Eine Analyse von Mirko Lehmann
Einen besseren Persilschein hätte sich das Asow-Bataillon nicht wünschen können. Wie das linke US-Internetportal The Grayzone berichtet, hat die Anti-Defamation League (ADL), eine US-amerikanische Organisation, die sich gegen die Diskriminierung und Diffamierung von Juden engagiert, in einer E-Mail an The Grayzone das ukrainische Asow-Bataillon verteidigt. Die ADL habe sich darüber hinaus geweigert, das US-Verteidigungsministerium für die Ehrung eines Asow-Veteranen zu verurteilen, der nazistisch inspirierte Tätowierungen trägt.
Plötzliche Umbewertung
Wie der Autor des Grayzone-Artikels Alexander Rubinstein schreibt, enthielt die E-Mail der ADL vom 9. November 2022 eine "verdrehte Verteidigung" des ukrainischen Asow-Bataillons. Obwohl die ADL von sich behauptet, sich gegen Hass zu wenden, betrachte sie "die Asow-Einheit nun nicht mehr als die rechtsextreme Gruppe, die sie einmal war".
Tatsächlich ist das Asow-Bataillon nach wie vor eine Neonazi-Einheit, die, wie The Grayzone feststellt, formal in das von der US-Regierung unterstützte ukrainische Militär integriert ist. Gegründet wurde die Neonazi-Truppe von einem gewissen Andrei Bilezki, von dem bekannt ist, dass er geschworen hat, "die weißen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug gegen die von Semiten geführten Untermenschen zu führen".
Nur vereinzelt wurde das Asow-Regiment von Mainstream-Medien im Westen wegen seiner offenkundigen Bezugnahme auf den deutschen Faschismus (Nationalsozialismus) verurteilt, in Deutschland so gut wie gar nicht, wenn man von einigen kritischen Alternativmedien absieht (RT DE berichtete).
Berüchtigt aus Mariupol
Seit dem Frühjahr 2022 hatte das Asow-Bataillon den Widerstand gegen die russische Armee in Mariupol angeführt. In dieser Zeit wurde die Neonazi-Truppe von westlichen Medien zu "missverstandenen Freiheitskämpfern" hochstilisiert, während jegliche Hinweise auf den faschistischen Charakter dieser Einheit als "Argumente des Kremls" hingestellt wurden.
Auch die New York Times jubelt das "gefeierte Asow-Bataillon" hoch, ebenso die Washington Post und andere westliche Medien. Wie diese blendet nun auch die ADL alle Gräueltaten, die das Asow-Bataillon etwa im Frühjahr dieses Jahres in Mariupol verübte, völlig aus. Die ukrainischen Asow-Neonazis hatten Berichten zufolge Einwohner aus Mariupol als menschliche Schutzschilde benutzt. Wer aus Mariupol zu fliehen suchte, musste damit rechnen, von Asow-Leuten hingerichtet zu werden. Auf Fotos und Videos ist mehrfach die nazistische Symbolik der Asow-Einheiten dokumentiert. Unter anderem ist wiederholt zu sehen, wie Asow-Kämpfer den Nazi-Kollaborateur und Massenmörder von Juden, Stepan Bandera, stolz als ihren "Vater" bezeichnen.
The Grayzone hält fest, dass das Asow-Bataillon seit langem weiße nationalistische, rassistische Freiwillige aus dem Ausland anzieht, einschließlich Spezialisten der US-Armee. Noch im März 2022 habe die ADL selbst einen Bericht herausgegeben, in dem sie eingeräumt habe, dass weiße Nationalisten die Asow-Einheiten "als einen Weg zur Schaffung eines nationalsozialistischen Staates in der Ukraine" betrachteten.
Politische Erfordernisse
Acht Monate später habe die ADL jedoch ihre Meinung geändert und gegenüber The Grayzone behauptet, dass Asow die Faschisten aus seinen Reihen vertrieben habe. Tatsächlich habe nicht das Asow-Bataillon seine "nationalsozialistische Gesinnung geändert", sondern die ADL habe ihre Position "den Erfordernissen einer Biden-Administration" angepasst, die weiterhin Milliarden US-Dollar an Militärhilfe in die Ukraine schickt.
Offenbar hat die ADL ihre Haltung im September 2022 geändert, als es um einen "vom Pentagon gesponserten Sportwettbewerb" ging, der eine Woche dauerte und in Disney World stattgefunden hat. Auf diesem Wettbewerb wurde Igor Galuschka, ein ukrainischer Asow-Veteran, geehrt, der eine Nazi-Sonnenrad-Tätowierung trug. Also ein "Hass-Symbol", wie es die ADL selbst bisher in ihren Stellungnahmen bestätigt hatte.
Auf die Darstellung des Vorfalls und der Faktenlage durch The Grayzone sei die ADL in ihrer Antwort, die erst nach 60 Tagen eingetroffen sei, gar nicht erst eingegangen. Zwar gestehe die ADL ein, dass das Asow-Regiment bei seiner Gründung im Jahr 2014 "eindeutig rechtsextremistisch geprägt" gewesen sei. Mit seiner Eingliederung Ende 2014 in die ukrainische Nationalgarde und der Umbenennung in Asow-Regiment seien jedoch nach Angaben der ukrainischen Regierung die rechtsextremen Mitglieder aus der Gruppe ausgeschlossen worden. Auch der Gründer Andrei Bilezki habe damals das Asow-Regiment verlassen und sich seither der größeren Asow-Bewegung gewidmet. Hieraus sei dann unter anderem die rechtsextreme politische Partei Nationales Korps hervorgegangen.
Die behauptete Trennung Asows als eine "weitgehend entpolitisierte Kampfeinheit" von der gleichnamigen politischen Bewegung werde durch Materialien, die von der ADL selbst recherchiert worden seien, widerlegt. Noch 2019 habe die ADL das Asow-Bataillon in einem Bericht 18 Mal namentlich erwähnt und als "rechtsextreme Gruppe und Miliz", "rechtsextreme Organisation und Miliz" und "ukrainische extremistische Gruppe und Miliz" bezeichnet. Weiterhin sei festgestellt worden, dass Asow "Verbindungen zu Neonazis in der Ukraine" gehabt und "sich an gleichgesinnte amerikanische Extremisten gewandt" habe. Außerdem soll Asow Verbindungen zu einer amerikanischen Neonazi-Gruppe gepflegt haben, die, wie es heißt, "mit fünf Morden in Verbindung gebracht wird".
The Grayzone hält des Weiteren fest, dass das Asow-Bataillon weiterhin "routinemäßig Bilezki (und andere ehemalige Kommandeure) in seinen Stützpunkten beherbergt und seine Teilnahme an Zeremonien begrüßt und ihn als Führer willkommen heißt". Tatsächlich habe Bilezki am 26. Oktober 2022 – und damit nur zwei Wochen bevor die ADL eine angebliche Spaltung zwischen dem Asow-Bataillon und den "politischen Zielen" seines Gründers behauptete – während einer Zeremonie in Kiew eine Rede gehalten. Bezeichnenderweise anlässlich der Umbenennung einer Straße nach Asow zum Gedenken an die Kämpfe in Mariupol vom April dieses Jahres.
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