Globale Konzern-Korruptokratie: Wikileaks veröffentlicht geheimes Kapitel des TPP-Abkommens
Wikileaks veröffentlicht das Investitions-Kapitel des TPP-Freihandelsabkommens. Mittels eines geplanten supranationalen Gerichtshofs soll es multinationalen Konzernen ermöglicht werden Staaten zu verklagen und die Steuerzahler für ausgefallene "zu erwartende Gewinne der Zukunft" in die Haft zu nehmen. Das Abkommen kann als transpazifischer Zwilling des geplanten TTIP-Vertrages zwischen den USA und der EU angesehen werden.
TPP, das Transpazifische Freihandelsabkommen zwischen den USA, Japan, Mexiko, Kanada, Australien, Malaysia, Chile, Singapur, Peru, Vietnam, Neuseeland und Brunei, ähnelt nicht nur dem Namen nach seinem transatlantischen, höchst umstrittenem Pendant TTIP. Genau wie in der europäisch-US-amerikanischen Variante, soll es auch durch TPP Konzernen ermöglicht werden Staaten - sprich deren Steuerzahler - auf Schadensersatz zu verklagen, wenn diese durch ihre gesetzlichen Sozialstandards oder Regeln des Verbraucher- und Umweltschutzes, den finanziellen Interessen der Unternehmen schaden. Auch für Profitausfälle der Konzerne durch "soziale Konflikte" sollen Gesellschaften über ihre Staatshaushalte künftig zur Kasse gebeten werden können. Die an TPP beteiligen Volkswirtschaften machen zusammengenommen 40 Prozent des weltweiten BIP aus.
Die Leakingplattform Wikileaks um den Australier Julian Assange veröffentlichte in der Nacht zum Donnerstag nun das besonders brisante - und bis dato als geheim eingestufte - "Investment Chapter" des TPP-Vertrages. Von den im Dunkeln arbeitenden Verhandlungsführern der Transpazifischen Freihandelszone war eigentlich geplant, das Kapitel noch fünf Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages geheim zu halten. Das geleakte Investitions-Kapitel ist auf den 20. März 2015 datiert und ist nach dem Teil über geistiges Eigentum (November 2013) und dem für Umweltfragen (Januar 2014) schon der dritte Abschnitt des Kontrakts, den Wikileaks der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen kann.
Julian Assange kommentiert das nun veröffentlichte 55-seitige Dokument wie folgt:
"TPP hat im Geheimen einen supranationalen Gerichtshof für multinationale Konzerne entwickelt, damit diese Unternehmen andere Staaten verklagen können. Dieses System ist ein Angriff auf die parlamentarische und gerichtliche Souveränität der Mitgliedsstaaten. Ähnliche Gerichtshöfe, die bereits existieren, haben bewiesen, dass sie die Einführung von vernünftigen Umweltschutzmaßnamen, öffentlicher Gesundheitsfürsorge und Projekte des öffentlichen Transports verhindern."
Während man im Zusammenhang mit TTIP in Europa vor allem eine Absenkung der Sozialstandards in Richtung US-Niveau erwartet, befürchtet man selbiges nun in den USA mit Blick auf Asien und Lateinamerika, wie ein erster Kommentar der Onlineausgabe der New York Times zu den Veröffentlichungen zeigt. In Zusammenarbeit mit Wikileaks hatte die New York Times US-amerikanischen TPP-kritischen Politikern beider großen Parteien bereits vor der gestrigen Publikation das Vertrags-Kapitel zur Verfügung gestellt. "Dies ist wirklich beunruhigend", zitiert die Zeitung Senator Charles E. Schumer mit Blick auf den geplanten supranationalen Gerichtshof. "Ich denke, Menschen auf beiden Seiten werden dadurch Probleme bekommen."
In Europa regt sich indes auch steigender Widerstand gegen TTIP. Zahlreiche Bürgerinitiativen, wie etwa Campact, sammeln seit vielen Monaten Unterschriften gegen das Vertragspaket, das manche süffisant auch nur "Freibeuterabkommen" nennen.
Wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich bekannt gab sind 97% der von der EU-Kommision befragten Europäer gegen das geplante Freihandelsabkommen und im Speziellen gegen die in TTIP verankerten Klauseln zum "Investorenschutz" mit seinen Schiedsgerichten. Diese Konzern-Staats-Gerichte sind substanziell nichts anderes als der supranationale Gerichtshof, wie er im TPP-Abkommen geplant ist. Da auch die Verhandlungen zu TTIP, alle demokratischen Standards missachtend, im Geheimen geführt werden und nicht einmal dessen überzeugteste Befürworter, wie SPD-Chef Sigmar Gabriel, Einblick in die Details haben, können die Veröffentlichungen von Wikileaks auch hierzulande den Diskurs befeuern. Denn was in Bezug auf TPP nun als offizieller Quelltext vorliegt unterscheidet sich von TTIP sicher nicht mehr als der Name der beiden geplanten Abkommen.