Diese Ansicht vertrat der Militärexperte Michail Onufrijenko gegenüber der Zeitung Wsgljad. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die Stadt Soledar eingenommen worden war. Die ukrainischen Soldaten fanden sich in einem Kessel wieder. Der auf Politik und Militär spezialisierte Publizist Onufrijenko erklärte:
"Nach Aussage des Oberbefehlshabers der ukrainischen Armee, Waleri Saluschny, sind Sewersk, Soledar, Artjomowsk, Konstantinowka, Druschkowka, Kramatorsk und Slawjansk befestigte Städte. Sie stellen eine durchgehende Kette von Befestigungsanlagen in Hufeisenform dar – von der Flusswindung des Sewerskij Donez und in Richtung Süden bis Torezk."
Die besonderen topografischen Gegebenheiten der Region beschrieb er folgendermaßen:
"Es handelt sich um eine gewaltige befestigte Stellung in der Agglomeration Donezk, wenn die Siedlungen ineinander übergehen. Dazwischen gibt es keine gewöhnlichen Felder und kein unbebautes Land."
Onufrijenko erläuterte die voraussichtlichen Konsequenzen, die die russische Kontrolle von Soledar wahrscheinlich haben wird.
"Die Einnahme des gesamten Territoriums von Soledar bedeutet, dass diese durchgehende Verteidigungslinie nach dem Fall von Lissitschansk und Sewerodonezk durchbrochen wurde. Darüber hinaus ist Sewersk eingeklemmt zwischen dem Fluss Sewerskij Donez und unseren vorrückenden Truppen, die es vom Osten und Süden her einkreisen. Diese weiter zu verteidigen, wird sehr problematisch."
Onufrijenko skizzierte das mögliche weitere operative Vorgehen der russischen Truppen:
"Zusätzlich sind die Verkehrswege nach Artjomowsk unterbrochen worden, und die Stadt wird jetzt gestürmt. Dies gestattet uns, entlang der Wasserscheiden zu marschieren und von Norden her ohne Angriffe entlang des Bachmut-Flusses vorzudringen. Ferner sind unsere Truppen zusammen mit dem privaten Militärunternehmen Wagner im Süden bereits im Kampf um die nördlichen Außenbezirke von Opytnoje, dem südlichen Vorort von Artjomowsk, und um Kleschtschijewka, wo bereits Kämpfe im Zentrum ausgetragen werden."
Der Militärexperte zeigte sich optimistisch, dass die russische Seite den Nachschub für das ukrainische Militär in der Region in nächster Zeit behindern könne:
"Das alles wird es gestatten, die Straße, die nach Tschassow Jar führt, unter Feuer zu nehmen. Die Versorgung der Gruppierung der ukrainischen Armee von dort aus wird sehr schwierig werden und zu einer hoffnungslosen Situation der Garnison in Artjomowsk führen."
Nachdem nun eine Bresche in die ukrainischen Befestigungslinien geschlagen worden sei, würden weitere Orte unter russische Kontrolle kommen. Onufrijenko mahnte allerdings zu Geduld:
"Meiner Einschätzung nach werden Artjomowsk und Sewersk als Nächstes nach Soledar fallen, und die Lage der Garnison in Torezk, von der aus Gorlowka und Donezk regelmäßig beschossen werden, wird sich verschlechtern. Dies wird einen 'Dominoeffekt' auslösen, da der Angriff auf Tschassow Jar, Konstantinowka, Druschkowka und Kramatorsk unvermeidlich folgen wird. Doch all dies wird nicht schnell geschehen."
Als Folge dieser Entwicklung dürfte sich die Art der Kriegführung ändern – die ukrainischen Truppen würden gezwungen, ihre befestigten, gut ausgebauten Stellungen zu verlassen. Die Kämpfe würden sich in die Fläche verlagern, was der russischen Seite einen Vorteil verschaffen könnte.
"Seinerseits wird die Liquidation der befestigten Zone, sollte diese eintreten, den Feind zwingen, sich ins offene Feld zurückzuziehen, weil dann die städtische Agglomeration endet und die üblichen Dörfer und Kleinstädte in der Steppe folgen. Der Feind wird Gräben im gefrorenen Boden ausheben müssen, was unserer Artillerie und Luftwaffe die Hände frei macht, denen die Zivilisten dann keine Sorgen mehr bereiten", so Onufrijenko.
Zur weiteren Vorgehensweise der russischen Truppen meinte Onufrijenko, dass es logisch sei, Sewersk und Artjomowsk einzunehmen und schrittweise nach Kramatorsk und Slawjansk vorzudringen:
"In dieser Richtung ist auch eine Offensive entlang des linken Ufers des Sewerskij Donez bis Swjatogorsk angesagt, um diesen Fluss erneut zu forcieren, um Slawjansk und andere Städte von Norden her zu decken. Das wiederum erfordert eine Offensive entlang der Abschnitte Starobelsk, Swatowsk und Kupjansk."
Onufrijenko zeigte sich darüber hinaus optimistisch, dass im vergangenen Jahr geräumtes Territorium wieder von russischen Truppen eingenommen werden könnte:
"Teilweise sind unsere Truppen bereits Ende letzten Jahres von Dwuretschnoje aus auf Kupjansk vorgedrungen, und ein Teil des Gebiets der Region Charkow wurde dort geräumt. Es spricht einiges dafür, jetzt wieder nach Westen vorzustoßen, um die im Herbst verlorenen Stellungen wiederherzustellen, um den Feind zu zwingen, den Rest seiner Reserven auf einen breiteren Frontabschnitt zu verteilen."
Nach der Einnahme von Soledar richtete sich das Interesse auf die dort verbliebenen ukrainischen Kämpfer:
"Was das Schicksal der im Kessel von Soledar eingeschlossenen ukrainischen Kämpfer angeht, so ist es noch zu früh, darüber zu sprechen. Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin [der Gründer der privaten "Wagner-Gruppe"; Anm. d. Red.] bat darum, keine Spekulationen über die Zahl der Gefangenen anzustellen, darüber wird später offiziell berichtet. Die meisten ukrainischen Militärs haben die Stadt natürlich verlassen. Davon zeugt auch zahlreiches Videomaterial", so Onufrijenko.
Ähnlich wie im Stahlwerk von Mariupol dürften sich in dem Salzbergwerk von Soledar nach Meinung von Onufrijenko noch viele ukrainische Soldaten verschanzt haben:
"Auch ist es noch unbekannt, wie viele Kämpfer sich noch in den Salzminen aufhalten. Diese Schächte sind etwa 300 Meter tief und insgesamt mehr als 200 Kilometer lang, und in der Breite können dort zwei Panzer fahren. Deshalb sollte man die Berichte über die Zahl der Ergebenen in der Stadt abwarten, bis alle unterirdischen Verbindungen geräumt sind. Der Gegner wird bestimmt Widerstand leisten."
Kürzlich hatten die Einheiten des privaten Militärdienstleisters Wagner das gesamte Gebiet von Soledar unter ihre Kontrolle gebracht. Im Zentrum der Stadt hat sich ein Kessel gebildet, in dem Häuserkämpfe stattfinden, so der Gründer der Gruppe, Jewgeni Prigoschin. Er betonte auch, dass keine anderen Einheiten außer den Wagner-Kämpfern an der Erstürmung von Soledar beteiligt waren.
Der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik von Donezk, Denis Puschilin, hatte verkündet, dass bei der Befreiung des gesamten Territoriums der Republik ein Wendepunkt erreicht worden sei. Er betonte, dass die vollständige Befreiung von Soledar die Chancen für weitere Fortschritte in Artjomowsk und Sewersk erhöhe, was wiederum "den Mythos der ukrainischen Propaganda zerstören wird, dass deren Armee unzerstörbar sei".
Der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik Donezk fügte hinzu, dass die planmäßige Einnahme von Artjomowsk und Sewersk es ermöglichen werde, die ukrainische Verteidigungslinie zu durchbrechen und auch in Richtung Slawjansk und Kramatorsk vorzugehen. Seinen Worten zufolge befindet sich Marinka derzeit praktisch unter der Kontrolle des russischen Militärs, allerdings sei es dem Feind gelungen, sich in den Wohngebieten in den Außenbezirken zu verschanzen.
Zu einem früheren Zeitpunkt hatte Alexei Arestowitsch, Berater des Leiters des ukrainischen Präsidialamtes, auf dem Youtube-Kanal von Mark Feigin (der beim russischen Justizministerium als ausländischer Medienagent gelistet ist) erklärt, dass einige Einheiten der ukrainischen Streitkräfte auf der Flucht seien und ihre Stellungen in Soledar aufgegeben hätten. Arestowitsch zufolge schafft die Flucht einer einzelnen Kompanie eine Situation, in der sich der Gegner leicht in die freigewordene Stellung begeben kann.
Wsgljad hatte bereits zuvor über die Erfolge der russischen Streitkräfte an den strategischen Orten Soledar und Artjomowsk berichtet.
Redaktionelle Anmerkung: Der vorstehende Artikel basiert auf einer Übersetzung aus dem Russischen.
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