Medien: Kiew und London besprechen Pläne zur Produktion britischer Waffen in der Ukraine

Großbritannien befindet sich in einem "Wettlauf" mit der EU, beim Start der Produktion militärischer Ausrüstung in der Ukraine. Dies berichtet eine Quelle der Zeitung "The Daily Telegraph". Experten haben darauf hingewiesen, dass derlei Maßnahmen Kiew näher an die NATO-Standards bringen würden.

Die Ukraine könnte eine gemeinsame Produktion von Militärausrüstung und Waffen in Lizenz mit dem Vereinigten Königreich einrichten. Solche Pläne hätten hochrangige Vertreter der Verteidigungsindustrie beider Länder erörtert, zitiert die Zeitung The Daily Telegraph seine Quellen.

Verteidigungsunternehmen aus anderen europäischen Ländern führten ebenfalls entsprechende Gespräche mit der Ukraine, aber das Land sei bereits von britischen Vertretern besucht worden, die vermeiden wollten, von Konkurrenten aus Deutschland und Frankreich überholt zu werden. Einer der Gesprächspartner der Zeitung bezeichnete das Geschehen als "Wettlauf" um die Vormachtstellung Londons in der Frage der Waffenproduktion in der Ukraine.

Das Büro des britischen Premierministers und das Verteidigungsministerium des Vereinigten Königreiches lehnten eine Stellungnahme ab und verwiesen in der Frage auf die Industriellen.

Trotz der kommerziellen Komponente eines solchen Abkommens würde es "zumindest eine stillschweigende politische Zustimmung" erfordern, so Ed Arnold, Forschungsstipendiat des Think Tanks "Royal United Services Institute" und ehemaliger NATO-Offizier, gegenüber der Zeitung. Sollten die Pläne umgesetzt werden, würde dies die Ukraine näher an die NATO und die europäischen Sicherheitsstrukturen heranführen sowie die Beziehungen zwischen London und Kiew auf ein bisher unerreichtes Niveau heben, sagte er.

Die ukrainische Rüstungsindustrie konzentrierte sich bislang in erster Linie auf die Herstellung und Wartung von Technologie aus der Sowjetzeit oder einheimischer Technologie. Seit der Unabhängigkeit leidet sie unter fehlenden Investitionen, Korruption, ins Stocken geratenen Reformen und anderen Problemen, so James Black, Experte für militärische Beschaffung bei der Rand Corporation.

The Telegraph erinnert daran, dass die Ukraine zu Sowjetzeiten ein Hightech-Zentrum der Rüstungsproduktion war und die Stadt Dnjepr für seine Raketenindustrie, Raumfahrttechnik und die Entwicklung von Interkontinentalraketen bekannt war.

Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij besuchte Anfang Februar das Vereinigte Königreich. Dabei überreichte er dem Sprecher des Unterhauses, Lindsay Hoyle, einen Fliegerhelm mit der Aufschrift: "Wir haben die Freiheit, gebt uns Flügel, um sie zu verteidigen." Auch traf er mit König Charles III., Abgeordneten und dem Premierminister Rishi Sunak zusammen. Er besuchte darüber hinaus ein Ausbildungslager, wo das ukrainische Militär trainiert wird.

Die ukrainischen Behörden behaupteten, die Intensität der Kämpfe habe die Munitionsvorräte erschöpft, sodass die ukrainischen Streitkräfte Anfang Februar über "fast keine" Munition mehr verfügten. Nach Angaben der Financial Times produzieren ukrainische Fabriken täglich so viele Granaten wie ein kleines europäisches Land in Friedenszeiten in einem Jahr – 5.000 bis 6.000 Granaten. Die europäischen Hersteller haben indes Probleme, die gestiegene Nachfrage zu befriedigen, und müssen dringend ihre Fabriken erweitern, so die Zeitung.

Die russischen Behörden kritisierten die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und bezeichneten die Praxis als ein "Aufpumpen" der militärischen Kräfte. Sie warnten, dass die Ukraine in dieser Hinsicht mit "negativen Konsequenzen" zu rechnen habe.

Mehr zum Thema - Der Westen pumpt die Ukraine mit Waffen voll: Welche Wirkung haben sie?