592 Milliarden US-Dollar – das ist der Umsatz, den die 100 größten Unternehmen der Rüstungsindustrie im letzten Jahr mit Waffenverkäufen und militärischen Dienstleistungen erzielt haben. Mit einem realen Anstieg von 1,9 Prozent im Vergleich zu 2020 ist der Umsatz aus Waffenverkäufen im Jahr 2021 somit das siebte Jahr in Folge gestiegen. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) hervor.
Nach Angaben der Direktorin des SIPRI-Forschungsprogramms für Militärausgaben und Waffenproduktion, Lucie Béraud-Sudreau, wäre es ohne pandemiebedingte Lieferengpässe, die sich auch 2021 fortsetzten, vermutlich gar zu einem noch größeren Anstieg der Waffenverkäufe gekommen. Die Wachstumsrate des Umsatzes von Rüstungsunternehmen ist nämlich höher als 2020, liegt aber immer noch weit unter dem Durchschnitt von 3,7 Prozent der vier Jahre vor der COVID-19-Pandemie. Im Einzelnen waren es letztlich primär Rüstungsunternehmen in der Region Asien-Ozeanien, insbesondere in China (plus 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), denen es gelang, ihren Umsatz signifikant zu steigern.
Aber auch die europäische Rüstungsindustrie konnte 2021 gute Verkaufszahlen verbuchen. So haben 27 der zu den 100 umsatzstärksten Rüstungsunternehmen zählenden Hersteller ihren Hauptsitz in Europa. Allein diese setzten im Jahr 2021 laut der SIPRI-Analyse insgesamt 123 Milliarden US-Dollar um, ein Anstieg von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das größte europäische Rüstungsunternehmen ist derweil die deutsche Firma Rheinmetall (weltweit Platz 31). Der Rüstungskonzern verzeichnete 2021 jedoch pandemiebedingte Einbußen bei den Waffenverkäufen. ThyssenKrupp, Hensoldt und Diehl Defence konnten ihre Verkaufszahlen trotz der Pandemie hingegen um insgesamt 5,6 Prozent auf 9,3 Milliarden Dollar Umsatz steigern.
In dem am 5. Dezember veröffentlichten Bericht stellte das Institut jedoch fest, dass das schnellste Wachstum nicht in Europa oder China, sondern in Regionen im Nahen Osten zu verzeichnen war. Dort erzielte die Branche 2021 ganze 6,5 Prozent mehr Umsatz als noch ein Jahr zuvor.
Nordamerika ist dagegen die einzige Region, die im Vergleich zu 2020 einen realen Umsatzrückgang verzeichnete (minus 0,8 Prozent), den SIPRI auf die hohe Inflation in den USA zurückführte. Dennoch dominieren die Vereinigten Staaten weiterhin die Branche: 40 der 100 größten Waffenproduzenten haben demnach ihren Sitz in den USA, darunter Lockheed Martin, Raytheon Technologies und Northrop Grumman. Auch entfällt auf die in den USA ansässigen Unternehmen mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes. Denn die 40 Rüstungskonzerne verkauften im vergangenen Jahr Waffen und militärische Dienstleistungen im Gesamtwert von 299 Milliarden US-Dollar.
Russland steigerte seine durch Waffenverkäufe generierten Umsätze hingegen um 0,4 Prozent auf 17,8 Milliarden US-Dollar (plus 3,0 Prozent). Dass das Wachstum nicht stärker ausfiel, lag laut SIPRI vorrangig daran, dass Russland – wie nahezu jedes andere Land der Welt auch – infolge der Coronapandemie Schwierigkeiten hatte, an Halbleiter zu kommen. Während 2020 noch neun russische Unternehmen in der Liste der Top 100 vertreten waren, waren es 2021 nur noch sechs, was das Friedensforschungsinstitut jedoch lediglich auf fehlende Daten zurückführt.
Da Russland einer der größten Produzenten von Rohmaterial für die Waffenproduktion ist, gingen die Analytiker von SIPRI auch für 2022 von Unterbrechungen in den Lieferketten aus. So könne ausgerechnet der vom Westen angeführte Wirtschaftskrieg gegen Russland, "die laufenden Bemühungen in den Vereinigten Staaten und Europa behindern, ihre Streitkräfte zu stärken und ihre Lagerbestände aufzufüllen, nachdem sie Munition und andere Ausrüstung im Wert von Milliarden Dollar in die Ukraine geschickt haben". Sollte dieser andauern, könne es "mehrere Jahre dauern, bis einige der wichtigsten Waffenproduzenten die durch den Ukraine-Krieg geschaffene neue Nachfrage decken", so die SIPRI-Forscher.
Doch den Geschäften wird das langfristig wohl keinen Abbruch tun, glaubt SIPRI-Analyst Diego Lopes da Silva. "Viele europäische Länder haben steigende Militärausgaben in Höhe von rund 200 Milliarden Dollar angekündigt. Ein Teil davon ist auch für die Materialbeschaffung gedacht, deshalb werden die Verkäufe weiter ansteigen." Das Stockholm International Peace Research Institute ist ein Friedensforschungsinstitut, das jährlich diverse Berichte zu Waffenindustrie, Rüstungskäufen, Konflikten und Waffenexporten veröffentlicht. Die Organisation arbeitet eng mit der Europäischen Union und den Vereinten Nationen zusammen und wird größtenteils von der schwedischen Regierung finanziert.
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