Eine Analyse von Dr. Radhika Desai
Die Kriegstrommeln, die in Washington geschlagen werden, nehmen an Lautstärke zu. Auf den Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan folgte der Besuch weiterer US-Kongressabgeordneter. Nur Wochen später erklärte Präsident Biden, dass die USA bereit seien, Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion zu verteidigen und zwei Tage danach führten US-amerikanische und kanadische Kriegsschiffe eine weitere provokante Operation im Namen der "Freiheit der Navigation" in der Straße von Taiwan durch, die seit Präsident Obamas "Ausrichtung nach Asien" immer häufiger geworden sind. Und jetzt wurde die Verabschiedung einer Verordnung zur Taiwan-Politik beschleunigt, die darauf abzielt, "die Sicherheit Taiwans und sein Recht auf Selbstbestimmung zu unterstützen".
Wenn diese Verordnung durchgeht, wird es Bidens charakteristisches außenpolitisches Vermächtnis, ungeachtet des Stellvertreterkriegs gegen Russland in der Ukraine. Sie wird die langjährige Achtung der USA der "Ein-China-Politik" zunichtemachen und ihre Jahrzehnte alte "strategische Zweideutigkeit" in dieser Frage in eine strategische Gewissheit eines Engagements der USA für die Unabhängigkeit Taiwans verwandeln.
Nach Obamas "Ausrichtung nach Asien" und Trumps polterndem Handels-, Technologie- und Währungskrieg wurde Biden für sein Versprechen auf einen gemäßigteren und friedlicheren Ansatz in der China-Frage gewählt. Stattdessen hat seine Präsidentschaft eine regelrechte vierte Krise in der Straße von Taiwan inszeniert, eine Krise, die in einen Atomkrieg münden könnte.
Selbst inmitten des ganzen Tumults des Ukraine-Konflikts bleibt in politischen Kreisen der USA der Alarmismus über China weitverbreitet. Man nehme zum Beispiel den renommierten Council on Foreign Relations (CFR), der seit dem Jahr 1918 eine gewichtige Rolle in der US-amerikanischen Außenpolitik spielt. In den vergangenen Monaten brachte Foreign Affairs, das publizistische Flaggschiff von CFR, Schlagzeilen wie "Taiwan kann nicht warten: Was Amerika tun muss, um eine erfolgreiche chinesische Invasion zu verhindern", "Wie man die nächste Krise in der Straße von Taiwan überlebt", "Washington muss bereit sein für ein Kräftemessen mit oder ohne die Reise von Pelosi", "Amerika muss sich auf einen Krieg um Taiwan vorbereiten" und "Die Zeit läuft ab, um Taiwan zu verteidigen: Warum sich das Pentagon auf zeitnahe Abschreckung konzentrieren muss" – letzteres von niemand geringerem als Michèle Flournoy verfasst, die einst als Verteidigungsministerin in der Regierung von Joe Biden gehandelt wurde.
Diese Schlagzeilen sind nicht bloß heiße Luft. Neben der Reaktivierung des quadrilateralen Sicherheitsdialogs (Quad) zwischen den USA, Australien, Indien und Japan, der Bildung von AUKUS zwischen den USA, Australien und Großbritannien und der beispiellosen Fokussierung der NATO auf China, steht die Regierung von Biden hinter einer massiven Konzentration von Streitkräften im Westpazifik, wobei 57 der 111 weltweit operierenden Kriegsschiffe an die dort zuständige Siebte Flotte angeschlossen sind. Diese Flotte umfasst drei große und drei mittelgroße Flugzeugträger, auf denen Kampfflugzeuge vom Typ F-35 stationiert sind, die Atomwaffen tragen können. Darüber hinaus waren die USA an zahlreichen Militärübungen in der Region beteiligt, einschließlich der sogenannten Durchfahrten durch die Straße von Taiwan im Namen der "Freiheit der Navigation".
Natürlich ging die schwindende Wirtschaftsmacht der USA in den vergangenen Jahrzehnten auch mit einer schwindenden Militärmacht einher, wie eine Reihe militärischer Misserfolge allein in diesem Jahrhundert zeigt, die im schmählichen Rückzug aus Afghanistan gipfelten. Daher gibt es auch in den USA zwangsläufig Stimmen, die zur Vorsicht mahnen.
Während die außenpolitischen Denkfabriken Geschichten mit Überschriften bringen wie "Peking spielt immer noch das lange Spiel mit Taiwan" und "Warum China für eine Invasion nicht bereit ist", sind auch neue Institutionen entstanden, die dagegen ansteuern. Eine der wichtigsten unter diesen Institutionen ist das Quincy Institute for Responsible Statecraft (Institut für verantwortungsvolle Staatsführung), das unter der Prämisse operiert, dass "das praktische und moralische Versagen der Bemühungen der USA, das Schicksal anderer Nationen einseitig mit Gewalt zu gestalten, ein grundlegendes Überdenken der außenpolitischen Anmaßungen der USA erfordert".
Doch wie viel können solche neuen Institutionen bewirken? Schließlich besteht Einigkeit zwischen den beiden großen US-Parteien und den "realistischen" und "liberalen internationalistischen" Denkschulen im außenpolitischen Diskurs, der China als die Hauptbedrohung für die USA darstellt. Der Experte des Quincy-Instituts für China warnte vor einer "drohenden Inflation" in Zusammenhang mit China. Er empfahl den politischen Entscheidungsträgern in Washington, "ausgewogenere, faktenbasierte Bewertungen der Fähigkeiten und Absichten Chinas zu erstellen" und forderte sie nachdrücklich auf, "ein regionales und globales System zu schaffen, das sich auf ein Höchstmaß an positiven Wechselwirkungen konzentriert, einschließlich kooperativer Strukturen und Vereinbarungen zur Bewältigung spezifischer gemeinsamer regionaler und globaler Bedrohungen wie Klimawandel, Pandemien, finanzieller Instabilität, Cyberangriffe und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen".
Er befürwortet auch "die Wiederbelebung der Ein-China-Politik gegenüber Taiwan und größere Bemühungen, die Anreize sowohl in Peking als auch in Taipeh zu erhöhen, Kompromisse einzugehen, um politische Gespräche zu ermöglichen". Aber selbst er empfiehlt, dass das ultimative Ziel der US-Politik "eine finanziell machbare Haltung zu einer aktiven Strategie sein sollte, die darauf abzielt, China die Kontrolle über seine maritime Peripherie zu verweigern".
Wenn es das Ziel der US-Politik sein soll, China die Souveränität über seine rechtmäßigen Gewässer zu verweigern, selbst in den Augen der Kritiker der derzeitigen US-Politik gegenüber China, werden die USA wahrscheinlich nie vom Kriegspfad der militärischen Aggression abweichen.
Aus dem Englischen
Dr. Radhika Desai
ist Professorin am Department of Political Studies an der University of Manitoba in Winnipeg, Kanada und Direktorin der Geopolitical Economy Research Group. Sie schreibt auch für den Valdai Club, CGTN, Counterpunch und weitere Nachrichten- und Meinungsportale.
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