Von Renat Abdullin, RIA Nowosti
Der chinesische Präsident Xi Jinping ist für seine dritte Amtszeit als Staatschef wiedergewählt worden. Dies ist ein Novum – bisher konnte der Vorsitzende der Regierungspartei nur zwei aufeinanderfolgende fünfjährige Amtszeiten als Staatschef absolvieren. Auch die Rhetorik hat sich geändert: Xi äußert sich deutlicher als je zuvor zu externen Bedrohungen.
Auf dem Weg zur Militarisierung
Der chinesische Staatschef hat wiederholt dazu aufgerufen, "die Streitkräfte schneller auf Weltklasse-Niveau zu bringen". Er wies auch wiederholt auf die Bedrohungen hin, die von der US-geführten Kampagne zur "Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas" ausgehen.
Die Volksrepublik China müsse ihre "nationalen strategischen Fähigkeiten" maximieren. Sie müsse "die Gesamtstärke des Landes systematisch verbessern, um mit externen Risiken fertig zu werden und die nationalen Interessen zu verteidigen", betonte Xi.
Er hält es auch für notwendig, in Wissenschaft und Technologie autarker zu werden, die Nachhaltigkeit der Produktionsketten und der Logistik zu verbessern und die chinesischen Reserven besser mit der nationalen Sicherheit in Einklang zu bringen.
Dieses Programm wird mit einer Reihe bereits laufender Programme kombiniert, darunter dem Programm "Made in China 2025", in dessen Rahmen die VR China eine Vormachtstellung in zehn Schlüsselbereichen – von integrierten Schaltkreisen bis zur Luft- und Raumfahrt – erreichen will, sowie einem mehrjährigen Plan der "zivil-militärischen Integration" in der Wirtschaft.
Xi sprach davon, die Ziele für das hundertjährige Bestehen der Chinesischen Volksbefreiungsarmee (PLA) im Jahr 2027 zu erreichen. Das Datum ist nicht zufällig gewählt. Nach Ansicht einiger US-Beobachter plant Peking zu diesem Zeitpunkt die Wiedervereinigung mit Taiwan. Während die teilweise anerkannte Republik China um ihre Unabhängigkeit kämpft, will die VR China eine diplomatische und keine militärische Lösung.
Es sei notwendig, "ein effektives System strategischer Abschreckungskräfte zu schaffen, die Präsenz in neuen Gebieten zu verstärken und die kampforientierte Militärausbildung aktiv zu fördern", sagte der chinesische Staatschef.
Westliche Bedenken
Chinas Verteidigungshaushalt hat sich innerhalb eines Jahrzehnts fast verdoppelt und ermöglicht es dem Land, mit zwei Millionen Mann die größte ständige Streitmacht der Welt, die größte Marine und mächtige Raketen- und Luftstreitkräfte zu unterhalten.
Dies alles beunruhigt das Weiße Haus sehr.
Xi übte scharfe Kritik an der US-Politik und verurteilte Washingtons Unterstützung für Taiwan und seine regionalen Militärblöcke – QUAD (Australien, Indien, USA und Japan) und AUKUS (Australien, Großbritannien und USA). Die Nachrichtenagentur Xin Hua zitiert den Staatschef zu diesem Thema so:
"Die westlichen Länder unter der Führung der USA haben eine umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas betrieben, was zu noch nie dagewesenen ernsten Problemen für die Entwicklung des Landes geführt hat."
Der Sprecher des Außenministeriums Ned Price erklärte daraufhin, Washington strebe eine "verantwortungsvolle Koexistenz" innerhalb des globalen Handels- und politischen Systems an und habe nicht die Absicht, die Volksrepublik China zu schikanieren:
"Hier geht es nicht um Eindämmung, nicht um Unterdrückung Chinas. Wir wollen einen konstruktiven Wettbewerb, der fair ist und nicht zu Konflikten führt."
Was hat Moskau zu erwarten?
Russische Experten sind sich einig, dass die Wiederwahl Xis für Moskau von Vorteil ist. Er hat dem Kreml wiederholt seine Unterstützung zugesichert und sich – außerhalb eines klar umrissenen Militärbündnisses – stillschweigend auf die Seite Russlands gestellt.
Es bestehe jedoch kein Grund, von "einer Art von Xis Kriegslust" zu sprechen, sagte Andrei Winogradow, leitender Forscher am Institut für Orientalische Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften, in einem Gespräch mit RIA Nowosti. Er erklärte:
"Es ist vielmehr ein Ausdruck der Prinzipientreue Chinas und der Tatsache, dass sich das Land in der modernen Welt sicher fühlt."
Die USA haben dies natürlich nicht erwartet. Allerdings muss man wissen, dass dies in Bezug auf Taiwan nicht einmal Xis Rhetorik ist. China beharrt seit Langem auf einer friedlichen Lösung des Konflikts. Bei den kommenden Wahlen in Taiwan wird wahrscheinlich der Kandidat der Kuomintang gewinnen. Das bedeutet, dass die Frage des Separatismus in den Hintergrund treten wird. Und Peking ist bereit zu warten.
Alexei Maslow, Direktor des Instituts für Asien- und Afrikastudien an der Staatlichen Universität Moskau, stellt fest, dass Xi trotz der chinesischen Tendenz zum Abwarten den Einsatz tatsächlich erhöht hat:
"Zum ersten Mal wird alles beim Namen genannt: Die USA sind eine Bedrohung, Russland ist ein Verbündeter, mit dem beispielhafte internationale Beziehungen aufgebaut wurden. Der Schwerpunkt liegt auf der Stärkung der militärischen Macht, weil das chinesische Entwicklungsmodell selbst bedroht ist."
Gleichzeitig schließt Peking sein "Verhandlungsfenster" nicht und vermeidet es, das Konzept eines "kollektiven Westens" zu übernehmen. Mit anderen Worten: Der Konflikt mit den USA hindert Peking nicht daran, seine Beziehungen zur Europäischen Union fortzusetzen, für die China ein wichtiger Lieferant bleibt.
Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13.03.2023 auf ria.ru erschienen.
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