Macron beklagt "Desynchronisation" der Beziehungen zwischen Europa und USA

In einem Interview mit dem US-Fernsehsender CBS spricht Frankreichs Präsident von negativen Folgen für die europäische Wirtschaft durch das US-amerikanische Inflationsbekämpfungsgesetz. In den Beziehungen zwischen Europa und den USA sieht er eine "Desynchronisation".

Probleme in der Energieversorgung haben eine "Desynchronisation" der Beziehungen zwischen Europa und den USA herbeigeführt. Diese Ansicht äußerte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron während seines Staatsbesuchs in den USA beim Präsidenten Joe Biden. In einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Fernsehsender CBS sagte Macron:

"Wenn man die heutige Lage betrachtet, gibt es wirklich eine Desynchronisation. Warum? Energie."

Der französische Präsident führte aus, dass Europa ein Abnehmer von Gas und Öl sei, wohingegen die USA deren Produzent seien. Dies führe dazu, dass Industrie und private Haushalte unterschiedliche Preise für Energieträger zahlen müssen:

"Es gibt also eine große Kluft im Hinblick auf Kaufkraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaften."

Macron beklagte, dass vor dem Hintergrund ausbleibender Gaslieferungen aus Russland Europa mehr Gas aus den USA kaufen müsse. Allerdings zahle die EU dafür einen sechsfach höheren Preis als die Käufer aus den USA selbst. Indessen würden Europa und die USA im Ukraine-Konflikt "für die gleichen Prinzipien" kämpfen. Die EU zahle allerdings einen insgesamt höheren Preis:

"Der Preis dieses Krieges ist nicht der gleiche auf beiden Seiten des Atlantiks. Und das sollte Ihnen [den USA] durchaus bewusst sein."

Macron erklärte:

"Ich will, dass wir Verbündete sind, dass wir Freunde sind, dass wir Partner sind. Ich will mit den USA zusammenarbeiten, doch ich will nicht abhängig sein."

Während des Interviews wie auch während des Treffens mit Biden äußerte Macron seine Bedenken in Bezug auf das im August verabschiedete US-amerikanische Gesetz zur Inflationsbekämpfung (Inflation Reduction Act – IRA). Das Gesetz sieht Subventionen in Höhe von 430 Milliarden US-Dollar für die Gesundheitsversorgung sowie die Bekämpfung von Klimawandel und Inflation vor.

EU-Politiker, darunter Macron, warnten daraufhin, dass dies zu einer Abwanderung von Unternehmen aus der EU in die USA und somit einer Schwächung der europäischen Wirtschaft führen könnte. In seinem Interview erklärte der französische Präsident:

"Ich denke, wenn nach dem Konflikt das Ergebnis ein schwächeres Europa sein wird, weil viele Industrieunternehmen einfach getötet wurden, ist es nicht im Interesse der US-Administration oder der US-amerikanischen Gesellschaft."

Macron begründete seine Ausführungen damit, dass die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China erhalten bleiben müsse. Er erklärte weiterhin, dass seine Diskussion mit Biden fruchtbar verlaufen sei. Probleme im Zusammenhang mit dem IRA seien lösbar und es sei vereinbart worden, sie zu lösen:

"Ich will sagen, dass es dringend nötig war, dieses Anliegen anzusprechen. Ich tat es. Es war dringend nötig, darüber ausgiebig zu diskutieren, was wir an diesem Morgen taten. Es ist dringend nötig, das Problem zu lösen. Wir können es tun."

Der französische Präsident fügte hinzu, dass er seinen Staatsbesuch insgesamt als erfolgreich bezeichnen würde. Welche konkreten Schritte für eine Lösung der europäischen Wirtschaftsprobleme vereinbart worden waren, führte er allerdings nicht aus.

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