US-Präsident Joe Biden habe sich wahrscheinlich mit mehr geheimen Dokumenten davongemacht als viele Whistleblower, aber im Gegensatz zu ihnen werde er damit durchkommen, meinte der Whistleblower und ehemalige Mitarbeiter der US-Geheimdienste CIA und NSA Edward Snowden.
In einer Reihe von Tweets kommentierte der Whistleblower die jüngste Kontroverse um sensible Unterlagen aus der Ära des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, die von Bidens Anwälten in seinem Büro als damaliger Vizepräsident entdeckt wurden. Das Weiße Haus hat den Vorfall eingeräumt, und das US-Justizministerium untersucht derzeit die Angelegenheit. Snowden äußerte sich zum Thema am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit den Worten:
"Es ist bemerkenswert, dass sich der Präsident mit mehr geheimen Dokumenten davongemacht zu haben scheint als viele Whistleblower."
Snowden verglich die Situation mit dem Fall von Reality Winner, die "für nur ein Dokument zu fünf Jahren verurteilt wurde". Die ehemalige Übersetzerin beim US-Auslandsgeheimdienst NSA war 2018 verurteilt worden, da sie einen Bericht über eine angebliche russische Einmischung in die US-Wahlen 2016 geleakt hatte. Snowden fügte hinzu: "Währenddessen haben Biden, Trump, Clinton, Petraeus ... diese Leute Dutzende, Hunderte [von Unterlagen]. Kein Gefängnis." Der Whistleblower fuhr fort:
"Der eigentliche Skandal ist nicht, dass Biden geheime Dokumente aus seinen Socken hervorgeholt hat, denn das haben sie leider alle getan. Der Skandal ist, dass das Justizministerium eine Woche vor den Zwischenwahlen davon erfuhr und sich entschloss, die Geschichte zu unterdrücken, um sich einen parteipolitischen Vorteil zu verschaffen."
Snowden ist weltweit bekannt geworden, weil er geheime Unterlagen veröffentlicht hatte, die die Überwachungsmaßnahmen Washingtons gegen die US-amerikanische Zivilbevölkerung offenlegten.
Der erste Bericht über Bidens Dokumente war am Montag im US-Sender CBS News gekommen, in dem geschildert worden war, dass die persönlichen Anwälte des Präsidenten geheime Unterlagen aus Bidens Zeit als US-Vize am 2. November in seinen privaten Büroräumen im Penn Biden Center in der Hauptstadt Washington gefunden und den Behörden gemeldet hätten. Das war kurz vor den wichtigen Zwischenwahlen am 8. November gewesen.
Am Mittwoch, nur zwei Tage später, berichtete NBC News dann unter Berufung auf Informanten, dass Biden-Mitarbeiter mindestens einen weiteren Stapel von Dokumenten mit Verschlusssachenmarkierungen an einem anderen Ort entdeckt hätten.
Die Enthüllungen brachten die Republikaner in Rage. Einige zogen Parallelen zu der FBI-Razzia in der Residenz des ehemaligen Präsidenten Donald Trump auf der Suche nach geheimem Material. Die Behörde beschlagnahmte Berichten zufolge rund 300 sensible Unterlagen aus dem Anwesen des Ex-Präsidenten.
Das Weiße Haus betonte jedoch, dass es sich um zwei unterschiedliche Fälle handele. Im Gegensatz zu Trump sei Biden weder darüber informiert gewesen, dass er im Besitz der Dokumente sei, noch sei er aufgefordert worden, sie zurückzugeben. Vielmehr habe er die Entdeckung rasch dem Nationalarchiv mitgeteilt und die Papiere ausgehändigt.
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