplomat verdeutlicht das an den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, die im Februar und März letzten Jahres zunächst in Weißrussland und dann in der Türkei stattgefunden haben. 

Auf die Frage nach dem Verlauf der militärischen Spezialoperation und nach der Möglichkeit, ob diese sich von einem regionalen zu einem Weltkrieg wandeln könnte, antwortet Poljanski:

"Wie sie wissen schlug die Ukraine einen Friedensplan vor, der die Grundlage für weitere Verhandlungen und einen realistischen Friedensvertrag hätte sein können. Aber die westlichen Unterstützer durchkreuzten den Plan ..."

Der Westen sei in keiner Weise daran interessiert, dass die Ukraine und Russland in friedlicher Nachbarschaft leben. 

"London und Washington bestanden darauf, dass Selenskij seine Vorschläge für einen Friedensplan zurückzog und versicherten ihm, dass die Ukraine Russland mit der Hilfe von westlichen Waffenlieferungen besiegen könne."

Der Westen nutze die Soldaten der Ukraine, viele davon schlecht ausgebildet, in einem Stellvertreterkrieg gegen Russland als Kanonenfutter. 

Einen großen Unterschied zwischen dem Willen der USA, den Krieg zu verlängern und der Position der EU erkennt Poljanski nicht und beantwortete damit die Frage, ob er die europäische Position als eigenständig und unabhängig von den USA wahrnehme. Allerdings würden die Menschen im Westen mehr und mehr die wahren Interessen und Intentionen westlicher Politik verstehen.

Die chinesische Initiative für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts bewertet der Diplomat positiv.

"Der chinesische Vorschlag spiegelt den Wunsch des Landes nach Frieden und einer diplomatischen Lösung wider. Das ist lobenswert. Es ist vor allem vor dem Hintergrund endloser Ultimaten seitens des Westens und der Ukraine an Russland bedeutend."

Der Konflikt sei auch Ausdruck einer grundlegenden Änderung in der geopolitischen Matrix, gegen die sich der Westen zur Wehr setzen, die er aber nicht aufhalten könne. 

"Der Ukraine-Konflikt hat den Prozess beschleunigt, in dem er die westliche Heuchelei und die wahren westlichen Ziel aufgedeckt hat. Diese sind die Hegemonie der USA und die Privilegien der sogenannten 'Goldenen Milliarde' weiter aufrecht zu erhalten – koste es, was es wolle." 

Dabei sei in vielen Bereichen genau das Gegenteil von dem eingetreten, was der Westen erwartet habe und erreichen wollte. Die Beziehungen Russlands zu den arabischen Staaten hätten sich vertieft und würden ausgebaut. Zwar seien Versuche des Westens zu erwarten, diesen Prozess der Stabilisierung und Verfestigung der russisch-arabischen Beziehungen zu hintertreiben. Poljanski hofft aber, dass die Staaten dem Druck des Westens standhielten. 

Gefragt nach den Sanktionen erwidert er, dass die Sanktionen die westlichen Gesellschaften deutlich härter träfen als Russland. 

"Wenn man nach Russland reist, sieht man, dass das Leben dort normal weiter läuft. Der Lebensstandard ist nicht gefallen, die Währung ist fest und all die Produzenten und Händler, die den russischen Markt verlassen haben, wurden durch andere ersetzt."

Es sei unmöglich, ein Land von der Größe Russlands zu isolieren und zu bestrafen. Russland hätte neue Märkte gefunden und Maßnahmen implementiert, mit denen die Auswirkungen der Sanktionen begrenzt worden seien. 

Generell sieht der Diplomat die Zustimmung zu antirussischen Sanktionen schwinden. Immer weniger Länder seien bereit, die antirussischen Sanktionen mitzutragen. Russland werde insgesamt mehr Unterstützung entgegengebracht, da immer mehr Länder die Gründe für die militärische Spezialoperation in der Ukraine verständen. Der Westen bekäme deshalb für seine antirussischen Maßnahmen und seinen russophoben Plot immer weniger Unterstützung. Eine neue Weltordnung sei im Entstehen.

Mehr zum Thema – EU bleibt auf Kriegskurs – Friedensinitiativen kommen aus anderen Teilen der Welt