Elon Musk, der neue Besitzer des Kurznachrichtendienstes Twitter, hat versprochen, ein faireres und transparenteres Twitter zu betreiben, das sich nicht in Wahlen einmischt. Indes forderte der EU-Binnenmarktkommissar, Thierry Breton, am Mittwoch eine strengere Zensur. Berichten zufolge warnte er, dass die Plattform aus der Europäischen Union (EU) verbannt werden könnte, wenn sie sich nicht an die Gesetze der Staatengemeinschaft halten sollte.
Twitter habe in Sachen Vertrauen und Sicherheit "lange Zeit versagt und sich in Wahlen eingemischt", schrieb Musk am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst. Er reagierte damit auf die seitens der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichten Behauptungen des ehemaligen Geschäftsführers Yoel Roth, dass die Twitter-Übernahme durch Musk das Unternehmen unsicherer gemacht habe. Der 51-Jährige ergänzte:
"Twitter 2.0 wird viel effektiver, transparenter und unparteiisch sein."
Innerhalb einer Stunde twitterte der EU-Kommissar Breton als Antwort, dass er Musks Absicht begrüße, "Twitter 2.0 für das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA)", das 2024 in der EU in Kraft treten soll, "fit zu machen". Und er fügte hinzu, dass die Plattform unter anderem "die Moderation von Inhalten deutlich verstärken und gegen Desinformation vorgehen" müsse. Breton veröffentlichte dazu ein kurzes Video von einem Gespräch mit Musk, allerdings ohne Ton.
Einem Bericht der Financial Times zufolge drohte der EU-Binnenmarktkommissar dem Twitter-Besitzer tatsächlich jedoch mit einem Bann, falls der Kurznachrichtendienst nicht einer Reihe von Forderungen nachkomme. Dazu gehört etwa, dass Twitter bei der Wiederaufnahme gesperrter Nutzer nicht "willkürlich" verfahren soll, dass die Plattform "aggressiv" gegen "Desinformation" vorgehe und sich bis zum nächsten Jahr zu einer "umfassenden unabhängigen Prüfung" bereit erkläre. Falls Twitter dies nicht tue, würde der Dienst gegen das EU-Gesetz verstoßen. Was massive Geldstrafen oder sogar ein Verbot in der Staatengemeinschaft zur Folge haben könnte, so Breton. Den Quellen der Financial Times zufolge erwiderte Musk, das erwähnte Gesetz über digitale Dienste sei "sehr vernünftig" und sollte weltweit zur Anwendung kommen.
Musk hatte Twitter kürzlich für 44 Milliarden US-Dollar gekauft und das Unternehmen offiziell am 27. Oktober mit der Mitteilung übernommen:
"Der Vogel ist frei."
Nur wenige Stunden später hatte Breton bei dem Kurznachrichtendienst auf diesen Tweet geantwortet:
"In Europa wird der Vogel nach unseren Regeln fliegen."
Das Gesetz über digitale Dienste wurde Anfang des Jahres von der EU verabschiedet. Es schreibt den großen sozialen Medienplattformen eine "Inhaltsmoderation" vor, damit sie "Hassreden" oder Informationen, die Brüssel für falsch hält, schnell zensieren können. Die EU hat sich bereits auf diese Befugnisse berufen, um RT und mehrere andere russische Medien zu verbieten. Die meisten in den USA ansässigen Plattformen kamen dem eifrig nach. Der Videodienst Rumble hatte es allerdings vorgezogen, seinen Zugang in Frankreich zu deaktivieren, anstatt den Forderungen aus Paris nachzukommen, bestimmte russische Kanäle zu zensieren.
Musk, der die in der US-Verfassung garantierte "freie Meinungsäußerung" zu seinem Leitprinzip erklärte, hat einige der Zensurmaßnahmen von Twitter nach seiner Übernahme zurückgenommen. So wurden die Sperren zahlreicher "dauerhaft suspendierter" Konten aufgehoben, darunter auch die des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Die Entscheidung, Trump wieder auf der Plattform zuzulassen und eine allgemeine Amnestie für Konten zu erlassen, die nicht gegen geltendes Recht verstoßen hatten, wurde auf Twitter zur Abstimmung gestellt, wobei die meisten Nutzer in beiden Fällen dafür stimmten.
Auch ein weiterer Aspekt bei dem Thema Twitter-Kauf durch Elon Musk sorgt seit Wochen für Diskussionen. Erst jüngst hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, dass Musks "Kooperationen und technische Beziehungen mit anderen Ländern es wert sind, geprüft zu werden." Kurz zuvor war berichtet worden, dass ausländische Investoren wie der saudische Prinz al-Walid bin Talal inzwischen erhebliche Anteile an der Kurznachrichtenplattform halten. Wie US-Finanzministerin Janet Yellen nun erklärte, könnten Bundesbehörden eine Untersuchung des Kaufs von Twitter durch Elon Musk einleiten, wenn sich herausstellen sollte, dass dies ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellt.
Bei einer Veranstaltung der US-Zeitung New York Times am Mittwoch behauptete Yellen, sie habe sich "falsch ausgedrückt", als sie Anfang des Monats in einem Interview sagte, es gebe "keine Grundlage" für eine Untersuchung von Musk oder seinen Finanzen. Jetzt stellte sie klar, dass die Regierung diesen Schritt doch unternehmen könnte.
"Ich werde nicht sagen, was wir uns im Einzelnen anschauen. Wir kommentieren nicht, was im Gange ist", sagte die US-Finanzministerin. Allerdings fügte sie hinzu, dass ihr Ministerium "Transaktionen, die ausländische Investitionen in den Vereinigten Staaten betreffen, daraufhin untersucht, ob sie ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellen." Yellen wollte zwar nicht bestätigen, dass eine Untersuchung im Gange sei, sagte aber:
"Wenn es solche Risiken gibt, wäre es angebracht, dass das Finanzministerium einen Blick darauf wirft."
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