Chinas UNO-Botschafter fordert Untersuchung: Vorsatz bei Nord-Stream-Zerstörung "immer deutlicher"

Auch der UNO-Botschafter der Volksrepublik China Zhang Jun fordert angesichts des Mangels an überzeugenden Erklärungen für die Sprengung der Ostsee-Pipelines Nord Stream im September 2022 eine internationale Untersuchung. Demnach sei es höchstwahrscheinlich Vorsatz gewesen, und die Täter müssen schnell gefunden werden.

Laut Zhang Jun, Chinas ständigem Vertreter bei den Vereinten Nationen, werde immer deutlicher, dass die Sabotage der Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 ein vorsätzlicher Akt war. Das sagte der chinesische Diplomat am Dienstag anlässlich der von Russland einberufenen Sitzung des UN-Sicherheitsrats und forderte eine internationale Untersuchung.

"In letzter Zeit haben wir viele Details und relevante Informationen über den Nord Stream-Vorfall gefunden, die alarmierend sind", zitiert die chinesische Agentur Xinhua auf Englisch den UNO-Botschafter ihres Landes.

China begrüßt den von Russland eingebrachten Resolutionsentwurf des UN-Sicherheitsrates und ist demnach der Ansicht, dass es von großer Bedeutung sei, eine internationale Untersuchung der Sabotage von Nord Stream 1 und 2 zu genehmigen. Wegen der Zerstörung der Ostsee-Pipelines, die russisches Erdgas nach Deutschland transportierten, hatte Russland eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats einberufen und eine Resolution in Umlauf gebracht, in der eine dringende Untersuchung durch die UNO gefordert wird.

"Angesichts solch detaillierten Materials und umfassender Beweise reicht eine einfache Erklärung wie 'völlig falsch und frei erfunden' offensichtlich nicht aus, um die vielen Fragen und Bedenken zu beantworten, die weltweit aufgeworfen wurden", sagte Zhang Jun mit Bezug auf das Briefing des Sicherheitsrates vom Dienstag zu dem Thema. "Einen Weg zu finden, sich vor der heutigen Sitzung zu drücken, bedeutet nicht, dass die Wahrheit verschwiegen werden kann."

"Wir erwarten überzeugende Erklärungen von den betroffenen Parteien. Eine solche Forderung ist völlig legitim und vernünftig."

Denn laut Zhang werde immer deutlicher, dass das, was mit den Pipelines Nord Stream 1 und 2 passiert ist, keineswegs ein Unfall war, sondern vielmehr ein vorsätzlicher Akt. "Angesichts der physikalischen Gegebenheiten ist es schwer vorstellbar, dass ein nichtstaatlicher Akteur in der Lage wäre, eine solche Zerstörung allein durchzuführen", erklärte der chinesische UNO-Botschafter.

Der russische Entwurf forderte den UNO-Generalsekretär António Guterres auf, dringend eine unabhängige internationale Untersuchung des Sabotageakts einzuleiten, um "die Täter, Sponsoren, Organisatoren und Komplizen" zu ermitteln. Zudem wird im russischen Resolutionsentwurf die ernste Besorgnis über die zugleich "verheerenden Folgen für die Umwelt" durch die Sabotageakte betont, die im Übrigen auch "eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit darstellen". Bei dem Anschlag wurden schätzungsweise 778 Millionen Kubikmeter Methan freigesetzt – das ist der bisher größte menschengemachte Ausstoß des gefährlichen Treibhausgases.

Auch Zhang betonte die globale Dimension des Vorfalls: "Im Zeitalter der Globalisierung, in dem die Zusammenarbeit zwischen den Ländern in den Bereichen Energie, Verkehr und Kommunikation immer enger wird und sich grenzüberschreitende Bauvorhaben über Kontinente und Ozeane erstrecken, ist jede vorsätzliche Sabotage grenzüberschreitender Infrastruktur ein böswilliger Akt." Deshalb müsse man die Verantwortlichen ermitteln, da ansonsten ein falsches Signal an diejenigen ausgehe, die böse Absichten haben, da sie glauben könnten, dass man ungestraft davonkommen könne.

"Der Nord Stream-Vorfall erinnert uns daran, dass die Sicherheitsbedrohungen in der modernen Welt zunehmend miteinander verbunden, grenzüberschreitend und vielfältig sind. Dies erfordert ein gemeinsames, umfassendes, kooperatives und nachhaltiges Sicherheitskonzept und konzertierte Anstrengungen, um verschiedene Wege zu erkunden und eine ganzheitliche Lösung für die verschiedenen Sicherheitsherausforderungen zu entwickeln", begründete Zhang die Haltung Chinas.

Eine objektive, unparteiische und professionelle Untersuchung diene nicht nur der Aufklärung dieses Vorfalls selbst, sondern auch der Sicherheit der globalen grenzüberschreitenden Infrastruktur. China würde mit allen Parteien zusammenzuarbeiten, um die zentrale Rolle der Vereinten Nationen im Bereich der Sicherheitspolitik nachdrücklich zu unterstützen.

Im Vorfeld der UN-Sicherheitsratssitzung am Dienstag erklärten die Botschafter Dänemarks, Schwedens und Deutschlands in einem Schreiben an alle Sicherheitsratsmitglieder, auch ihre eigenen Untersuchungen hätten ergeben, dass die Pipelines "durch starke Explosionen aufgrund von Sabotage" erheblich "beschädigt" worden seien.

Alle drei Staaten bekräftigten darin, dass Sabotageakte gegen die Pipelines "inakzeptabel sind, die internationale Sicherheit gefährden und Anlass zu großer Sorge geben". Die Besorgnis über die indirekten Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen sei ebenfalls "erheblich und besorgniserregend", heißt es in dem Schreiben. In Deutschland hat die Bundesanwaltschaft strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, um festzustellen, ob der Straftatbestand der Verfassungsfeindlichen Sabotage nach Paragraph 88 des Strafgesetzbuches erfüllt ist. In allen drei Ländern würden der Erklärung nach weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Bisher sei unklar, wann Ergebnisse vorliegen könnten.

Schon auf einer früheren Sitzung des UN-Sicherheitsrates im vergangenen September forderten viele Länder eine internationale Untersuchung des Vorfalls. Wie Zhang nun betonte, unterstützt China eine Beschleunigung der Untersuchung, um die Wahrheit schnell herauszufinden. Chinas ranghöchster Diplomat, Wang Yi, hat kürzlich darauf verwiesen, dass die Schlagzeilen der US-Medien ausgerechnet in den Tagen nach dem Bericht des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Enthüllungsjournalisten Seymour Hersh über eine verdeckte US-Operation zur Sprengung der russischen Nord-Stream-Gaspipelines von UFO-Erscheinungen beherrscht wurden. Hersh veröffentlichte Anfang Februar seine Recherche, in der er unter Bezugnahme auf nicht namentlich genannte Geheimdienstquellen beschrieb, wie die USA und Norwegen im vergangenen September die Pipelines sprengten. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der Vereinigten Staaten bezeichnete diesen Bericht als "völlig falsch und frei erfunden", während auch die CIA und das norwegische Außenministerium den Inhalt der Recherchen von Seymour Hersh als "völlig falsch" darstellten. Auch die US-Regierung bezeichnete die Enthüllungen als falsch. Am Mittwoch fand in Moskau ein Treffen von Wang Yi mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin statt.

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