Ein hochrangiger Berater des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij schlug am Donnerstag den neuen Premierminister Benjamin Netanjahu als Vermittler zwischen Moskau und Kiew vor. Die Idee eines Vermittlers, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, hatte bereits die vorherige israelische Regierung. Damals fand sie jedoch keinen großen Anklang.
Der damalige Ministerpräsident Naftali Bennett fungierte im Frühjahr 2022 mehrere Wochen lang als Vermittler. Seinerzeit nutzte er Israels gute Beziehungen zu beiden Ländern, um Botschaften zwischen Selenskij und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu übermitteln und sich mit anderen regionalen Mächten abzustimmen. Bennett flog sogar nach Moskau und war damit einer der ersten führenden Politiker der Welt, der sich in der frühen Phase des Krieges mit Putin traf.
Die Beziehungen zwischen Tel Aviv und Moskau verschlechterten sich allerdings, nachdem der vorherige Premierminister Jair Lapid Anfang Juli Russland wegen seiner Luftangriffe auf ukrainische Ziele verurteilt hatte.
"Ich habe keinen Zweifel daran, dass Herr Netanjahu ein effektiver Vermittler sein könnte, denn er versteht genau, was moderne Kriege sind und was das Wesen der Vermittlung unter diesen Bedingungen ist", so Mykhajlo Podoljak am Donnerstag gegenüber dem Sender i24NEWS.
Netanjahu, der in der Vergangenheit mit seinen engen Beziehungen zu Putin geprahlt hatte, sagte als Oppositionsführer bereits im Oktober, dass das Vermittlungsangebot "vermutlich wieder in Gang gesetzt wird", sollte er wieder an die Macht kommen. Podoljak behauptete jedoch, Moskau sei nicht an echten Verhandlungen interessiert. "Unter dem Deckmantel von Verhandlungen will Russland die Kapitulation der Ukraine", sagte er.
Selenskijs Berater argumentierte, dass Russland einen Waffenstillstand anstrebe, der es ihm erlaube, seine Gebietsgewinne aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Zeit zu gewinnen, um mithilfe Irans und Nordkoreas aufzurüsten. Diese Bedingungen lehne die Ukraine aber ab, "da sie allmählich auf russische Streitkräfte trifft und sie aus den besetzten Gebieten verdrängt", behauptete Podoljak.
Israels neuer Außenminister Eli Cohen, erst seit Ende vergangener Woche im Amt, telefonierte am Dienstag mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow. Israelischen Medienberichten zufolge soll die ukrainische Regierung sich über das Telefonat geärgert haben. In seiner Antrittsrede am Tag zuvor hatte Cohen zudem einen Politikwechsel in Sachen Russland angekündigt: "Was das Thema Russland-Ukraine betrifft, werden wir eines gewiss tun: In der Öffentlichkeit werden wir weniger dazu sagen."
Israel hatte in der Vergangenheit ukrainische Anfragen zur Lieferung von Waffen wie das Abwehrsystem "Iron Dome" abgelehnt, wofür der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij den jüdischen Staat in den vergangenen Monaten gerügt hatte. Die Weigerung wird als Versuch Israels gewertet, die Beziehungen zu Moskau aufrechtzuerhalten. Denn Russland kontrolliert den syrischen Luftraum, in dem die israelische Luftwaffe in letzter Zeit Hunderte von Einsätzen gegen mutmaßliche iranische Waffenlieferungen durchgeführt hat, um von Teheran unterstützte Gruppen daran zu hindern, in der Region Fuß zu fassen. Netanjahu drohte allerdings im Oktober, dass er Waffenlieferungen an die Ukraine in Betracht ziehen würde, wenn er nach den israelischen Wahlen ins Amt zurückkehren sollte.
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