Der deutsche und der französische Wirtschaftsminister sind am Montag nach Washington geflogen. Robert Habeck und Bruno Le Maire wollen dort die Konsequenzen des milliardenschweren US-amerikanischen Subventionsprogrammes für grüne Technologien "Inflation Reduction Act" (IRA) für Europa "entschärfen", wie das Handelsblatt berichtet.
Laut einer Beraterin Le Maires gehe es darum, "faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den USA und der EU zu verteidigen." Das sogenannte "Klimaschutz-Subventionsprogramm" ist aus europäischer Sicht vor allem wegen seiner protektionistischen Regeln ein Hindernis für die EU als Exporteur. Bei vielen Subventionen gelten "Local-Content"-Vorschriften. Das sind Vorgaben, die beinhalten, dass "wesentliche Vorleistungsteile" aus den USA stammen müssen, um die volle Förderung zu erhalten.
Vor allem die Auto-Endmontage und Batterieproduktion sind davon betroffen – beides Eckpfeiler der deutschen und französischen Industrie. Habeck und Le Maire formulierten bereits Ende 2022 ein Papier mit deutlicher Ansage gegenüber Washington:
"Wir fordern eine EU-Industriepolitik, die unsere Unternehmen in die Lage versetzt, im globalen Wettbewerb zu bestehen, insbesondere durch technologische Führerschaft."
Das beinhalte steuerliche Vergünstigungen für europäische Unternehmen, besonders in den Bereichen Digitalisierung und erneuerbare Energien. Habeck und Le Maire führen offenbar schon seit längerem Gespräche über die Folgen der US-Subventionspolitik, daher auch die gemeinsame Reise.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hingegen befürchtet einen Subventionswettlauf und würde lieber einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA sehen. Beide Seiten müssten sicherstellen, dass die nächsten Schritte nicht zu einem Handelskonflikt führen. Denn ein Subventionswettlauf werde unnötig teuer für die Steuerzahler – vor allem für die Deutschen. Kritik an dem Vorgehen der beiden Wirtschaftsminister kommt zum Teil auch aus der EU: Deutschland und Frankreich, so heißt es, wollten in Washington vor allem die Interessen ihrer Autokonzerne vertreten – nicht die vermeintlich gemeinsamen Interessen Europas. Ein EU-Diplomat sagte diesbezüglich:
"Es gilt der alte Grundsatz: Folge dem Geld. [...] Wer lobbyiert in Brüssel denn am hartnäckigsten wegen des IRA? Die großen deutschen Autokonzerne und der französische Autobauer Renault."
Der Start der EU in ein Subventionsrennen mit den USA bedeute einen "Wohlstandstransfer" von den europäischen Steuerzahlern auf die Konten der Großkonzerne. Daher will Habeck nun Gespräche in den USA führen. Tanja Gönner vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) betont: "Miteinander zu reden, ist immer schon mal ein erster wichtiger Schritt." Sie setzt darauf, dass die US-Regierung in der Umsetzung ihres Förderprogramms auf "Diskriminierungen verzichtet". Und sie hofft:
"Dass eben nicht dieses klassische 'buy American' gilt, sondern die Frage: Was leitet uns gemeinsam? Nämlich ein freier Handel ... Dass dem Rechnung getragen wird."
Fraglich scheint, inwieweit diese "Hoffnungen" berechtigt sind und in Washington Gehör finden. Zuletzt hatten bereits einige deutsche DAX-Schwergewichte wie der Chemieriese BASF angekündigt, einen Teil ihrer Produktion in die USA auszulagern – nicht zuletzt auch wegen der deutlich geringeren Energiepreise dort.
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