Auf den Tag genau vor 70 Jahren, am 14. Januar 1953, wurde der legendäre kommunistische Partisanenführer Josip Broz Tito zum ersten Präsidenten der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien gewählt.
Der am 7. Mai 1892 im damals zu Österreich-Ungarn gehörenden Königreich Kroatien und Slawonien geborene Politiker absolvierte eine Schlosserlehre und trat 1910 der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens und Slawoniens bei. Im Ersten Weltkrieg arbeitete er sich vom einfachen Artilleriesoldaten zum Feldwebel hoch und geriet 1915 in russische Kriegsgefangenschaft, die er an der Wolga und am Ural verbrachte. Im Februar 1917 entlassen, beteiligte er sich am Revolutionsgeschehen in Sankt Petersburg, wurde Zeuge der Oktoberrevolution, trat der Roten Armee bei und kämpfte aufseiten der Bolschewiki im Russischen Bürgerkrieg.
Zurück in seiner Heimat schloss er sich in den Zwanzigerjahren der verbotenen Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) an. Wegen politischer Agitation mehrmals inhaftiert, wurde er zuletzt am 4. August 1928 verhaftet, wobei in der Wohnung, in der er Unterschlupf gefunden hatte, Bomben gefunden wurden. Im sogenannten Bomber-Prozess wurde er 1928 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, die er bis 1934 absaß. Die Gefängniszeit nutzte er, um sich zu bilden. 1934 gab er sich auch den Kampfnamen Tito.
Während des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung Jugoslawiens lebte Tito im konspirativen Untergrund. Den kommunistischen Partisanen Jugoslawiens gelang es unter seiner Führung, sich gegen die Besatzer und die mit ihnen verbündete faschistische Ustascha-Bewegung aus Kroatien durchzusetzen. Die Volksbefreiungsarmee (Narodnooslobodilačka vojska/armija), wie die Partisanen sich nannten, konnte sich als politisch einflussreichste Gruppe etablieren. Während des Widerstandskampfes wurde Tito zum Marschall ernannt und stand ab dem 29. November 1943 an der Spitze des Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung (AVNOJ), der eine provisorische Regierung bildete und weite Teile des besetzten Landes kontrollierte. Seit Ende 1944 übte der Antifaschistische Rat die Macht in ganz Jugoslawien aus.
Nach Kriegsende ließ sich Tito in einer Volksbefragung den Machterhalt bestätigen. Am 29. November 1945 wurde er Ministerpräsident der Volksrepublik Jugoslawien. Bis 1953 betrieb er mithilfe der Nationalen Volksbefreiungsfront und der KPJ die Umwandlung Jugoslawiens in einen sozialistischen Staat. Dabei traten aufgrund unterschiedlicher theoretischer und praktischer Auffassungen Divergenzen zu Josef Stalin auf. Jugoslawien nahm für sich in Anspruch, einen eigenen Weg zum Sozialismus zu gehen, der im Kern ein gewisses Maß an Selbstverwaltung der Betriebe und marktwirtschaftliche Elemente vorsah. Dieser sogenannte Titoismus führte 1948 zum offenen Bruch zwischen Tito und Stalin.
Erst nach Stalins Tod normalisierten sich die sowjetisch-jugoslawischen Beziehungen wieder, wobei es innen- und außenpolitisch stets beim jugoslawischen Sonderweg blieb. Jugoslawien trat nie dem Warschauer Verteidigungsbündnis oder dem Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe bei und führte die Bewegung der Blockfreien Staaten an. Jugoslawische Bürger genossen in der gesamten Zeit des Bestehens Jugoslawiens Rechte wie Reisefreiheit in den Westen und ein höheres Lebensniveau als in der Sowjetunion.
Tito starb am 4. Mai 1980, womit eine der längsten Amtszeiten in der sozialistischen Welt endete. Sein Vermächtnis, die Einheit der jugoslawischen Völker, die Tito zeitlebens verteidigt und als Voraussetzung für das Blühen jedes einzelnen dieser Völker angesehen hatte, hielt nach seinem Tod nur noch ein Jahrzehnt.
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