Die Ukraine werde es ablehnen, mit Russland zu verhandeln, und für die Rückkehr zu ihren Grenzen von 1991 kämpfen, die nach einer Unabhängigkeitsabstimmung im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion festgelegt worden seien. Dies erklärte Dan Rice, ein US-amerikanischer Staatsbürger, der als Berater des Oberbefehlshabers der Kiewer Streitkräfte tätig ist.
In einem Interview mit der Moderatorin Erin Burnett im US-Sender CNN am Dienstag dieser Woche appellierte Rice an die westlichen Staaten, zusätzliche Waffenlieferungen an die Ukraine zu realisieren. Zugleich fügte er hinzu, dass das osteuropäische Land dringend Luftabwehrsysteme und Flugzeuge benötige und keinerlei Interesse an Verhandlungen mit Moskau habe.
So erklärte Rice in dem Interview, dass seiner Meinung nach Russland versuche, "an den Verhandlungstisch zu kommen, um zu den Linien von 2014 zurückzukehren". Doch das wolle die Ukraine demnach nicht. Rice führte weiter aus:
"Die Ukraine will ihr gesamtes Land zurück, zurück zu den Grenzen von 1991."
Die ukrainischen Grenzen von 1991 würden vier ehemals ukrainische Provinzen – Donezk, Lugansk, Cherson und Saporoschje – sowie die Halbinsel Krim umfassen, die sich mittlerweile in einer Reihe von Referenden alle für ihren Beitritt zur Russischen Föderation ausgesprochen haben. Das Referendum auf der Krim hatte bereits im Frühjahr 2014 stattgefunden, kurz nachdem der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch durch die "EuroMaidan"-Revolution gestürzt worden war. Die anderen Gebiete hatten im vergangenen Monat nach Referenden für ihren Austritt aus der Ukraine und zum Beitritt der Russischen Föderation gestimmt.
Trotz der Einschätzung von Rice hinsichtlich der Moskauer Position hat der Kreml deutlich gemacht, dass er nicht die Absicht habe, diese Entscheidungen nach den Referenden rückgängig zu machen. So erklärte der russische Präsident Wladimir Putin kürzlich, er sei zwar zu Verhandlungen mit Kiew bereit, aber "die Entscheidung der Menschen in Donezk, Lugansk, Saporoschje und Cherson wird nicht diskutiert werden".
Russlands jüngster Aufruf zu Verhandlungen kam vergangene Woche, als der Kremlsprecher Dmitri Peskow andeutete, dass Moskaus Ziele auf diplomatischem Wege erreicht werden könnten und dass man weiterhin "offen" für Gespräche sei. Er fügte jedoch hinzu, dass "es zwei Seiten braucht, um einen Dialog zu führen", und erklärte, dass Verhandlungen angesichts der "sehr, sehr feindseligen Haltung" der westlichen Unterstützer der Ukraine gegenüber Russland unwahrscheinlich seien.
Rice, ein Veteran der US-Marine und Absolvent der US-Militärakademie von West Point und heute Leiter der Beratungsfirma Thayer Leadership, erklärte gegenüber CNN, dass er hoffe, dass Polen der Ukraine seine "alten russischen Kampfflugzeuge" im Tausch gegen US-amerikanische F-16-Jets zur Verfügung stellen werde, da diese derzeit "eingemottet" seien und den US-amerikanischen Steuerzahler somit nichts kosten würden. Rice betonte:
"Das Wichtigste, was sie im Moment brauchen, sind Luftabwehrsysteme – sowohl Raketen als auch Flugzeuge. Wir müssen die ukrainische Luftwaffe wirklich aufrüsten."
Er fuhr fort: "Wir [die USA] stellen eine Menge Luftabwehrsysteme bereit, aber sie kommen gerade erst an."
Rice wurde im Juni dieses Jahres zum Sonderberater von Waleri Saluschny, des Oberbefehlshabers der ukrainischen Streitkräfte, ernannt. Angeblich sei dies auf "persönliche Einladung" des Generals zustande gekommen. Auf der eigenen LinkedIn-Seite von Rice ist vermerkt, dass er in einer "unbezahlten/freiwilligen Rolle" arbeite. Weiter heißt es dort, er werde seinen offiziellen Zugang nutzen, um "die Entwicklung und das Erlernen von Führungskräften im ukrainischen Militär zu erforschen und wie sich die Struktur zwischen 2014 und 2022 verändert hat".
Mehr zum Thema - Liveticker Ukraine-Krieg: Ukrainische Armee verliert täglich bis zu 200 Männer bei Cherson