Eine Analyse von Daniel Kovalik
Es werden derzeit Informationen darüber ans Licht gebracht, wie Twitter wissentlich zu einem Kanal für die Propagandabemühungen der USA im Ausland wurde, die nur dazu dienen, noch mehr Gewalt und Chaos zu verursachen. Leider werden diese Informationen sowohl von den US-Konzernmedien als auch von der US-Öffentlichkeit mit einem kollektiven Gähnen quittiert.
In einem kürzlich in The Intercept erschienenen Artikel wird beschrieben, wie Twitter die Bemühungen des US Central Command (CENTCOM), einer Division innerhalb des US-Verteidigungsministeriums, unterstützte, Propaganda zu verbreiten, insbesondere im und über den Nahen Osten, indem Accounts zur Anwendung kamen, die sich als echte Individuen aus der Region ausgaben.
Diese Accounts genossen eine Sonderbehandlung bei Twitter, bei der ihnen dieselben Privilegien gewährt wurden, wie sie jenen mit dem "blauen Haken" als verifizierte User-Accounts zuteilwerden. Wie im Intercept-Artikel beschrieben wird, beinhalteten diese Privilegien "eine Reihe von Vorteilen, wie etwa den Schutz vor Algorithmen, die Accounts als Spam oder missbräuchlich brandmarken, sowie gegenüber Maßnahmen, die zu einer verringerten Sichtbarkeit oder zu einer kompletten Sperrung führen können". Und natürlich geschah dies alles zu einer Zeit, als Twitter Hunderte von Accounts sperrte, die man als "mit der russischen Regierung verbunden" einstufte, und Accounts als "mit dem russischen Staat verbundene Medien" kennzeichnete, selbst im Fall einiger meiner Freunde, die auf Twitter als Privatpersonen unterwegs sind.
Ein Beispiel für einen Account, der von Twitter als "Priorität" eingestuft wurde, war der von @yemencurrent, der mittlerweile gelöscht wurde und auf dem unter anderem behauptet wurde, dass US-Drohnenangriffe "präzise" seien und dabei nur Terroristen und keine Zivilisten getötet werden, und der den Krieg im Jemen allgemein schönfärbte. Eine solche Schönfärberei des US-saudischen Krieges im Jemen – eines Krieges, der in der US-Presse kaum thematisiert wird und daher den meisten US-Amerikanern kaum ein Begriff ist – ist besonders ärgerlich, wenn man bedenkt, dass dieser Krieg von Angriffen auf Zivilisten und zivile Infrastruktur in kolossalem Ausmaß sowie das vorsätzliche Versäumnis der US-Regierung geprägt ist, zivile Opfer überhaupt angemessen zur Kenntnis zu nehmen.
Das US-amerikanische Büro für die Rechenschaftspflicht der Regierung kam in einem vertraulichen Dokument, über das die New York Times im vergangenen Juni berichtete, zu dem Schluss, dass seit Beginn des Krieges im Jahr 2015 "das Außenministerium und das Verteidigungsministerium es versäumt haben, eine Bewertung über zivile Opfer vorzunehmen, die durch die von Saudi-Arabien geführte Koalition im Krieg im Jemen verursacht wurden, sowie über den Einsatz amerikanischer Waffen bei diesem Morden".
Die New York Times berichtete zudem, dass "im August 2020 der Generalinspektor des Außenministeriums einen Bericht veröffentlichte, in dem es hieß, das Ministerium habe es versäumt, angemessene Maßnahmen zur Minderung der zivilen Opfer zu ergreifen". Das Ergebnis waren schätzungsweise mehr als 150.000 Opfer, darunter fast 15.000 Zivilisten, und eine der weltweit schlimmsten humanitären Krisen in der Geschichte der Menschheit.
Und dennoch hat Twitter eine Fake-News-Kampagne des CENTCOM unterstützt und begünstigt, in der behauptet wurde, dass Zivilisten irgendwie nicht durch in den USA hergestellte Waffen zu Schaden kämen – Behauptungen, mit denen die US-Steuerzahler über den Krieg im Jemen hinters Licht geführt werden und die darauf abzielen, die Geldpumpen der Regierung für mehr militärische Hilfe in diesem elenden Konflikt vorzuwärmen, von dem Präsident Joe Biden versprochen hatte, die Finanzierung dafür einzustellen.
Laut dem Artikel von The Intercept konzentrierten sich weitere Accounts des CENTCOM, denen von Twitter "Priorität" eingeräumt wurde, "auf die Propagierung der von den USA unterstützten Milizen in Syrien sowie auf antiiranischen Aufrufe im Irak". Wiederum wissen nur wenige US-Amerikaner, dass viele dieser Milizen in Syrien von den USA unterstützt werden. Während man behauptet, dass es sich dabei um "gemäßigte Rebellen" handelt, haben diese schreckliche Gräueltaten gegen Zivilisten verübt. Twitter-Accounts, die für solche Milizen werben, verschleiern diese Tatsachen.
Was die "antiiranischen Aufrufe im Irak" und anderswo betrifft, so schreibt The Intercept, wie auch vom Stanford Internet Observatory berichtet, dass einige der Twitter-Konten "Iran fälschlicherweise beschuldigt haben, die Wasserversorgung des Irak zu bedrohen und das Land mit der Droge Crystal Meth zu überschwemmen, während andere Accounts Anschuldigungen verbreiteten, dass Iran afghanischen Flüchtlingen die Organe entnehme".
Eine derartige Propaganda dient einem doppelten Zweck: Sie soll erstens Spannungen und Konflikte zwischen Nationen im Nahen Osten schüren und zweitens in den USA selbst Zustimmung für einen möglichen bewaffneten Konflikt zwischen den USA und Iran hervorbringen.
Mit anderen Worten: Twitter hat das US-Verteidigungsministerium bei seiner Kriegspropaganda unterstützt, eine Handlung, die in den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg als Verbrechen eingestuft wurde. Wenn wir ein faires und funktionierendes internationales Rechtssystem hätten, würden Twitter und Beamte des Verteidigungsministeriums, die an solchen Straftaten beteiligt waren, tatsächlich strafrechtlich verfolgt. Wir haben jedoch kein funktionierendes internationales Rechtssystem. Daher ist es am US-amerikanischen Volk, zu handeln, nachdem es von diesem Fehlverhalten der Regierung und der Social-Media-Unternehmen erfahren hat, und beide zur Rechenschaft zu ziehen.
Es ist auch am US-amerikanischen Volk, endlich zu erkennen, dass es in Fragen über Krieg und Frieden ständig belogen wird, und den Kriegen seine Zustimmung zu verweigern, die von der US-Regierung mithilfe traditioneller und sozialer Medien geführt werden.
Übersetzt aus dem Englischen.
Daniel Kovalik lehrt Internationale Menschenrechte an der University of Pittsburgh und ist Autor des kürzlich erschienenen Buches "No More War: How the West Violates International Law by Using 'humanitarian' Intervention to Advance Economic and
Strategic Interests".
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