Eine Analyse von Rafael Fahrutdinow
Auf dem Kollegium des Verteidigungsministeriums unter Beteiligung von Präsident Wladimir Putin und dem zuständigen Minister Sergei Schoigu wurden am 21. Dezember nahezu revolutionäre Änderungen angekündigt: die Anhebung des Einberufungsalters und der Altersobergrenze für Wehrpflichtige um je drei Jahre, die Vergrößerung der Streitkräfte auf 1,5 Millionen Mann und die Wiedereinrichtung der im Jahr 2010 abgeschafften Militärbezirke Moskau und Leningrad. Welche weiteren Neuerungen sind in der Armee in naher Zukunft zu erwarten?
Putin hat die Initiative des Verteidigungsministeriums in Moskau befürwortet, das Einberufungsalter von 18 auf 21 Jahre anzuheben und die Zahlenstärke der Streitkräfte von einer Million auf 1,5 Millionen Personal zu erhöhen. Der Vorschlag zur Anhebung des Einberufungsalters auf 21 Jahre und zur gleichzeitigen Anhebung der Altersgrenze für die Wehrpflicht von 27 auf 30 Jahre ging von Verteidigungsminister Schoigu aus. Darüber hinaus schlug dieser vor, es solle einem Bürger schon ab dem ersten Tag seines Eintritts in das Militär freistehen, ob er seinen Dienst als Wehrpflichtiger oder als Berufssoldat verrichtet.
Der ehemalige Kommandeur der Schwarzmeerflotte Admiral Wladimir Komojedow begrüßte im Gespräch mit der Zeitung Wsgljad die Verschiebung der Altersgrenzen und begründete seine Auffassung so:
"Es ist offensichtlich, dass junge Menschen in höherem Alter die erforderlichen militärischen Fähigkeiten zur Verteidigung des Landes besser erlernen als im Alter von 18 Jahren. Dementsprechend wird das durchschnittliche Qualifikationsniveau unserer Wehrpflichtigen ansteigen."
Die Zahl der Berufssoldaten wird sich fast verdoppeln
Im Rahmen der Vergrößerung der Streitkräfte auf 1,5 Millionen Mann soll der Anteil der Berufssoldaten auf 695.000 Mann wachsen, erklärte Schoigu. Dies ist erforderlich, um "die Lösung der Aufgaben zur Gewährleistung der militärischen Sicherheit zu garantieren", betonte der Minister. Zum Vergleich: Im Frühjahr dieses Jahres hatten 380.000 Personen auf Vertragsbasis in den Streitkräften Russlands gedient.
Bereits Ende nächsten Jahres dürfte die Zahl dieser Berufssoldaten eine halbe Million (521.000) übersteigen. Im August hatte der Präsident einen Erlass unterzeichnet, wonach die Sollstärke der Armee ab dem 1. Januar 2023 auf 1,15 Millionen erhöht werden sollte. Die neuen Vorschläge gehen darüber hinaus.
Dazu betont Admiral Komojedow:
"Was die Gründe für die personelle Aufstockung der Streitkräfte betrifft, kann ich nur eines sagen: Man hätte zuvor nicht kürzen dürfen. Man hätte noch in den 1990er-Jahren, bei den ersten Anzeichen der NATO-Osterweiterung die Tendenzen erkennen müssen."
Ab dem neuen Jahr dürften die Streitkräfte wieder annähernd so groß sein wie vor der Reform im Jahr 2008 (1,2 Millionen), vor den Kürzungen, die Komojedow anspricht. Die Zahl der Offiziere in der russischen Armee war damals beinahe auf die Hälfte gesunken.
Die Erfahrung der militärischen Spezialoperation hat gezeigt, dass Russland eine große und professionell ausgebildete Armee benötigt, um starken Militärblöcken wie der NATO standhalten zu können, hebt Experte Alexander Bartosch hervor. Nach seiner Ansicht ist es auch wichtig, dass der Kern der reformierten Streitkräfte aus Personen besteht, die in jüngster Zeit bei Sondereinsätzen in der Ukraine Kampferfahrung gesammelt haben oder diese gerade erhalten.
Die Berufssoldaten werden schließlich diejenigen Bürger ersetzen, die im Rahmen der Teilmobilisierung zu den Truppen eingezogen wurden, zitierte die Rossijskaja Gaseta Schoigu.
Neue Herausforderungen machen die Wiederherstellung der hauptstädtischen Militärbezirke erforderlich
Neben der Anhebung des Einberufungsalters und dem angepeilten Ausbau der Kampfstärke auf anderthalb Millionen Mann, soll die Struktur der Streitkräfte verändert werden. Als Reaktion auf die NATO-Osterweiterung auf das Territorium Finnlands und Schwedens sollen zwei interdisziplinär-strategische Territorialverbände neu formiert werden: der Moskauer und der Leningrader Militärbezirk, kündigte Schoigu an.
Momentan sind die militärischen Formationen der Streitkräfte Russlands nach dem territorialen Prinzip in fünf Bezirke unterteilt: West (Hauptquartier in Sankt Petersburg), Zentrum (Jekaterinburg), Süd (Rostow am Don), Ost (Chabarowsk) und als gesonderter Bezirk das vereinigte strategische Kommando der Nordflotte. Die Militärbezirke Moskau und Leningrad hatten bereits bis zum Jahr 2010 existiert.
"Diese Bezirke gab es auch zur Zeit der Sowjetunion. Die Notwendigkeit für den Moskauer Militärbezirk ergibt sich damals wie heute aus der Notwendigkeit, die Industrieregion Moskau zu schützen", ruft Admiral Komojedow in Erinnerung.
Die Bedeutung des Leningrader Militärbezirks, der die nördliche Hauptstadt verteidigen soll, wachse im Vergleich zur Sowjetzeit, weil Schweden und Finnland damals einen neutralen Status beibehalten hatten, heute aber zur nordöstlichen Flanke der NATO werden.
"Eine teilweise Rückkehr zum sowjetischen Modell ist natürlich nicht schlecht, aber seien wir ehrlich, damals gab es eigentlich zu viele Bezirke. Ich denke, unsere militärisch-politische Führung muss jetzt das Potenzial unseres Feindes in der Person der NATO bewerten und auf dieser Grundlage die russischen Streitkräfte formen. Mehr als genügend sollten es auch nicht sein – das hatten wir bereits in der UdSSR erprobt", mahnt der Admiral.
Neue Einheiten und Formationen
Der Wandel soll nicht nur die territoriale Struktur der Streitkräfte betreffen. Neben der Wiederherstellung von zwei Militärbezirken schlug Schoigu die Aufstellung zehn neuer Divisionen vor: fünf für die Artillerie, zwei für die Luftlandetruppen und drei für motorisierte Schützentruppen. Die sieben derzeit bestehenden motorisierten Schützenbrigaden sollen laut Schoigu zu Divisionen aufgestockt werden. Divisionen sind größere und autonomere militärische Formationen als Brigaden.
Zwei der drei völlig neuen motorisierten Schützendivisionen sollen in den Regionen Cherson und Saporoschje disloziert werden, schreibt TASS. In Karelien an der Grenze zu Finnland soll ein Armeekorps stationiert werden, das wahrscheinlich in den Zuständigkeitsbereich des neuen Bezirks Leningrad fallen wird.
Schoigu plädierte innerhalb der Luft- und Weltraumkräfte für die Schaffung dreier zusätzlicher Kommandozentralen der Fliegerdivisionen sowie von sechs Brigaden für die Heeresfliegertruppen. Die Artillerie soll in strategischen Richtungen durch fünf neue Artilleriedivisionen der Militärbezirke und leistungsstarke Artilleriebrigaden hoher Schlagkraft verstärkt werden.
Komojedow findet es außerdem erwähnenswert, dass fünf Divisionen der Marineinfanterie in den Küstengebieten der Seestreitkräfte auf Basis bestehender Brigaden gebildet werden sollen:
"Das zeigt, dass die Erfahrungen der beiden Tschetschenienkriege und der Spezialoperation in der Ukraine dieser Truppengattung die größte Effizienz unter modernen Kampfbedingungen bescheinigen. Damit sie operieren können, müssen wir die Hubschrauberflotte ausbauen. Übrigens wurde den Hubschraubern in Schoigus Rede besondere Beachtung geschenkt. Jede Panzerarmee verfügt über eine Heeresfliegerei, und es ist geplant, dort je 80 bis 100 Maschinen einzusetzen."
Militärexperte Bartosch ergänzt:
"Wir haben ausgedehnte maritime Grenzen und eine verwundbare Nordflanke. Generell denke ich, dass die Bildung von fünf Divisionen der Marineinfanterie darauf abzielen wird, Russland in der Arktis sowie in der Ostsee und im Schwarzen Meer zu stärken."
Dabei stellt die Verstärkung der Landstreitkräfte durch Flugzeug- und Hubschrauberbesatzungen nach Ansicht der Experten eine doppelte Herausforderung dar: Erstens muss neben dem Personal für die Luftwaffe zusätzliches Personal für die Heeresfliegerei ausgebildet werden, und zwar auf der Grundlage der bestehenden Flugschulen. Zweitens ist noch nicht klar, wie das Zusammenspiel zwischen Piloten und Bodentruppen aussehen wird.
Übersetzt aus dem Russischen.
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