Die Reise Wladimir Selenskijs nach Washington stellt sich als ein Bittgang um ein Mehr an Waffen jeder Kategorie dar. Seit Langem möchte Kiew auch Raketen mit größerer Reichweite aus den USA erhalten, um die Krim, die russischen Nachschubwege hinter der Front oder – wie jüngst geschehen – auch Ziele im Hinterland angreifen zu können, die Hunderte Kilometer von der Front entfernt sind.
Bei ihrem Treffen im Weißen Haus am 21. Dezember gaben US-Präsident Joe Biden und Selenskij eine Pressekonferenz und beantworteten die Fragen von vier handverlesenen Reportern.
Auf die Frage einer ukrainischen Journalistin, warum Washington nicht einfach alle Wünsche erfülle, gab Biden eine vielsagende Antwort – und zwar, nachdem er seinen ukrainischen Kollegen mit einem, um bildlich beim Thema zu bleiben, entwaffnenden Scherz vorgeführt hatte:
"Seine Antwort ist ja", sagte der US-Präsident und zeigte auf Selenskij, der unter dem Gelächter der versammelten Presse antwortete: "Ich stimme zu." Dann antwortet Biden, wieder in ernstem Ton:
"Erstens gibt es ein ganzes Bündnis, das unbedingt bei der Unterstützung der Ukraine bleiben muss. Und die Vorstellung, wir würden der Ukraine etwas geben, das sich grundlegend von dem unterscheidet, was sie bereits hat, ließe die NATO, die Europäische Union und den Rest der Welt auseinanderbrechen."
"Wir haben der Ukraine das gegeben, was sie brauchte, um sich zu verteidigen", darunter Hunderte von Panzern, gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Munition, fuhr Biden fort.
Der US-Präsident räumte ein, dass er "Hunderte" von Stunden damit verbracht habe, die "europäischen Alliierten" und Staatsoberhäupter dieser Länder "von Angesicht zu Angesicht" davon zu überzeugen, dass die Unterstützung der Ukraine in ihrem Interesse liege.
"Sie verstehen das sehr gut, aber sie wollen keinen Krieg mit Russland führen. Sie sind nicht auf einen Dritten Weltkrieg aus. Und ich denke, das alles kann vermieden werden, indem man dafür sorgt, dass die Ukraine auf dem Schlachtfeld erfolgreich sein kann."
Schließlich fügte Biden hinzu: "Aber ich habe zu viel gesagt."
Der US-Präsident zeigte sich hingegen nicht besorgt, dass die Lieferung von Patriot-Raketen an die Ukraine die Spannungen mit Russland verschärfen könnte – wovor Moskau gewarnt hatte –, da es sich, so die US-Auffassung, um "defensive" Waffen handele.
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