Der russische Präsident Wladimir Putin wird den Vorschlag des Duma-Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin, ausgewanderte Russen, die aus dem Ausland die russischen Maßnahmen in der Ukraine kritisieren, zu enteignen, nicht unterstützen. Es bedürfe zuerst einer klaren Abgrenzung zwischen kriminellem Landesverrat und zulässiger staatsbürgerlicher Kritik, bevor so weitreichende Sanktionen beschlossen werden könnten, sagte der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow am Freitag zu Journalisten:
"Dies ist ein sehr schwieriges Thema, das in unserer Zeit sicherlich relevant ist, aber wir können hier nicht, sagen wir, die Büchse der Pandora öffnen. Feinde sind Feinde, gegen sie muss vorgegangen werden, aber alle anderen – sie sind unsere Bürger und müssen unsere Bürger bleiben."
Im Gegenteil, fuhr Peskow fort, müssen die staatlichen Anstrengungen darauf gerichtet sein, dass die Ausgewanderten, die trotz Meinungsverschiedenheiten nicht als Staatsfeinde gelten können, in das Land zurückkehren.
Putin selbst hatte schon zuvor gesagt, dass es unterschiedliche Beweggründe für die Ausreisen gebe – und damit angedeutet, dass er eine pauschale Bestrafung nicht unterstützt.
Der russische Parlamentschef Wolodin hatte zuvor die Enteignung ausgewanderter Bürger, die das russische Vorgehen in der Ukraine kritisieren, vorgeschlagen. Ihm zufolge halten es einige Russen für möglich, "Russland, seine Einwohner, Soldaten und Offiziere zu beleidigen und Schurken, Nazis und Mörder offen zu unterstützen".
"Solche Äußerungen können als Aufrufe zum Extremismus, zur Rehabilitierung des Nationalsozialismus oder zur Diskreditierung der Armee gewertet werden", schrieb Wolodin am Freitag auf Telegram.
Die Praxis habe gezeigt, dass die bestehenden Reaktionsmöglichkeiten nicht ausreichen. Unter denen, die das Land verlassen haben und die Regierung kritisieren, gibt es laut Wolodin auch Menschen, die auf Kosten russischer Bürger leben. Daher sollte in das Strafgesetzbuch ein Paragraf für die Beschlagnahme von Eigentum jener Russen aufgenommen werden, die im Ausland ihre Heimat beleidigen.
Die Staatsduma nimmt nach den Winterferien ihre Arbeit nächste Woche wieder auf. Wolodin hatte in der Vergangenheit wiederholt Initiativen vorgebracht, die regierungskritische Bürger betreffen. So schlug er vor, Fahrzeuge jener Menschen zu beschlagnahmen, die vor der Mobilmachung geflohen und gezwungen gewesen waren, ihre Autos an der Grenze zurückzulassen.
Der Leiter des Komitees für Verfassungsgesetzgebung Andrei Klischas teilte der Nachrichtenagentur TASS mit, dass die Beschlagnahme von Eigentum wegen Beleidigung der Streitkräfte möglich sei, dafür seien allerdings Änderungen im Strafgesetzbuch notwendig.
Nach Kriegsbeginn und vor allem nach Beginn der Mobilmachung im Herbst waren einige Tausend Russen ins Ausland geflohen. Einige davon kritisieren offen Russlands Vorgehen in der Ukraine.
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