US-Präsident Joe Biden beantworte am 9. November in vorgegebener Reihenfolge die Fragen anwesender Journalisten zu den Ereignissen und Ergebnissen rund um die US-Zwischenwahlen. Gegen Ende des Presse-Briefings (00:41:34) bemerkte Biden – mit Heiterkeit der Anwesenden – bei Sichtung seiner Unterlagen und Sprechzettel:
"Okay, entschuldigen sie mich. Diese zehn Fragen sind wirklich schnell beantwortet."
Nach Beantwortung ihrer zwei zugelassenen Fragen zum Thema China-Taiwan-Konflikt konfrontierte ihn eine Mitarbeiterin des US-Nachrichten- und Medienunternehmens Bloomberg Biden mit der Bitte um ein drittes Statement. Sie bat um eine Bewertung folgender Einschätzung:
"Glauben Sie, dass Elon Musk eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA darstellt, und sollten die USA mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln seinen gemeinsamen Erwerb von Twitter mit ausländischen Regierungen, zu denen auch die Saudis gehören, untersuchen?"
Der US-Präsident antwortete mit seiner mittlerweile berühmt-berüchtigten Verzögerung bei der Beantwortung einer unerwarteten Nachfrage:
"Ich denke, dass Elon Musks Kooperationen und technische Beziehungen mit anderen Ländern es wert sind, geprüft zu werden. Ob er nun etwas Unangemessenes tut oder nicht, das will ich nicht behaupten. Ich schlage vor, dass man sich das ansehen sollte. Das ist alles, was ich sagen werde."
Auf einen Zwischenruf eines anderen Journalisten im Raum nach dem "Wie" hieß es von Bidens Seite kurz und knapp:
"Es gibt eine Menge Möglichkeiten."
Die Washington Post hatte in einem längeren Artikel Anfang November über die Bedenken der US-Regierung hinsichtlich des Twitter-Deals von Musk berichtet und dessen Finanzierung so kommentiert:
"Die Bedingungen des Deals gewähren ausländischen Großinvestoren Zugang zu vertraulichen Informationen über die Social-Media-Plattform."
"US-Beamte" wägten diesbezüglich aktuell ab, ob sie "eine formelle Untersuchung des Kaufs von Twitter durch Elon Musk einleiten sollen, da neue Details über die Privilegien auftauchen, die ausländischen Großinvestoren im Rahmen des Deals gewährt werden", so lauten Informationen der Washington Post. Musks Übernahme von Twitter erfolgte demnach unter finanzieller Beteiligung ausländischer Investoren:
"Dazu gehören die Holdinggesellschaft eines saudischen Prinzen, eine Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Katar sowie Binance, eine Kryptowährungsbörse, die in China gegründet wurde, ihre Aktivitäten aber inzwischen in andere Länder verlagert hat."
So hätten entsprechende US-Behörden ein besonderes Interesse an mehr Informationen, "ob einer der ausländischen Investoren von Musk besondere Privilegien für den Zugang zu persönlichen Daten über die Nutzer von Twitter hat". Eine ehemalige Mitarbeiterin der CFIUS-Behörde des Handelsministeriums (des Gesetzgebungsausschusses zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen in den USA) kommentierte das gemäß dem Artikel so:
"Twitter ist eine sensible Infrastruktur für die nationale Diskussion, und es hat ausländische Co-Investoren, die sich eindeutig nicht an demokratische Normen und Werte halten. Die Tatsache, dass sie [die entsprechenden US-Kontrollinstanzen] sich diesen Aspekt des gesamten Twitter-Deals ansehen, ergibt für mich sehr viel Sinn."
Nach Angaben von Personen, die mit dem Erwerb von Twitter durch Musk vertraut sind, "haben diejenigen, die 250 Millionen Dollar oder mehr investiert haben, Zugang zu Informationen, die über das hinausgehen, was ein kleinerer Investor erhalten würde", so heißt es in dem Artikel der Washington Post.
Zu den Großinvestoren gehören demnach sowohl saudische und katarische Fonds als auch die Beteiligung der Kryptowährungs-Plattform Binance. Allein Binance hat 500 Millionen US-Dollar in den Erwerb von Twitter durch Musk investiert. Genauere Details über mögliche damit verbundene Vorteilsausnahmen sind jedoch auch weiterhin nicht bekannt. Bill Reinsch, ein leitender Berater eines großen US-Thinktanks (des Center for Strategic and International Studies) kommentierte laut der Washington Post, dass es "eine wachsende Zahl von Leuten innerhalb und außerhalb der Regierung gibt, die sich Sorgen darüber machen, was mit Twitter passieren könnte".
Erst im September hatte US-Präsident Biden eine Durchführungsverordnung erlassen, zu der er betont hatte, dass das CFIUS-Verfahren im Allgemeinen sensible personenbezogene Daten sorgfältig prüfen solle. Die Verordnung besagt in einer Neuerung, besonderes Augenmerk zu legen auf:
"Zugang zu sensiblen Daten von US-Personen, einschließlich der Gesundheit, der digitalen Identität oder anderer biologischer Daten von US-Personen und jeglicher Daten, die identifizierbar oder de-anonymisiert sein könnten, die genutzt werden könnten, um die Identität einer Person in einer Weise zu unterscheiden oder zu verfolgen, die die nationale Sicherheit bedroht."
US-Experten merken laut der Washington Post nun an, dass Twitter und damit Musk "leicht unter diese Sorge fallen würde, sodass die Beamten Fragen des ausländischen Zugriffs, des Eigentumsanteils und der Kontrolle abwägen müssen".
Mehr zum Thema - Twitter-Erwerb: Tesla-CEO Musk verkauft Millionen Aktien des E-Auto-Herstellers