Hinter Jamaika – Meinungsfreiheit im Vereinigten Königreich und USA laut Index bedroht

Laut der Organisation "Index on Censorship" ist die Meinungsfreiheit weltweit zunehmend bedroht. Gemessen werden mehrere Faktoren. Die USA und das Vereinigte Königreich rutschten in eine Kategorie mit Botswana und Namibia, hinter Chile und Jamaika.

In der von "Index on Censorship" erstellten globalen Rangliste zur Meinungsfreiheit ist Großbritannien hinter Chile, Israel und Jamaika gelandet, wie die britische Zeitung The Guardian berichtet. Die Organisation hat das Land demnach auf der Grundlage von Daten aus Quellen wie dem Weltindex für Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen und der UNESCO-Beobachtungsstelle für getötete Journalisten für das Jahr 2021 in allen wichtigen Bereichen – akademische, digitale und Medienfreiheit – als nur "teilweise offen" eingestuft.

Ruth Anderson, die Geschäftsführerin von Index, zeigte sich überrascht, dass das Vereinigte Königreich so weit hinter Ländern wie Australien, Irland und anderen westeuropäischen Staaten rangiert.

Zuletzt gab es in dem Land, deren Regierung sich dennoch gern als demokratischer Vorreiter gibt, eine Debatte über eine zunehmend bedenkliche Haltung Londons zum Recht auf Streik oder Protest und der Überprüfung des Schutzes von Journalisten bei der Veröffentlichung von Berichten von Informanten über die nationale Sicherheit.

Auch der brisante Fall des weltweit bekannten WikiLeaks-Gründers Julian Assange hat das Land in der Rangliste nach hinten rutschen lassen. Der Oberste Gerichtshof hatte Assanges Auslieferung an die USA 2021 genehmigt, eine Entscheidung, die nach Einschätzung des UN-Sonderberichterstatters Nils Melzer einem Todesurteil gleichkommt und von Reportern ohne Grenzen stark kritisiert wird:

"Diese und andere Fragen deuten auf einen Rückschritt für ein Land hin, das sich lange Zeit als eine Bastion der Meinungsfreiheit gesehen hat", sagte Anderson dem Guardian. "Selbst in den letzten Tagen haben wir gesehen, dass Nadhim Zahawi [Vorsitzender der Konservativen Partei] rechtliche Schritte eingeleitet hat, um Journalisten zum Schweigen zu bringen, die über seine Steuerangelegenheiten berichten wollten."

Weitere Faktoren, die die Platzierung des Vereinigten Königreichs verschlechterten, waren die Verhinderung von Auskünften gegenüber der Öffentlichkeit im Rahmen des Gesetzes über die Informationsfreiheit (Freedom of Information Act – FOI) seitens des britischen Kabinettsbüros, eine Schwächung der FOI-Rechte in Schottland und die Behandlung von Journalisten in Nordirland, die von der Ermordung von Lyra McKee bis hin zu Polizeirazzien in den Wohnungen von Reportern reicht.

Die Rangliste wurde in diesem Jahr mit Hilfe von Modellierungstechniken und Experten für maschinelles Lernen von der Liverpool John Moores University erstellt. Für jedes Land wurden vier Ranglisten erstellt: eine Gesamtbewertung sowie Ranglisten für jede einzelnen Bereich: akademische, digitale und Medien-/Pressefreiheit. Auf der Grundlage der Bewertung in Bezug auf alle Variablen wurden die Länder in Gruppen zusammengefasst und dann in Dezile von "offen" über "teilweise eingeschränkt" bis "geschlossen" eingeteilt.

Index on Censorship stand jedoch selbst bereits in der Kritik, da die Organisation unter anderem Geld von der umstrittenen US-amerikanischen Stiftung "National Endowment for Democracy (NED)" erhielt.

Die Kategorien erscheinen teils relativ weit gefasst. Die höchste Gesamtwertung haben Länder wie Australien, Österreich, Belgien, Finnland, Deutschland, Irland, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Schweden und die Schweiz. Unter den am schlechtesten abschneidenden, den sogenannten "geschlossenen Ländern" befinden sich Bahrain, Birma/Myanmar, Nordkorea, Saudi-Arabien, Südsudan, Turkmenistan, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jemen und China.

Doch laut der Organisation ist die Meinungsfreiheit weltweit zunehmend bedroht. "Oppositionsführer, Journalisten, Demonstranten, Pädagogen, Künstler und Aktivisten werden mit Zensur, Verhaftung, Inhaftierung und sogar Gewaltandrohung verfolgt."

Während die jeweiligen Kriege in Afghanistan, Irak, Südsudan und Syrien zu Einschränkungen geführt hätten, sei die freie Meinungsäußerung auch im Vereinigten Königreich und den USA in nie da gewesener Weise bedroht. Beide, das Vereinigte Königreich und die USA wurden in einer Kategorie zusammen mit Ländern wie Moldawien, Panama, Rumänien und Südafrika als "teilweise offen" eingestuft.

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