Auch wenn sich die Spannungen zwischen Washington und Moskau durch den Ukraine-Konflikt verschärfen, stellt aus der Sicht des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums ein anderes Land die größte nationale Sicherheitsbedrohung für die USA dar – China. Dies geht aus der jüngsten Bewertung Pentagons zur Verteidigungslage hervor, die am Donnerstag publik wurde. So heißt es etwa in der "Nationalen Verteidigungsstrategie der USA 2022":
"Die größte und schwerwiegendste Herausforderung für die nationale Sicherheit der USA ist das zwanghafte und zunehmend aggressive Bestreben der Volksrepublik China, die indopazifische Region und das internationale System nach ihren Interessen und autoritären Präferenzen umzugestalten."
Das Pentagon behauptet unter anderem in seinem Bericht, dass Peking versucht habe, die US-Bündnisse in Asien zu untergraben und seine wachsende wirtschaftliche und militärische Macht zu nutzen, "um seine Nachbarn zu nötigen und deren Interessen zu bedrohen". Insbesondere habe China eine zunehmend provokative Rhetorik und Druck auf Taiwan ausgeübt und damit Frieden und Stabilität in der Region bedroht.
"Dies ist Teil eines breiteren Musters von destabilisierendem und zwanghaftem Verhalten der Volksrepublik China, das sich über das Ostchinesische Meer, das Südchinesische Meer und entlang der Linie der tatsächlichen Kontrolle" an der chinesisch-indischen Grenze erstreckt, so der Bericht weiter. In der Zwischenzeit habe China fast jeden Aspekt seiner Volksbefreiungsarmee ausgebaut und modernisiert, "mit dem Ziel, die militärischen Vorteile der USA auszugleichen".
Während die USA an der Spitze der westlichen Bestrebungen stehen, Russland zu sanktionieren und der Ukraine Milliarden von US-Dollar an Militärhilfe zukommen zu lassen, haben sie auch die Spannungen in Bezug auf Taiwan, das Peking als Teil seines Hoheitsgebiets beansprucht, weiter verschärft.
Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, besuchte die selbstverwaltete Insel im August, nachdem sie sich über die Warnungen Pekings hinweggesetzt hatte, die Reise würde die separatistischen Kräfte in Taipeh ermutigen und die Beziehungen zwischen den USA und China untergraben.
Aufgrund der Investitionen Pekings in die Aufrüstung seiner Nuklearwaffen stehen die USA vor der Herausforderung, zwei Großmächte abzuschrecken, die über fortschrittliche und vielfältige nukleare Fähigkeiten verfügten – China und Russland – und damit "neuen Druck auf die strategische Stabilität ausüben", so das Pentagon.
In dem Bericht wird Russland derweil als "akute Bedrohung" bezeichnet, eine Stufe unter der "rasanten Herausforderung" durch China. US-Verteidigungsminister Austin erklärte in einem Begleitschreiben zu der Nationalen Verteidigungsstrategie, dass der "unprovozierte, ungerechte und rücksichtslose Einmarsch Russlands in die Ukraine sein unverantwortliches Verhalten" unterstreiche. Weiter heißt es darin:
"Die Bemühungen, auf Russlands Angriff auf die Ukraine zu reagieren, zeigen auch in dramatischer Weise, wie wichtig eine Strategie ist, die unsere Werte und unsere militärische Macht mit der unserer Verbündeten und Partner verbindet."
Russland, so Austin am Donnerstag bei der Vorstellung der neuen US-Militärstrategie in Washington, könne im Gegensatz zu China die USA langfristig nicht "systematisch herausfordern". Peking sei "der einzige Konkurrent, der sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzubauen, als auch in zunehmendem Maße die Kraft hat, dies auch zu tun", fügte er hinzu.
China hatte sich bisher dagegen gewehrt, als Bedrohung für die Sicherheit der USA bezeichnet zu werden. "Wir lehnen die überholte Mentalität des Kalten Krieges und die Denkweise des Nullsummenspiels ab", hatte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, bereits Anfang des Monats erklärt.
Auch der Iran und Nordkorea werden erwähnt. So wurden die zwei Länder vom Pentagon als erhebliche Bedrohung bezeichnet. Sollte etwa Pjöngjang Atomwaffen gegen die USA oder ihre Partner einsetzen, würde dies laut Pentagon "das Ende des Regimes" von Kim Jong-un bedeuten. Zu Iran heißt es im Bericht, dass Teheran Maßnahmen ergreife, "die seine Fähigkeit erhöhen würde, Atomwaffen zu produzieren".
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