Von Seyed Alireza Mousavi
Nach den Luftangriffen von bisher nicht identifizierten Mini-Drohnen auf eine militärische Einrichtung in der iranischen Stadt Isfahan berichteten mehrere US-amerikanische Medien unter Berufung auf Geheimdienstmitarbeiter, dass der Angriff in der Nacht zu Sonntag von Israel ausgegangen sei. Der Sprecher des Pentagons sagte allerdings, dass US-amerikanische Kräfte nicht an der Operation beteiligt gewesen seien. Israelische Behörden kommentierten die US-Medienberichte über eine israelische Urheberschaft der Attacke nicht.
Sollte Israel hinter den Drohnenangriffen in Isfahan stecken, so handelt es sich um die erste derartige Attacke, seit Benjamin Netanjahu Ende Dezember wieder das Amt des Ministerpräsidenten übernommen hat. Allerdings ging der Angriff schief, da die iranische Luftverteidigung eine der Drohnen zerstörte und zwei andere explodierten, bevor sie das Ziel erreichen konnten. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian bezeichnete den Angriff als "feige" und zugleich "lächerlich". Der iranischen Agentur IRNA zufolge soll es sich bei den Drohnen um Quadrocopter gehandelt haben.
Der Angriff ist im Kontext des Schattenkrieges zwischen Teheran und Tel Aviv zu analysieren. Derzeit stürzt Israel in eine schwere Staatskrise: Während eine neue Anschlagsserie das Land erschüttert, protestieren Zehntausende Israelis seit vier Wochen gegen die neue Regierung von Ministerpräsident Netanjahu. Iran und Israel befinden sich seit Langem in einem unerklärten Krieg, der auch verdeckte Angriffe auf Militäranlagen umfasst. Nachdem die jüngsten Unruhestiftungen in Iran gescheitert waren, ist zu erwarten gewesen, dass Israel auf Angriffsaktionen und Sabotageversuche zurückgreifen wird. Hinzu kommt, dass Netanjahu versucht, von der Krise zuhause abzulenken, indem er den Schattenkrieg mit Iran wieder hochtreibt.
Der jüngste Angriff nahm allerdings ein neues Ausmaß an, nachdem das Regime in Kiew eine Verbindung zum Ukraine-Krieg hergestellt hatte – bei dem Russland mutmaßlich iranische Waffen einsetzt. Mit Schadenfreude twitterte der ukrainische Präsidentenberater Michail Podoljak: "Explosive Nacht in Iran – Drohnen- und Raketenproduktion, Ölraffinerien. Haben euch gewarnt." Podoljak hatte unlängst die westlichen Länder dazu aufgerufen, iranische Waffenfabriken ins Visier zu nehmen, da Teheran angeblich Waffen an Russland liefere. Als Reaktion lud Iran den höchsten Vertreter der Ukraine im Land zu einer Stellungnahme ins Außenministerium vor.
Podoljaks Äußerungen erfolgten in einer Zeit, in der die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten, die das Regime in Kiew vollständig mit Waffen vollgepumpt haben, wiederholt behaupten, Teheran stelle Moskau Drohnen und Raketen für den Krieg zur Verfügung.
Dass die Ukraine für den Drohnenangriff verantwortlich zeichnet, gilt als sehr unwahrscheinlich. Iran scheint seine Haltung zum Ukraine-Krieg jedoch ändern zu wollen, nachdem die Regierung in Kiew implizit die Mitverantwortung für den vereitelten Drohnenangriff in Isfahan übernommen hatte. Iran steht dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine bislang neutral gegenüber, obwohl Teheran mehrfach erklärt hat, dass die USA und die NATO durch ihre provokanten Handlungen für den Ukraine-Krieg verantwortlich seien. Nun zeichnet sich eine neue Position Irans ab. Ein nicht namentlich genannter iranischer Sicherheitsbeamter erklärte, dass Iran eine Änderung seiner Strategie im Ukraine-Krieg nach Kiews "feindseligen Kommentaren" zum Angriff auf Isfahan erwäge, hieß es in der dem Nationalen Sicherheitsrat Irans (SNSC) nahestehenden Nachrichtenagentur Nour News.
Israel hat sich mit militärischer Unterstützung für die Ukraine trotz Drucks aus dem Westen bislang zurückgehalten, da es Russland im Syrien-Konflikt nicht direkt konfrontieren will. Russland verurteilte am Montag den Drohnenangriff auf die Militärfabrik in Iran auf das Schärfste und warnte vor "provokativen" Aktionen. Die USA arbeiten intensiv daran, eine geschlossene Allianz gegen Russland zu schmieden, indem sie dessen Verbündete wie Iran als Kriegspartei darstellen und durch ihre Marionettenregime in Kiew provozieren. Damit wird der regional begrenzte Konflikt zwischen Israel und Iran jedoch eine globale Dimension annehmen und wiederum große Mächte zur Positionierung bei diesem unerklärten Krieg zwischen Teheran und Tel Aviv zwingen.
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