Eine Analyse von Daria Vavilina
Die BRICS haben mit der Arbeit an einem Erweiterungskonzept begonnen. Innerhalb der nächsten drei Monate will die Gruppe die entsprechenden Grundprinzipien entwickeln. Eines der potenziellen neuen Mitglieder ist Ägypten, dessen derzeitige wirtschaftliche Lage der Regierung des Landes zusätzlichen Ansporn gibt, neue Lösungen zu finden und die Zusammenarbeit und Annäherung mit den BRICS-Ländern, die einen großen Anteil an der Weltwirtschaft haben, auszuweiten.
Aus der Krise kommen
Das ägyptische Pfund ist im vergangenen Jahr um 40 Prozent gegenüber dem Dollar eingebrochen und wird auch 2023 weiter an Wert verlieren. Am 11. Januar fiel es auf einen historischen Tiefststand; seit März 2022 verlor es gegenüber dem Dollar mehr als 80 Prozent an Wert. Damit gehört es zu den Währungen mit der schlechtesten Performance unter den Schwellenländern. Ein neuer Negativ-Rekord wurde letzte Woche aufgestellt, als die ägyptische Verbraucherinflation binnen eines Jahres von 21,3 Prozent im Dezember 2022 auf 25,8 Prozent im Januar 2023 anstieg – den höchsten Wert seit mehr als fünf Jahren.
Der Absturz der Landeswährung begann im März letzten Jahres und ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Die Zentralbank des Landes beschloss, im Rahmen einer Vereinbarung mit dem IWF, der dem Land das vierte Darlehen innerhalb von sechs Jahren gewährte, zu einem flexibleren Wechselkurssystem überzugehen. Ebenso hat die Ukraine-Krise ihren Tribut gefordert: Internationale Investoren zogen 22 Milliarden Dollar aus dem Markt für Staatsschulden ab, auch der Tourismussektor hat gelitten. Ägyptens Wirtschaft ist von Importen abhängig, für die das Land angesichts der weltweiten Krise immer mehr bezahlen muss. Um die knappen Dollar-Devisen zu schonen, hat die ägyptische Regierung die Importeure um eine andere Form der Bezahlung (Akkreditive) gebeten, was zu einer Nachfrage nach Devisen auf dem Schwarzmarkt und zu einer Anhäufung von Waren in den Häfen geführt hat. In diesem Umfeld sucht die ägyptische Regierung verzweifelt nach Möglichkeiten, seine Wirtschaft zu stützen, die Dollarabflüsse einzudämmen und den Druck auf den Devisenmarkt zu verringern. Der Beitritt zu den BRICS-Staaten wird von der Regierung als eine der Lösungen auf dem Weg aus der Krise angesehen.
Breite Unterstützung
Ägypten zeigt seit vielen Jahren ein entschiedenes Interesse an den BRICS als neuem multilateralen Kooperationsformat. Präsident Abd al-Fattah as-Sisi nahm in den Jahren 2017 und 2022 an zwei Gipfeltreffen teil und erklärte auf dem ersten Treffen, Kairo sei bereit, die Zusammenarbeit im Rahmen der Gruppe voll zu unterstützen. Im vergangenen Dezember bekundete die ägyptische Regierung ihr Interesse an einem Beitritt zu den BRICS.
Der fast abgeschlossene Beitritt Ägyptens zur Neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS kann als erster Schritt in diese Richtung betrachtet werden. Ägyptische Wirtschafts- und Regierungskreise sehen diesen Schritt als Beweis für das wachsende Vertrauen internationaler Institutionen in die Wirtschaft des Landes. Sie glauben auch, dass die NDB und der anschließende Beitritt zur BRICS Kairo bei der Umsetzung seiner Pläne für eine nachhaltige Entwicklung und seine nationalen Projekte helfen wird. "Der Beitritt Ägyptens zur NDB erweitert die Zusammenarbeit in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr, saubere Energie und digitale Technologie. Die Verfügbarkeit von internationalem Fachwissen kann Ägypten dabei helfen, seinen Finanzierungsbedarf im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik des Landes zu decken, die darauf abzielt, das BIP zu steigern und neue Arbeitsplätze zu schaffen", so Mustafa Abu Zeid, Direktor des ägyptischen Zentrums für wirtschaftliche und strategische Studien.
Daher sind sich die Experten einig, dass der Beitritt zur NDB der ägyptischen Wirtschaft einen Neuanfang auf ihrem Weg zur Integration in wichtige Wirtschaftsblöcke mit großer internationaler Wirkung ermöglichen könnte.
Beiderseitig vorteilhafter Zahlungsverkehr
Vor dem Hintergrund des beispiellosen Verfalls des ägyptischen Pfunds ist die Aussicht auf eine einheitliche BRICS-Währung und die Möglichkeit des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedsländern in nationalen Währungen für das Land von besonderem Interesse. "Die Vereinbarung, der NDB beizutreten, zielt darauf ab, die Nachfrage nach dem Dollar zu verringern und eröffnet neue Horizonte für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit einem großen Wirtschaftsblock wie den BRICS", so der ägyptische Abgeordnete Mirwat Matar.
Was den Zahlungsverkehr betrifft, so ist Ägypten in erster Linie daran interessiert, dass dieser Mechanismus bei Handelsgeschäften mit Russland zum Einsatz kommt. Erstens, weil Russland (neben der Ukraine) der Hauptlieferant von Getreide für die arabische Republik ist. Zweitens verzeichnet der Gesamthandel zwischen den beiden Ländern ein starkes Wachstum und wird im Jahr 2022 etwa sechs Milliarden Dollar erreichen.
Ägyptische Wirtschaftsexperten haben positiv auf die Entscheidung reagiert, das Ägyptische Pfund in die Liste der ausländischen Währungen aufzunehmen, deren Wechselkurse gegenüber dem Rubel von der russischen Zentralbank festgelegt werden. Der Wirtschaftskolumnist der größten ägyptischen Zeitung Al-Ahram, Ahmed Musa, ist der Ansicht, dass die Entscheidung ein wichtiger Schritt hin zur Verwendung des Rubels im Zahlungsverkehr zwischen Kairo und Moskau ist und den bilateralen Handelsbeziehungen einen zusätzlichen Impuls verleihen wird. Der Experte ist überzeugt, dass "es an der Zeit ist, die Vorherrschaft des Dollars bei den Importen nach Ägypten zu brechen, die sich auf etwa 80 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen". "Diese Abhängigkeit von der US-Währung hat zusammen mit den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie und des Konflikts in der Ukraine zu der derzeitigen Wirtschaftskrise, der erhöhten Inflation und den steigenden Preisen in vielen Ländern, darunter auch Ägypten, geführt", erklärte der Al-Ahram-Kolumnist.
Vor allem Berichte über eine mögliche Umstellung auf die Bezahlung von Getreidelieferungen aus Russland in Rubel wurden in Ägypten begrüßt. Yumna al-Hamaki, Wirtschaftsprofessorin an der Kairoer Ain Shams Universität, sagte, dieser Schritt "würde den erwarteten wirtschaftlichen Durchbruch bringen".
Übersetzung aus dem Russischen von Thomas Röper.
Zuerst veröffentlicht bei TASS.
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