Von Thomas Röper
Ich war am 21. Februar als einer von nur zwei Journalisten zur Präsentation eines neuen russischen Kampfroboters namens "Marker" eingeladen, der vollkommen autonom unter anderem gegen Kampfpanzer eingesetzt werden soll. Der Roboter ist vielseitig einsetzbar, kann tagelang autonom agieren und sich zum Beispiel verstecken, um auf gegnerische Panzer zu warten und sie zielsicher aus großer Entfernung zu zerstören.
Ich hatte nicht nur die Gelegenheit, den "Marker" zu sehen und anzufassen, sondern die Entwickler des "Marker" standen mir auch ausführlich Rede und Antwort. Wie es dazu gekommen ist, dass ich dazu eingeladen wurde, erzähle ich am Ende dieses Artikels.
Autonomer Roboter
Der "Marker" ist mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet. Er soll auch ferngesteuert eingesetzt werden, kann aber – wenn zum Beispiel der Funkverkehr gestört wird – auch vollkommen autonom agieren. Bedient wird er über eine App, die auf handelsüblichen Telefonen oder Tablets installiert wird. Dabei kann der Bediener dem Roboter sehr leicht Anweisungen geben, wo er hinfahren soll, es können auch Wegpunkte, Patrouillengebiete oder ähnliche Aufgaben vorgegeben werden, die der Roboter vollkommen eigenständig ansteuert oder durchführt, wobei er Hindernisse selbständig erkennen und umfahren kann.
Der Roboter kann sowohl alleine agieren, aber auch im Verbund mit weiteren "Markern", die sich dabei Aufgaben teilen können, indem einer zum Beispiel die Aufklärung und Zielsuche übernimmt, während ein zweiter versteckt im Hintergrund bleibt, bis er die erkannten und markierten Ziele angreift.
Der "Marker" verfügt über eine Feind-Freund-Erkennung, um den Beschuss eigener Truppen zu vermeiden. Der Roboter ist in der Lage, verschiedene Ziele sicher zu unterscheiden. So erkennt er nicht nur, ob er es zum Beispiel mit einem Kampfpanzer Leopard 2 zu tun hat, sondern erkennt auch die verschiedenen Modifikationen der "Leoparden". Schwieriger wird es bei Waffen, die sowohl bei der ukrainischen als auch der russischen Armee im Einsatz sind, die teilweise die gleichen Panzermodelle – noch aus sowjetischer Produktion – einsetzen. Aber die Entwickler arbeiten auch daran, bei gleichen Panzertypen Freund und Feind auseinanderzuhalten.
Sogar Menschen kann der "Marker" nicht nur erkennen, sondern er ist auch in der Lage, sie an Uniformen und Abzeichen als Freund, Feind oder Zivilisten zu unterscheiden. Dank seiner guten Optik kann er das auch auf Entfernungen von weit über einem Kilometer leisten und mit seinen Waffen innerhalb eines Sekundenbruchteils auf jedes Ziel feuern, wobei sein Schussfeld 360 Grad beträgt. Er hat keinen "toten Winkel" und kann so, während er zum Beispiel versteckt auf Panzer wartet, auch als Aufklärer tätig sein und bei Bedarf als eine Art Scharfschütze eingesetzt werden, der gegnerische Soldaten zielgenau auf sehr große Entfernung ausschalten kann.
Modularer Aufbau
Der "Marker" ist sehr vielseitig einsetzbar, weil er modular aufgebaut ist. Man kann die Module ohne großen Aufwand austauschen und ihn zum Beispiel zu einem reinen "Aufklärer" machen, der seine Umgebung im Umkreis von mehreren Kilometern mit allen denkbaren Ortungsgeräten absucht. Dazu kann er auch kleine, drahtgelenkte Drohnen starten, die aus der Luft nach Zielen in größerer Entfernung suchen, als der Roboter vom Boden aus sehen kann, wobei die Drahtlenkung der Drohnen dafür sorgt, dass die Datenübertragung nicht gestört werden kann, und sie stellt auch die Stromversorgung der Drohnen sicher, die dadurch zeitlich fast unbegrenzt in der Luft bleiben können. Der "Marker" selbst kann mit seiner eigenen Energieversorgung tagelang autonom operieren, ohne aufgetankt werden zu müssen.
Der "Marker" kann auch als reines Waffensystem benutzt werden, indem die entsprechenden Module eingesetzt werden, wobei er praktisch jede Art von Waffen tragen kann. Aber der Fokus liegt angesichts der vom Westen angekündigten Panzerlieferungen auf der Bekämpfung von Kampfpanzern aus sicherer Entfernung.
Außerdem kann der "Marker" auch als Transporter benutzt werden, indem er mit Transportmodulen bestückt wird, um zum Beispiel Nachschub zu schwer erreichbaren Truppenteilen zu bringen. Dabei kann der "Marker" den Transpostcontainer selbständig absetzen oder auch aufnehmen. Es gibt sogar eine Modulvariante, mit der Verwundete aus schwer umkämpften Gebieten sicher abtransportiert werden können. Dazu müssen sie von den Kameraden nur in den entsprechenden Transportbehälter gelegt werden, den Rest übernimmt der Roboter selbständig.
Die Einsatzmöglichkeiten sind aufgrund der lernfähigen Künstlichen Intelligenz (KI) des Roboters fast unbegrenzt. Die Entwickler haben diese Technik ursprünglich für zivile Aufgaben – wie etwa die Rettung von Katastrophenopfern – entwickelt, aber aufgrund der Flexibilität der KI konnte der Roboter kurzfristig problemlos für militärische Einsätze "umgeschult" werden.
Derzeit laufen zwei Prozesse parallel: Einerseits arbeiten die Entwickler an dem "Marker", um zum Beispiel die Freund-Feind-Erkennung so weit wie möglich zu verfeinern und ihm verschiedene Arten von Zielen beizubringen. Andererseits beginnt bereits die Ausbildung von Bedienmannschaften der russischen Armee in der Bedienung des "Marker".
Antrieb
Der modulare Aufbau des "Marker" schließt auch verschiedene Antriebsarten ein. Einerseits gibt es Modelle mit Reifen, wie es uns gezeigt wurde. Aber der "Marker" kann auch wie ein Panzer mit Ketten angetrieben werden.
Bei den Modellen mit Reifen wird jedes der sechs Räder von einem eigenen Elektromotor angetrieben, und jedes der Räder kann separat angesteuert werden, was vor allem dann wichtig wird, wenn einige Räder zum Beispiel durch Beschuss beschädigt sind. Denn auch das ist für den "Marker" kein Problem, er bleibt noch lange beweglich. Übrigens sind die Reifen an dem uns gezeigten Modell nicht die Reifen, die zum Einsatz kommen. Uns wurde eines der Erprobungsmodelle gezeigt, bei dem uns geheim gehaltene Details natürlich nicht gezeigt wurden.
Rund um das Fahrzeug sind verschiedene Kameras angebracht, die dem "Marker" eine 360-Grad-Rundumsicht erlauben, woraus er ein dreidimensionales Bild der Umwelt errechnet.
Angetrieben wird der "Marker" mit einem dieselelektrischen Hybridantrieb, was ihm einen autonomen Einsatz von mehreren Tagen Dauer ermöglicht.
Disclaimer
Der "Marker" wurde von einer privaten Firma entwickelt, die ihn nun an die russische Armee liefern wird. Daher stellt er ein in erster Linie ein Firmengeheimnis und kein Staatsgeheimnis dar, und die Entwickler konnten somit selbst entscheiden, wem sie den Roboter öffentlich präsentieren. Sie haben sich dafür entschieden, ihn zuerst Journalisten eines großen russischen Portals zu präsentieren, das mit der russischen Regierung nichts zu tun hat, sondern vollkommen unabhängig ist. Ursprünglich sollten nur ein Journalist und ein Kameramann des Portals zu der Präsentation eingeladen werden.
Da ich die Kollegen des Portals kenne, sind sie aufgrund der Tatsache, dass Deutschland der Ukraine im Alleingang fast 200 schwere Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 und Leopard 2 liefern will, auf die Idee gekommen, den Vorschlag zu machen, dass ich als deutscher Journalist ebenfalls eingeladen werde, um auf Deutsch über diesen "Leoparden-Killer" zu berichten. So bekam ich vor kurzem die überraschende Einladung, die ich natürlich gern angenommen habe.
Dass ich als erster – noch vor den russischen Kollegen – darüber berichte, liegt daran, dass ich gerade die Nacht durcharbeite, während sie ihr Material heute wohl erst etwas später veröffentlichen werden. Ich habe den Kollegen natürlich gesagt, dass ich das am frühen Morgen veröffentlichen möchte, und sie hatten nichts dagegen, wenn ich es auf Deutsch eine oder zwei Stunden vor ihnen veröffentliche.
Der "Marker" ist dadurch Realität geworden, dass Dmitri Rogosin, der ehemalige Chef der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, die Firma kennt, die ihn entwickelt hat und er die Entwickler auf die Idee gebracht hat, den "Marker" dem Militär anzubieten. So kam es, dass ich an dem Tag auch Rogosin kennengelernt habe und mit ihm ein kurzes, aber interessantes Interview führen konnte. Sobald es übersetzt und mit deutschen Untertiteln versehen ist, werde ich auch dieses Interview veröffentlichen.
Nachtrag: Weil einige Kommentatoren darauf hinweisen, dass es schon Berichte über den "Marker" gegeben hat. Ja, das stimmt, die Hersteller haben schon früher Videos veröffentlicht und gestreut. Und gerade in Russland gab es in letzter Zeit immer wieder Meldungen darüber, aber wir waren nach Angaben der Entwickler tatsächlich die ersten Journalisten, denen das Gerät so nah gezeigt wurde und denen die Entwickler dabei Rede und Antwort standen.
Thomas Röper ist Herausgeber und Blogbetreiber der Webseite Anti-Spiegel. Dieser Artikel wurde zuerst am 22. Februar auf Anti-Spiegel veröffentlicht.
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