Parlamentswahlen in Israel: Benjamin Netanjahu liegt vorne

Bei der fünften Parlamentswahl in nur dreieinhalb Jahren hat der frühere Langzeit-Premier und bisherige Oppositionsführer Benjamin Netanjahu nach vorläufigen Hochrechnungen einen deutlichen Stimmenvorsprung errungen. Das Parteienbündnis um Netanjahus Likud-Partei dürfte daher eine wenn auch knappe Mehrheit erzielen.

Die rechtskonservative Likud-Partei des Oppositionsführers Benjamin Netanjahu ist laut Prognosen bei der Parlamentswahl in Israel stärkste Kraft geworden. Sie kam auf 30 bis 31 von 120 Sitzen, wie aus TV-Prognosen auf Basis von Nachwahlbefragungen am Dienstag hervorging. Auf Platz zwei landete demnach die Zukunftspartei von Ministerpräsident Jair Lapid mit 22 bis 24 Sitzen. Das rechts-religiöse Lager um Netanjahu erzielte bei der fünften Wahl binnen dreieinhalb Jahren eine knappe Mehrheit von 61 bis 62 Sitzen. Nach Angaben des Zentralen Wahlkomitees lag die Beteiligung der 6,8 Millionen Wahlberechtigten bis 19.00 Uhr (MEZ) bei 66,3 Prozent – die bisher höchste seit 1999.

Auf dem dritten Platz sehen die Prognosen die Religiös-Zionistische Partei von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir mit 14 bis 15 Sitzen. Das rechtsextreme Bündnis gilt als Zünglein an der Waage, auf das Netanjahu für eine Rückkehr als Premier angewiesen sein dürfte. Vorläufige Endergebnisse erwartet das Wahlkomitee nicht vor Donnerstag. Frühere Wahlen haben gezeigt, dass sich das Bild bis zur Auszählung aller Stimmen noch verschieben kann.

Weg zur Regierungsbildung

Wenn das amtliche Endergebnis feststeht, bestimmt Präsident Izchak Herzog, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Der Kandidat hat dann vier Wochen Zeit, eine Koalition zu bilden. Wie nach der Wahl im letzten Jahr könnte es aber Wochen oder Monate dauern, bis eine Regierung steht. Netanjahu hatte damals zuerst den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, konnte aber keine Koalition zusammenbringen.

Das Neun-Millionen-Einwohner-Land am Mittelmeer befindet sich seit Jahren in einer Dauerkrise. Die vergangenen Wahlen hatten oft zu unklaren Mehrheitsverhältnissen geführt.

Die aktuelle Acht-Parteien-Koalition unter Ministerpräsident Naftali Bennett war im Juni zerbrochen, nachdem sie nach nur zwölf Monaten ihre Mehrheit verloren hatte. Im Anschluss übernahm Außenminister Jair Lapid den Posten des Regierungschefs. Das äußerst ungewöhnliche Bündnis wurde von Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum getragen – auch eine arabische Partei war erstmals in der Regierung.

Comeback könnte Netanjahu vor Verurteilung bewahren

Der wegen Korruption angeklagte Oppositionsführer Netanjahu will zurück ins Amt des Ministerpräsidenten. Der 73-Jährige war in Israel schon mehrmals Regierungschef, insgesamt mehr als anderthalb Jahrzehnte. Netanjahu strebt die Bildung einer ultrarechten-religiösen Koalition an, die ihm bei der Verabschiedung von Gesetzen zur Umgehung einer Verurteilung helfen könnte.

Die Parteienlandschaft in Israel ist stark zersplittert. Auch Parteien aus ähnlichen Lagern sind oft nicht bündnisfähig, trotz manch übereinstimmender Interessen. Neben inhaltlichen Differenzen liegt dies auch an persönlichen Streitigkeiten. Hinzu kommt eine vergleichsweise niedrige Prozenthürde, die für den Einzug ins Parlament übersprungen werden muss. Sie liegt bei nur 3,25 Prozent, in Deutschland dagegen bei 5 Prozent.

(rt/dpa)

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