Von Pepe Escobar
Es wäre verlockend, den Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Saudi-Arabien als jene Reise zu qualifizieren, in der er als Fürst von Arabien mit königlichem Pomp empfangen wurde, um den Beginn der Ära des Petroyuan einzuläuten. Aber es ist komplizierter als das. So sehr die tektonischen Verschiebungen zutreffen, die durch die Einführung des Petroyuan impliziert werden, die chinesische Diplomatie ist viel zu raffiniert, um sich auf eine direkte Konfrontation einzulassen, insbesondere mit einem verwundeten und rücksichtslosen Imperium, das immer noch die Geschicke der Welt beeinflussen kann. Hier ist also viel mehr los, als der eurasische Beobachter zu erkennen vermag.
Die Ankündigung von Xi Jinping war ein Wunderwerk staatsmännischer Finesse: Sie wurde als Internationalisierung der chinesischen Währung verpackt. Fortan, sagte Xi, werde China den Erdölhandel über die Shanghai Petroleum and National Gas Exchange in chinesischen Yuan abwickeln und lud die Monarchien des Persischen Golfs ein, mit an Bord zu kommen. Xi und seine stattliche Delegation aus Beamten und Wirtschaftsführern traf sich mit den Spitzen des Golfkooperationsrates (GCC), um genau diesen Schritt einzuleiten. Peking versprach, "Rohöl konsequent und in großen Mengen aus den Ländern des GCC zu importieren". Und das gilt auch für Erdgas.
China ist seit fünf Jahren der weltweit größte Importeur von Rohöl, die Hälfte davon stammt von der arabischen Halbinsel und mehr als ein Viertel davon aus Saudi-Arabien. Kein Wunder also, dass zum Auftakt für den großzügigen Empfang in Ria Xi Jinping eine Grußrede in saudischen Medien veröffentlichen ließ, in der er die Ausweitung des Handels mit dem Land ankündigte und die vertiefte strategische und kommerzielle Partnerschaften mit dem GCC lobte, inklusive in den Bereichen der 5-G-Kommunikation, der erneuerbaren Energien, der Weltraumforschung und der digitalen Wirtschaft. Handelsabkommen im Wert von über 30 Milliarden US-Dollar wurden unterzeichnet, wovon einige in direktem Zusammenhang mit Chinas ehrgeizigen Projekten in der Belt and Road Initiative (BRI) stehen. Und das bringt uns zu der wichtigsten Verbindung, die von Xi Jinping geknüpft wurde: jene der BRI mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ).
Die Seidenstraßen Arabiens
Mit der Rückkehr des BRI-Forums wird das Projekt im Jahr 2023 erneut einen ernsthaften Schub erleben. Die ersten beiden Foren fanden 2017 und 2019 statt. Aufgrund der strikten Null-COVID-Politik Chinas, die nun aus praktischen Gründen aufgegeben wurde, fand es 2021 nicht statt. Das Jahr 2023 ist bedeutungsschwanger, da es dann genau zehn Jahre her ist, seit die BRI von Xi Jinping ins Leben gerufen wurde – erst im zentralasiatischen Astana verkündet und anschließend in Jakarta bekräftigt.
Die BRI verkörpert nicht nur ein komplexes, mehrgleisiges transeurasisches Handels- und Konnektivitätsprojekt, sondern ist zumindest bis Mitte des 21. Jahrhunderts das übergreifende Konzept chinesischer Außenpolitik. Daher wird erwartet, dass das Forum 2023 eine Reihe neuer und neu gestalteter Projekte in den Vordergrund stellen wird, die an eine Post-COVID-Ära und an eine von Schulden geplagte Welt angepasst sind und vor allem an die geopolitischen und geoökonomischen Sphären zwischen dem Atlantik und dem Pazifik.
Bezeichnenderweise folgte auf Xi Jinping in Arabien ein Xi Jinping in Samarkand im vergangenen September – seine erste Auslandsreise nach COVID – beim Gipfeltreffen der SOZ, bei dem Iran der Organisation offiziell als Vollmitglied beitrat. China und Iran schlossen 2021 eine 25-jährige strategische Partnerschaft mit einem potenziellen Umfang von 400 Milliarden US-Dollar. Teheran ist ein weiterer Knotenpunkt in Chinas zweigleisiger Strategie in Westasien.
Die neun ständigen Mitglieder der SOZ repräsentieren nun 40 Prozent der Weltbevölkerung. Eine der wichtigsten Entscheidungen beim Gipfel in Samarkand war die Steigerung des bilateralen Handels und des Gesamthandels in den eigenen Landeswährungen. Und das verbindet uns mit dem, was im kirgisischen Bischkek in voller Absprache mit Riad über die Bühne ging: das Treffen des Obersten Eurasischen Wirtschaftsrats, dem zuständigen Gremium für die Umsetzung der Politik der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU).
Der russische Präsident Wladimir Putin hätte es in Kirgisistan nicht treffender formulieren können:
"Der Prozess zum Übergang zu nationalen Währungen im gegenseitigen Handel hat sich beschleunigt. Der Prozess der Schaffung einer gemeinsamen Infrastruktur für den Zahlungsverkehr und der Integration nationaler Systeme für die Übermittlung von Finanztransaktionen hat begonnen."
Der nächste Oberste Eurasische Wirtschaftsrat wird im Mai 2023 in Russland stattfinden, noch vor dem BRI-Forum. Zusammengenommen sehen wir die Grundzüge des geoökonomischen Fahrplans vor uns: Der Trend zum Petroyuan, der parallel zum Trend zu einer gemeinsamen Infrastruktur für den Zahlungsverkehr verläuft, und vor allem zu einer neuen alternativen Währung, die den US-Dollar umgeht. Genauso wie es der Leiter für makroökonomische Politik bei der EAWU, Sergei Glasjew, Seite an Seite mit chinesischen Spezialisten entworfen hat.
Der totale Finanzkrieg
Die Bewegung hin zum Petroyuan wird jedoch von immensen Gefahren begleitet. In jedem ernsthaften geoökonomischen Szenario ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ein geschwächter Petrodollar das Ende der imperialen Gratis-Mahlzeit bedeutet, die seit über fünf Jahrzehnten am globalen Mittagstisch serviert wird.
Kurz gesagt, im Jahr 1971 zog der damalige US-Präsident Richard Nixon die Währung der USA vom Goldstandard ab. Drei Jahre später, nach dem Ölschock von 1973, wandte sich Washington mit dem sprichwörtlichen Angebot, das man nicht ablehnen konnte, an den saudischen Ölminister, den berüchtigten Scheich Ahmed Zaki Yamani: Wir kaufen saudisches Öl in US-Dollar, und Saudi-Arabien kauft im Gegenzug US-Staatsanleihen, jede Menge Waffen und recycelt, was auch immer in unseren Banken noch übrig bleibt. Bühne frei für Washington, das jetzt plötzlich in der Lage ist, Helikoptergeld – durch keinerlei echte Werte gedeckt – bis ins Unendliche zu verteilen und den US-Dollar als ultimative hegemoniale Waffe etabliert, komplett mit einer Reihe von Sanktionen gegen 30 Nationen, die es gewagt haben, die einseitig auferlegte "regelbasierte internationale Ordnung" zu missachten.
Dieses imperiale Boot impulsiv ins Schaukeln zu bringen, birgt Gefahren. Also werden Peking und der GCC den Petroyuan langsam, aber stetig und sicherlich ohne großes Tamtam einführen. Der Kern der Sache ist wieder einmal die Exposition gegenüber dem westlichen Finanzkasino, wie im Fall Chinas zum Beispiel das US-Staatsanleihen im Wert von einer Billion Dollar in den Büchern hat. Im Fall der Saudis fällt es schwer, an "strategische Autonomie" zu denken – wie sie Iran genießt – solange der Petrodollar das Grundnahrungsmittel des westlichen Finanzsystems bleibt. Das Menü möglicher imperialer Reaktionen umfasst alles von einem sanften Putsch, oder Regimewechsel, bis zu Bombenhagel über Riad – gefolgt von einem Regimewechsel.
Doch was die Chinesen und die Russen anstreben, geht weit über eine Zwangslage der Saudis oder der Emirate hinaus. Peking und Moskau haben klar erkannt, dass alles – der Ölmarkt, die globalen Rohstoffmärkte – mit der Rolle des US-Dollars als Reservewährung verknüpft ist. Und genau darauf sind die Gespräche in der EAWU, der SOZ, bei BRICS+ und bei Pekings zweigleisiger Strategie in Westasien ausgerichtet: Die Macht des Petrodollar zu untergraben.
Seit den ersten Sanktionen gegen Russland nach dem Maidan 2014 und dem 2018 entfesselten De-facto-Handelskrieg gegen China haben Peking und Moskau innerhalb der BRICS und später innerhalb der SOZ und der EAWU ihre Strategie eng koordiniert. Jetzt, nachdem sich die von Moskau im Februar 2022 gestartete militärische Sonderoperation in der Ukraine praktisch in einen Krieg der NATO gegen Russland verwandelt hat, haben wir das Territorium des hybriden Krieges verlassen und befinden uns tief in einem totalen Finanzkrieg.
Ein schnelles Abdriften
Der gesamte Globale Süden absorbierte die "Lektion", die vom kollektiven institutionellen Westen erteilt wurde, nachdem er die Devisenreserven eines Mitglieds der G20 obendrein noch die einer nuklearen Supermacht einfror. Wenn man sowas mit Russland machen kann, kann man es mit jedem Land machen. Es gibt keine "Regeln" mehr.
Russland hat seit 2014 sein Zahlungssystem SPFS parallel zu Chinas CIPS ausgebaut, wobei beide das westlich geführte SWIFT-System für Finanztransaktionen umgehen und zunehmend von Zentralbanken in Zentralasien, Iran und Indien genutzt werden. In ganz Eurasien verzichten immer mehr Menschen auf Visa und Mastercard und verwenden UnionPay- und/oder Mir-Kreditkarten, ganz zu schweigen von Alipay und WeChat Pay, die beide in Südostasien äußerst beliebt sind.
Natürlich werden der Petrodollar – und der US-Dollar, der weniger als 60 Prozent der weltweiten Devisenreserven ausmacht – nicht über Nacht in Vergessenheit geraten. Die Schritte von Xi Jinping sind nur das jüngste Kapitel in einer tektonischen Verschiebung, die jetzt von einer Ländergruppe des Globalen Südens und nicht von der ehemaligen "Hypermacht" vorangetrieben wird. Der Handel in den eigenen Landeswährungen und in einer neuen, alternativen globalen Währung steht ganz oben auf der Prioritätenliste dieser langen Liste von Nationen, von Südamerika bis Nordafrika und Westasien, die bestrebt sind, BRICS+ oder der SOZ beizutreten, in nicht wenigen Fällen zu beiden.
Der Einsatz könnte nicht höher sein. Es geht um nicht weniger als um Unterwerfung oder um die Ausübung der vollen nationalen Souveränität. Überlassen wir also die letzten wesentlichen Worte dem führenden Diplomaten unserer bewegten Zeit, Russlands Sergei Lawrow, auf der internationalen und parteiübergreifenden Konferenz "Die Eurasische Wahl als Grundlage zur Stärkung der Souveränität":
"Der Hauptgrund für die derzeitigen zunehmenden Spannungen ist das hartnäckige Streben des kollektiven Westens, seine historisch schwindende Vorherrschaft in der internationalen Arena mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Aber es ist unmöglich, die Bildung unabhängiger Zentren des Wirtschaftswachstums, der Finanzmacht und des politischen Einflusses zu behindern. Und diese Zentren bilden sich gerade auf unserem gemeinsamen Kontinent Eurasien, in Lateinamerika, im Nahen Osten und in Afrika."
Bitte alle einsteigen. In den Zug der nationalen Souveränität.
Übersetzt aus dem Englischen. Zuerst erschienen bei The Cradle.
Pepe Escobar ist ein unabhängiger geopolitischer Analyst und Autor. Sein neuestes Buch heißt "Raging Twenties" (Die wütenden Zwanziger). Er wurde von Facebook und Twitter aus politischen Gründen verbannt, aber man kann ihm auf Telegram folgen.
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